Elfen wie Stahl
silbernen Streifen auf seinem Uniformärmel waren unter dem Schmutz und dem Blut gerade noch zu erkennen. Konowa hockte sich neben den Leichnam und fluchte leise, als sein Knie unter ihm nachzugeben drohte.
»Das ist ein Sarka Har«, erklärte er. »Ein Blutbaum.« Sein Vater hatte ihm häufig von dem Hohen Forst und der grausamen Magie erzählt, welche die Bäume pflegte, die sich von Lebendem ernährten.
»Glauben Sie, dass das auch den Kundschaftern zugestoÃen ist?« Lorian äuÃerte eine Furcht, die sich in Konowa geregt hatte, seit sie diesen Ort erreicht hatten.
»Wenn sie dem Fluss gefolgt sind und angegriffen wurden, hätten wir das hier gesehen«, antwortete er und deutete auf den Baum. »Entweder sind sie immer noch vor uns, oder sie haben eine andere Strecke genommen. Der Zwerg ist gerissen; ich würde sie noch nicht abschreiben.« Doch Konowa bezweifelte insgeheim, dass Arkhorn seinen Halbzug vor etwas so Bösem schützen konnte.
»Ich habe sie ausgesucht«, meinte Lorian und stand unvermittelt auf. Seine Stimme zitterte. »Damit habe ich sie diesem Schicksal überantwortet.«
»Sie haben schon mehr als eine Schlacht geschlagen; also
haben Sie auch Befehle gegeben, die Männer das Leben gekostet haben.«
»Aber nicht auf so eine Art und Weise! Was ist mit denen hier passiert?«
Konowa betrachtete den Leichnam des Korporals etwas genauer. Die Hauptschlagader in seinem Hals pulsierte langsam, als würde das Herz noch schlagen, aber er wusste es besser. »Der Baum ernährt sich vom Blut seines Opfers und saugt es vollkommen aus. Ob er auch die Seele verschlingt, weià ich nicht.«
Das war zu viel für Lorian. »Die Seele! Wir müssen dem ein Ende machen!« Er beugte sich vor, um den Schössling zu packen, aber Konowa hielt ihn am Arm fest und zog ihn zurück. Als Lorian zurücktrat, lieà Konowa den Sergeanten los, streckte dann beide Hände aus und packte den jungen Baum. Alle Albträume, alle mitternächtlichen Ãngste, jede schreckliche Geschichte, die man ihm als Kind erzählt hatte, pulsierte durch seine Adern, als die kühle schwarze Flüssigkeit zwischen seinen Fingern hindurchquoll. Dann kam die Wut.
Konowas Zurückweisung auf der Geburtswiese der Wolfseichen zuckte durch seinen Kopf, und er packte den jungen Baum fester. Die Eichel an seiner Brust brannte in kalter Wut und durchtränkte seinen Körper mit ihrer Energie. Das ständige Murmeln des Lebens erlosch, wurde ersetzt von den quälenden Schreien des toten Soldaten und dem unersättlichen Hunger des Schösslings. Beide schienen seine Gegenwart zu bemerken und gruben ihre Bedürfnisse in seinen Verstand. Konowa knurrte und riss den Schössling aus dem Boden. Der Leichnam zuckte heftig zusammen wie eine Marionette, die man von ihren Fäden abgeschnitten hatte. Schwarze, klumpige Erde klebte an den Wurzeln, die vergeblich herumzuckten auf der Suche nach etwas, woran sie sich festhalten konnten.
Der Geruch des Todes wurde stärker. Die Stimmen in seinem Kopf wurden lauter. Das Feuer in ihm brannte noch kälter.
Konowa packte den Schössling noch fester und zwang das eisige Feuer hinein. Die Schreie des Soldaten verstummten, als der junge Baum die brennende Kälte wie ein Schwamm aufsog. Doch schon bald funkelte Frost auf seinen Blättern, und dann begann auch die Pflanze zu schreien. WeiÃ-blaue Flammen tanzten über ihren Stamm, sprangen von den Zweigen zu den Blättern, verzehrten alles.
SchlieÃlich hatte Konowa nur noch Asche in den Händen. Er lieà sie zu Boden fallen und rang nach Luft. Dann blickte er auf seine Finger. Die schwarze Flüssigkeit war weggewaschen und hatte seine Hände unglaublich sauber hinterlassen. Die Stimmen waren ebenfalls verschwunden, und das unendliche Murmeln des Lebens drang in die Leere.
»Major, geht es Ihnen gut?« Lorian legte eine Hand auf Konowas Schulter, zog sie jedoch sofort mit einem Schrei zurück. Sein Handschuh war von Raureif überzogen.
Konowa kam wieder zu Atem und blickte hoch. »Mir geht es gut. Vermutlich war er doch verflucht«, log er und warf einen Blick auf den Aschehaufen. Die Hitze wärmte bereits langsam wieder seine Haut, und er wischte sich mit einem Ãrmel über die Stirn.
»Was ist passiert? Was bedeutet das?«, wollte Lorian wissen, der fasziniert den rauchenden Aschehaufen betrachtete.
»Es hat
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