Elfen wie Stahl
Konowa blickte auf die Scheide, sah jedoch keinen Grund, warum er den Säbel nicht herausziehen konnte. Er versuchte es erneut, vergeblich.
»Major, bitte«, sagte Rallie, die mittlerweile zügiger zeichnete. »Ich muss mich konzentrieren.«
Konowa blickte hoch und sah zum ersten Mal die Zeichnung
auf Rallies Papier. Sie zeigte die Szenerie vor ihnen, aber es war keine Momentaufnahme, sondern sie bewegte sich. Licht und Schatten zuckten wie wild über das Papier, als ihr Emissär und Rallie auf einer Ebene miteinander fochten, die die normale Vision nicht aufnehmen konnte.
»Deine Salontricks werden mich nicht lange aufhalten«, sagte ihr Emissär und trat einen weiteren Schritt vor. Die Luft schien um seinen Körper herumzuflieÃen, als würde er durch tiefen Schnee waten.
»Das ist auch nicht nötig«, erwiderte Rallie, drehte das Papier mit einer eleganten Handbewegung um und begann eine neue Zeichnung.
Konowa erhaschte einen Blick auf den Herzog von Harkenhalm, einen Tisch und ein entzündetes Streichholz.
Ihr Emissär blieb stehen, legte den Kopf auf die Seite, als lauschte er auf etwas. Dann kreischte das Wesen.
»Wenn man beim ersten Mal keinen Erfolg hatte ⦠«, sagte Rallie und zog kräftig an ihrer Zigarre. Das Ende glühte rot auf.
» Mein Ryk Faur!« Die Gestalt des Wesens, das ihr Emissär war, waberte und zerbarst dann, bevor es sich in nichts auflöste.
Rallie nickte zufrieden, als sie ihre Skizze beendete. »Es ist zwar nicht meine beste Arbeit, aber ich glaube, meine Leser werden verstehen, worauf ich hinauswollte. Und jetzt«, sagte sie, steckte Papier und Federkiel in ihre Robe und blickte den jungen Baum liebevoll an. »Was machen wir mit dir, hm?«
»Sie werden ihn mir geben.« Der Prinz trat vor und streckte die Hand aus. Dann lieà er seinen Blick über das Schlachtfeld gleiten und hob die Stimme. »Ich beanspruche diese Beute im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin, der Königin von Calahr und Herrscherin aller Länder ihres Imperiums.«
Visynas Augen glühten, und Konowa wusste, es war nur eine Frage der Zeit, dass diese Situation auÃer Kontrolle geriet.
»Dein Vater hätte dir ihre Macht nicht geben sollen, Konowa Flinkdrache.«
Die Stimme durchdrang spielend die aufgeregten Stimmen der anderen, und einen Moment verstummten alle. Es war zehn Jahre her, seit Konowa diese Stimme gehört hatte.
Er drehte sich zu Chayii Rote Eule von der Langen Wacht herum. Ein Eichhörnchen hockte gelassen auf ihrer Schulter. Sein Fell qualmte ein wenig.
»Er wollte mich beschützen, Mutter«, antwortete Konowa. Ihm schwindelte vor Gefühlen. »Ohne dieses Geschenk wären wir alle tot.«
Chayii ging zu ihm und blieb unmittelbar vor dem Ring aus Frost stehen. Sie nickte Rallie unmerklich zu und wandte sich dann an ihn. »Und mit dem Geschenk, was bist du damit, mein Sohn? Es ist lange her, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe, und ich würde dich an meine Brust drücken, wie jede Mutter das mit ihrem Kind machen würde, aber du würdest mich mit ihrem Gift verbrennen.« Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie Konowa betrachtete. Sie legte den Kopf auf die Seite und sah dann Visyna an. »Und du. Du bist eine Weberin der Fäden des Lebens. Ich fühle es, so wie ich fühle, dass dieses Land hier vor Schmerz schreit. Warum hast du zugelassen, dass dies geschah?«
Visyna öffnete und schloss mehrmals den Mund. Konowa spürte plötzlich einen pochenden Schmerz hinter seinen Schläfen.
»Der Stern muss bei meinem Volk hier in Elfkyna bleiben«, sagte Visyna schlieÃlich. »Er muss hierbleiben, wo er gepflanzt wurde. Hier sollte er sein, um dieses Land zu reinigen und ihre tödlichen Machenschaften zu zerstören.«
Chayii nickte. »Die Hexe hat recht.«
»Nein!«, schrie Prinz Tykkin, »hat sie nicht!« Er schlug mit der Faust gegen seine Schwertscheide. »Der Stern wird nach Calahr gebracht. Ich will, dass dieser Schössling sofort ausgegraben wird. Regiment! Waffen anlegen!«
Bajonette wurden zu Boden gesenkt, und ihre Spitzen glitzerten im Morgenrot, von Frost überzogen. Die Bogenschützen der Elfen legten ihre Pfeile an. Kälte durchströmte Konowa.
»Ma⦠Major â¦Â«
Konowa drehte sich um. Verblüfft bemerkte er, dass der Zwerg, Korporal Arkhorn, mit mehreren Angehörigen seiner
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