Elfenblick
ihnen welche der genannten Eigenschaften besitzt. Ist deine Gabe in diesem Bereich groß genug, wirst du dafür keine Hilfe benötigen. Du wirst es einfach wissen.«
Rikjana lehnte sich scheinbar entspannt auf ihrem Stuhl zurück, doch Mageli merkte genau, dass die Elfe sie aufmerksam beobachtete. Zögernd beugte sie sich über die vier Schüsselchen und stieß beim Anblick des Inhalts ein resigniertes Seufzen aus: Die vier angeblich so unterschiedlichen Pilze sahen exakt gleich aus. Schrumpelig, graubraun und unappetitlich. Woher sollte sie wissen, welcher davon heilte und welcher tötete? Sie könnte sie natürlich probieren – aber die Chancen, sich dabei im Eiltempo ins Jenseits zu befördern, standen immerhin eins zu drei. Keine sehr verlockende Vorstellung.
Sie beugte sich tief über die Schälchen und atmete ein. Und aus. Und noch mal ein. Doch aus keinem Schälchen schien auch nur das geringste Aroma zu entströmen. Diese getrockneten Pilze rochen einfach nach nichts! Vorsichtig nahm Mageli den Inhalt des ersten Schälchens heraus. Der Pilz fühlte sich schlapp und ledrig an. Sie zerrieb ihn mit dem Zeigefinger in ihrem Handteller, bis er bröselte, schnüffelte wieder daran, betrachtete ihn ganz genau – und ließ die Brösel wieder in die Schale fallen.
Schulterzuckend wandte sie sich an Rikjana. »Ich habe keine Ahnung!«
»Das sehe ich.« Rikjanas vorherige Begeisterung war einer leicht genervten Miene gewichen. Aber sie schien nicht gewillt zu sein, so schnell aufzugeben. »Na gut, wir machen erst mal etwas ganz Leichtes.«
Rikjana rückte die vier Schälchen zur Seite und stellte stattdessen einen leeren Topf vor Mageli hin. Dann folgten mehrere Fläschchen, weitere Schälchen und eine schmale Phiole mit einer hellen Flüssigkeit.
»Dies sind die Zutaten für einen Trank, der einen erholsamen Schlaf bringt. Es ist deshalb so einfach, weil du von allem exakt einen Löffel voll benötigst. Selbst die Reihenfolge, in der du es zusammenmischst, ist unwichtig.«
Auffordernd streckte sie Mageli einen kleinen Holzlöffel hin.
Mageli seufzte erneut. Das war ja wie Kochen! Und wenn es ums Zubereiten genießbarer Speisen ging, war sie schon immer eine absolute Niete gewesen. Sie hätte vermutlich noch das Nudelwasser anbrennen lassen, wenn das möglich gewesen wäre. Rikjana sah allerdings nicht aus, als würde sie irgendwelche Ausreden gelten lassen.
»Na los, versuch es einfach«, forderte sie Mageli mit hörbarer Ungeduld auf.
Mageli griff nach dem ersten Fläschchen, zog den korkenähnlichen Verschluss heraus, maß genau einen Löffel der sirupartigen Flüssigkeit ab, die sich darin befand, und gab sie in den Topf. Unsicher schaute sie zu Rikjana, doch die nickte bestätigend. Schnell nahm Mageli auch die übrigen Fläschchen und verfuhr, wie Rikjana es gesagt hat.
Als sie genau einen Löffel der hellen Flüssigkeit aus der Phiole abmaß und zu den übrigen Zutaten gab, passierte etwas Unerwartetes: Kaum hatte sich die Flüssigkeit mit den anderen vermischt, entstieg dem Topf ein graugrüner Dampf, der einen unangenehmen, schwefligen Geruch verbreitete.
Wieder schaute Mageli beunruhigt zu Rikjana, deren Gesichtsausdruck nun von ein wenig genervt zu ziemlich genervt gewechselt hatte.
»Du musst rühren«, wies sie Mageli ungeduldig an.
Mageli rührte wie wild. Der Dampf wurde dichter. Eben noch hatte sie sich großartig gefühlt, weil es ihr gelungen war, eine Flamme zu entzünden. Und jetzt … hatte sie das Gefühl, gar nichts auf die Reihe zu kriegen.
Als die Farbe des Dampfes zu einem giftigen Grün wechselte, stöhnte Rikjana auf.
»Konzentriere dich«, forderte sie und hustete demonstrativ. Mittlerweile wirkte sie wirklich äußerst ungeduldig.
Auch Mageli war genervt. Stellte sie sich tatsächlich so blöd an? Aber woher sollte sie das denn können?
»Ich habe keine Lust mehr«, erwiderte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Jetzt benimm dich nicht so trotzig«, fuhr Rikjana sie an. »Ich versuche, dir etwas Wichtiges beizubringen. Bemüh dich mal ein bisschen!«
Wieder wurde Mageli ganz heiß in der Brust, dieses Mal vor Wut. Was bildete diese blöde Elfe sich eigentlich ein? Sie bemühte sich doch, sehr sogar! Rikjana klang ja schon genauso wie Linda an ihren schlechtesten Tagen: Tu dies, mach das, lass jenes! Mageli hatte das Gemotze noch gut im Ohr. Und sie hatte überhaupt keine Lust, sich auch von Rikjana herumkommandieren zu lassen. Was sollte dieser ganze Quatsch
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