Elfenblick
ihr nützen? Erin konnte sie damit jedenfalls nicht helfen!
»Misch dir deinen blöden Trank selbst!« Mit einer heftigen Bewegung fegte sie die Flaschen und Schalen zu Rikjana hinüber, sodass einige umfielen und ihren Inhalt über den Tisch ergossen. Böse blitzte Mageli die Elfe an. Das Brennen in ihrer Brust war jetzt so heiß, dass sie fürchtete, ihr würden gleich Flammen aus dem Mund schießen.
Rikjana starrte Mageli ebenfalls an, ihre Hände um die Tischplatte gekrallt, als wollte sie sich selbst daran hindern, auf die andere loszugehen. Plötzlich fing sie an zu lachen. Es klang so fröhlich, dass Mageli sich fragte, ob sie den ganzen Zwischenfall nur geträumt hatte.
»Das glaube ich einfach nicht!« Rikjana prustete wieder los. »Das habe ich bei einem Anfänger noch nie erlebt. Und dann gleich mit einer solchen Kraft! Ich muss sagen, ich bin beeindruckt!«
Ratlos schaute Mageli sie an. Ihre Wut war von einem Moment auf den anderen verpufft. Was hatte das zu bedeuten? Hatte sie irgendetwas Lächerliches gemacht, ohne es selbst zu bemerken? Sie wollte Rikjana um eine Erklärung bitten, doch die war bereits aufgesprungen und zog Mageli an der Hand aus dem Haus.
»Das muss ich Ondulas erzählen. Er wird begeistert sein!«
Mageli taumelte wie betäubt hinter Rikjana her. Was ging hier vor?
Ruhelos schritt Fürst Ferocius vor dem breiten Holztisch auf und ab. Ein ums andere Mal blieb er stehen und betrachtete das Pergament darauf. Am liebsten hätte er es zerknüllt und in die Ecke geworfen. Oder es angezündet. Aber das war keine gute Idee. Auch wenn es sich nur um eine Abschrift handelte. Man wusste nie, was eine so unüberlegte Handlung anrichten konnte.
Es war nicht leicht gewesen, diese genaue Abschrift zu bekommen. Zwei Palastwachen hatte er damals bestechen, zwei weitere töten müssen. Aber es war ihm gerade noch rechtzeitig gelungen, bevor sich die Alte mitsamt ihrem Buch auf und davon gemacht hatte. Die Abschrift war also wertvoll, zumindest für Ferocius. Denn nur wenn er wusste, womit er es zu tun hatte, konnte er eine Strategie ersinnen, die ihn letztlich zum Ziel führen würde.
»Verfluchtes Orakel«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und beugte sich wieder über das Pergament.
Er durfte sie nicht töten, so viel war gewiss. Sonst konnte er sich auch gleich selbst das Messer in den Leib stoßen. Aber er musste sie aus dem Weg schaffen. Denn andernfalls konnte er sicher sein, dass sie seine Pläne früher oder später durchkreuzen würde.
Sie hatte schon zu viele seiner Sicherheitsvorkehrungen umgangen. Und jetzt war es ihr auch noch gelungen, in dieser Stadt unterzutauchen. Dabei hatte Ferocius geglaubt, Enigmala mittlerweile voll und ganz unter seiner Kontrolle zu haben. Das war ein Trugschluss!
Plötzlich kam ihm ein Gedanke, ein brillanter Einfall!
Wie hatte er es Damorian gegenüber formuliert: Es gab genügend Mittel und Wege, um ein junges Mädchen zum Schweigen zu bringen, ohne sie gleich zu töten. Und ihm, Ferocius, war gerade ein besonders geeignetes Mittel eingefallen. Eines, das ihm ihr Schweigen in alle Ewigkeit garantieren würde. Ferocius gestattete sich ein selbstzufriedenes Grinsen, nahm das Pergament vom Tisch, rollte es auf und verstaute es in seinem Geheimfach.
»Ondulas!« Noch bevor sie den Eingang zu seinem Haus erreichten, hatte Rikjana schon dreimal nach ihrem Freund gerufen. »Ondulas, das glaubst du nicht!«
»Was schreist du hier so herum?« Ondulas schob den feinen Vorhang vor seiner Tür zur Seite. Rikjana drängte sich ohne Erklärung an ihm vorbei und zog Mageli hinter sich her.
Der Raum erschien Mageli riesig, mindestens so groß wie Rikjanas gesamtes Haus. Und tatsächlich bestand Ondulas’ Behausung aus diesem einzigen Zimmer. Auch wenn es kärglich möbliert war – Mageli konnte nur einen ausladenden Tisch mit Bänken, einige Schränke und Truhen sowie eine Kochecke entdecken –, gab es darin alles, was man zum Leben brauchte. Eine breite Galerie führte einige Meter über ihren Köpfen einmal um den runden Raum, hinauf gelangte man über eine gedrehte Wendeltreppe. Dort oben schlief Ondulas vermutlich. Die Höhe des Raumes überwältigte Mageli, besonders beeindruckt war sie von einzelnen gelben Steinen, die in die Holzstreben der Decke eingelassen waren und den Raum in ein warmes Licht tauchten.
Entlang der Wände hatte Ondulas seine Waffen aufgehängt: Schwerter mit leuchtenden Klingen in unterschiedlichen
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