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Elfenbann

Elfenbann

Titel: Elfenbann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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»Ich erkenne die Ungiftigen am Geschmack.«
    »Am Geschmack?«
    Laurel sah Tamani an, sein schiefes Lächeln. »Oh nein«, wehrte sie ab, denn sie konnte genau sehen, was er vorhatte. »Nein, nein, nein, ne …«

    Sie konnte nicht weitersprechen, als Tamani seine pollenbestäubten Hände an ihre Wangen legte und seinen Mund auf ihre Lippen drückte und sie sanft öffnete.
    In Laurels Kopf explodierten Sterne und ihre Regenbogenasche verschmolz sintflutartig zu einem Schnellfeuer-Daumenkino aus Blumenparaden und Wahnsinn. Gedanken rasten ungebeten, flüchtig und schwer zu fassen durch ihren Kopf, bis ihr gleichzeitig leicht ums Herz und schwindelig wurde. Mit Staubgefäßen von Zimmercalla zu einem starken Gegengift mixen. Verlängert die Lebensdauer von Tieren, wenn man es mit Amrita gären lässt. Verzauberungsblock, Rosenblüten, Fotowiderstand, Salbe Gänseblümchen Balsam Tinkturgiftnektartod … Laurel riss sich von Tamani los, zu betäubt, um ihm eine Ohrfeige zu geben.
    »Laurel? Laurel? Ist alles okay?«
    Laurel ließ sich auf den Stuhl fallen und legte einen Finger auf die Lippen.
    »Laurel, ich …«
    »Ich hatte dich gebeten, das zu lassen.« Selbst für Laurel klang ihre Stimme ausdruckslos. Aus weiter Ferne. Aber ihr Verstand raste. Sie wusste, dass sie sauer sein sollte, aber sie nahm Tamani kaum wahr, so sehr hing sie den Empfindungen nach, die sie eben überfallen hatten.
    »Du wolltest es nicht tun und ich musste es wenigstens probieren. Ich habe mir nichts dabei gedacht …«
    »Oh doch«, sagte Laurel. Ihre Forschungen waren eine willkommene Ausrede, in der Tamani seine Chance gewittert und ergriffen hatte. Er hatte Glück gehabt, es hatte funktioniert. Irgendwie jedenfalls. Sie sah ihn benommen
an. Allmählich dämmerte ihr, dass er keine Ahnung hatte, was gerade passiert war.
    »Soll ich mich entschuldigen? Bitte, wenn es dir wichtig ist. Es tut …«
    Laurel legte nun ihm den Zeigefinger auf den Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen. Die Berührung brachte den überquellenden Informationsfluss nicht von Neuem in Gang, aber sie hatte die Bilder noch vor Augen. Fühlt es sich für die anderen Herbstelfen etwa immer so an? Oder war es nur ein Glückstreffer?
    Anscheinend machte ihre Miene ihm Angst, denn Tamani trat einen Schritt zurück und hob flehend die Handflächen. »Bitte, ich dachte nur …«
    »Klappe«, sagte Laurel so geradeheraus wie eben, aber sie fühlte sich nicht mehr so neben der Spur. »Das regeln wir später. Als du mich geküsst hast, bin ich auf lauter … Ideen gekommen. Für Zaubertränke, von denen ich noch nie etwas gehört habe.« Sie erinnerte sich, wie das Wort Gift ihr in den Kopf geschossen war. »Sie könnten glatt verboten sein.«
    »Warum?«
    »Ich habe es falsch angepackt, Tamani. Ich muss dich gar nicht berühren. Vielleicht muss ich meine Zaubertränke an dir ausprobieren, vorausgesetzt, dass ich die passenden Pflanzen finde, aber wenn ich dich berühre, sagt mir das gar nichts darüber, wie ich Zaubertränke für dich brauen soll.«
    Es dauerte eine Weile, bis er diese Information verdaut hatte. »Was hat es dir denn dann gesagt, Laurel?«
    »Wie ich Zaubertränke aus dir machen kann.«

    »Heilige Hekate, Blüten, Zweige und Atem«, fluchte Tamani sorgenzerfurcht. »Das kannst du?«
    »Mit Fleiß und Übung«, antwortete sie ruhig. Wie oft hatte Yeardley das zu ihr gesagt? »Ich … ich glaube nicht, dass ich überhaupt etwas davon wissen darf«, sagte sie leise. »Aber ich weiß nicht, warum.«
    »Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Andere Herbstelfen wissen doch sicher auch davon?«
    »Das weiß ich nicht. Mit mir hat noch nie jemand darüber gesprochen. Wieso …« Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Wie konnte man nur daran denken, andere Elfen als Zutaten zu betrachten? »Warum ist das früher nicht passiert?«, fragte sie schließlich. »Ich habe dich ja nicht zum ersten Mal … geküsst.«
    Jetzt grinste Tamani schmerzerfüllt. »Äh, vielleicht habe ich mir fest auf die Zunge gebissen, bevor ich dich geküsst habe?!«
    Laurel hörte auf zu denken. »Bah, wie ekelhaft!«
    »Hey«, sagte Tamani achselzuckend. »Du hast davon geredet, Dinge aufzuschneiden und zu schmecken, und ich wusste, dass du beides nicht an dir selbst ausprobieren würdest.«
    Er hatte recht. Das hatte sicherlich den Unterschied ausgemacht. Es reichte nicht, ihn einfach zu berühren oder auch zu küssen. Dennoch …
    »Du solltest jetzt gehen«, sagte Laurel streng.

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