Elfenblick
Flüssigkeit.
»Anzünden!«, befahl Rikjana.
Mageli schaute auf die Flüssigkeit, dann zu Rikjana und wieder zurück. Anzünden, klar. Aber wie?
»Los, versuch’s!«, drängte Rikjana.
Mageli überlegte, die Streichhölzer zu benutzen, die ihr hier im Elfenreich bereits so gute Dienste geleistet hatten. Aber die befanden sich in ihrem Rucksack, und der lag noch auf der Matte in ihrem Zimmer. Außerdem hatte Mageli wenig Hoffnung, dass sie damit bei Rikjana durchkommen würde. Sie dachte daran, wie die Elfe die große Schale mit dem Stärkungsmittel entzündet hatte. Hatte sie dazu überhaupt ein Hilfsmittel verwendet? Mit den Fingern geschnippt? Einen Zauberspruch aufgesagt? Frustriert stellte Mageli fest, dass sie immer noch keine Ahnung hatte, wie Magie eigentlich funktionierte.
»Ich weiß nicht, wie«, gestand sie kleinlaut.
»Du musst es nur wollen. Schau.« Rikjana richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Schale, und augenblicklich tanzten auf der Oberfläche grünliche Flammen. Rikjana beugte sich vor und blies sie aus. »Und jetzt du.«
Mageli starrte auf die Schale. Sie versuchte, sich die Flammen vorzustellen. Versuchte, den Sirup mit ihren bloßen Blicken zum Brennen zu bringen. Nichts geschah.
»Konzentriere dich«, ermahnte Rikjana sie. »Du musst es wirklich wollen! Tief in dir drinnen musst du es wollen!«
Mageli starrte weiter gebannt auf die Schale, dann bündelte sie ihre gesamte Aufmerksamkeit und lenkte sie auf die grüne Flüssigkeit. Verfluchter Sirup! Brenn schon!
Und plötzlich spürte sie ein Brennen. Mitten in der Brust, direkt neben ihrem Herzen. Es fühlte sich an, als würde sich all ihre eigene Energie an einem einzigen Punkt sammeln, um von dort hinauszuströmen. Mageli hielt vor Aufregung die Luft an. Das Brennen wurde stärker. Wieder konzentrierte sie sich auf die Schale, versuchte die Flamme in ihrem Körper auf die Flüssigkeit darin zu übertragen … Da! Winzige grünliche Flämmchen züngelten aus der Schale empor!
»Du hast es geschafft!« Begeistert klatschte Rikjana in die Hände. »Noch dazu in so kurzer Zeit! Ich glaube, ich habe noch nie jemanden gesehen, der es so schnell hingekriegt hat. Deine magischen Veranlagungen scheinen wirklich besonders stark zu sein.«
Mageli stieß die Luft aus. Erschöpft ließ sie sich gegen die Rückenlehne ihres Stuhls sinken. Die kleinen Flammen hüpften vor ihren Augen auf und ab.
Geschafft! Unglaublich! Sie hatte Magie verwendet. Einfach so. Ohne dass sie eigentlich verstand, was gerade genau passiert war, fühlte Mageli sich gleichzeitig unheimlich erleichtert und stolz. Und ziemlich erschöpft. Magie war anstrengend!
»Sehr gut, womit machen wir weiter? Steine zum Leuchten bringen? Ein Stück Holz formen? Wasser lenken?« Rikjana ratterte eine ganze Liste möglicher magischer Übungen herunter, bis Mageli der Kopf schwirrte. Das alles war möglich? Sie konnte es noch immer kaum glauben. Rikjana hatte sich jedoch bereits für etwas anderes entschieden.
»Nein, vergiss die Magie. Wir schauen mal, wie du dich mit den Tränken und Tinkturen anstellst. Das ist immerhin mein Spezialgebiet. Vielleicht besitzt du da auch so ein großes natürliches Talent …« Sie schob die Fläschchen und Schalen auf dem Tisch näher an Mageli heran. Dann sprang sie auf und holte weitere von den Wandborden. Die Ansammlung vor Mageli wurde immer größer.
»Das alles sind verschiedene Zutaten für unsere Heil- und Stärkungsmittel. Wenn du mit ihnen umgehen kannst, kannst du wahre Wunder wirken, ohne das kleinste bisschen Magie zu benötigen. Sie können aber auch sehr gefährlich sein. Du musst wissen, was du womit anfangen kannst. Aber keine Sorge. Wenn du eine angeborene Gabe dafür besitzt, werden die Rezepturen dir wie von selbst zufliegen. Man kann sie natürlich auch erlernen …« Rikjana klang, als ob das Erlernen dieser Kunst etwas Anstößiges war.
»Gut. Schau her.« Sie wählte vier Schälchen aus dem breiten Sortiment aus und rückte sie vor Mageli in einer Reihe zurecht. »Das sind verschiedene Sorten von Pilzen, die alle hier unter der Erde wachsen. Ich habe sie getrocknet und sie sehen sich nun zugegebenermaßen recht ähnlich. Doch bewirken sie ganz unterschiedliche Dinge, wenn man sie zu sich nimmt. Einer davon vertreibt Kummer. Einer lindert Schmerzen. Ein dritter stillt den Hunger. Und der vierte bringt dich in Sekundenschnelle um. Ich möchte, dass du diese vier Pilze genau untersuchst. Und mir dann sagst, welcher von
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