Elfenblick
und das lenkte ihre Aufmerksamkeit ab. »Sind wir schon da?«, fragte sie überrascht.
»Hm«, brummte Ondulas unbestimmt. Vermutlich wusste er es selbst nicht genau.
Nach einer weiteren Kurve war der Tunnel tatsächlich zu Ende und sie standen vor einer Wand. Hier gab es keine Tür und auch sonst keinen erkennbaren Durchgang, aber Mageli war sich sicher, dass es irgendeine Möglichkeit geben musste, durch diese Wand zu gelangen.
»Darf ich?« Ondulas drückte sich an ihr vorbei und legte seine linke Hand gegen die massiv wirkende Mauer, nicht ohne vorher seinen Leuchtstein in die Tasche seines Umhangs zu stecken und mit der rechten sein Schwert zu ziehen. Mageli fühlte sich unwohl. Ihr Begleiter rechnete wirklich jederzeit mit einem Angriff.
Wie sie es bereits im Verlies bei den Dunkelelfen beobachtet hatte, begann Ondulas eine leise Melodie zu summen, allerdings sang er eindeutig melodischer als der Dunkelelf. Der Effekt war jedoch derselbe: Die Wand schob sich zur Seite und öffnete einen Durchgang, gerade breit genug, dass zunächst Ondulas und direkt hinter ihm Mageli hindurchschlüpfen konnten, dann schloss sie sich geräuschlos wieder.
Sie standen in einer unbeleuchteten Nische – zum Glück verbreitete der Stein in Magelis Hand noch einen schwachen Lichtschein –, in der gerade genug Platz für sie beide war. Mageli konnte nicht erkennen, was sich vor der Nische befand, denn Ondulas hatte sich ihr in den Weg gestellt und drängte sie mit der Hand hinter seinen Rücken. Mageli fragte sich, ob er sie beschützen oder daran hindern wollte vorauszulaufen. Vermutlich beides.
»Was …?«, flüsterte sie, aber Ondulas legte den Zeigefinger an die Lippen und lauschte angespannt. Auch Mageli spitzte die Ohren, nahm aber keine ungewöhnlichen Geräusche wahr. Langsam fragte sie sich, ob Ondulas das Ganze nicht ein bisschen übertrieb.
»Hier entlang«, zischte er schließlich und huschte aus der Nische heraus, wobei er nach Magelis Arm griff und sie hinterherzog.
Der Tunnel war breiter und höher als der Geheimgang und schwach beleuchtet. Den Leuchtstein behielt Mageli trotzdem in der Hand. Sicherheitshalber. Ondulas hatte ihren Arm losgelassen und eilte mit schnellen Schritten voran, sodass Mageli ihm wieder nur mühsam folgen konnte. Ihr Herz pochte vor Anstrengung und Aufregung gleichermaßen. Bei jedem Knirschen oder Knacken zuckte sie zusammen. Doch es waren nur Stöckchen und Kiesel, die unter ihren Füßen nachgaben.
Plötzlich blieb Ondulas so abrupt stehen, dass Mageli beinahe in ihn hineingelaufen wäre.
»Verflucht! Sie kommen uns direkt entgegen!«, schimpfte der Elf leise.
Da hörte Mageli es auch: Mindestens zwei verschiedene Stimmen, Männer, die sich miteinander unterhielten, weit entfernt noch, aber sie kamen eindeutig auf sie zu.
Und soweit sie sehen konnte, gab es von diesem Gang keine einzige Abzweigung.
»Mist!«, stimmte sie Ondulas zu und spürte ihr Herz erneut heftig klopfen. Sie wollte auf dem Absatz kehrtmachen und in die Gegenrichtung flüchten, doch Ondulas hielt sie am Ärmel fest und zog sie hinter sich her. War er verrückt geworden? So würden sie ihren Gegnern genau in die Arme laufen …
Ondulas rannte jetzt, und dabei bewegte er sich so leise, dass Mageli nur staunen konnte. Sie selbst stolperte mehrmals bei dem Versuch, ihm zu folgen, und er schaute sich irritiert um. Peinlich! Normalerweise war sie viel geschickter, aber jetzt war sie aufgeregt, mehr als das: Sie hatte Angst! Was oder besser gesagt wer kam da auf sie zu? Und was plante Ondulas? Warum rannte er geradewegs in ihr Verderben?
Der Elf eilte um die nächste Kurve. Die fremden Männer waren noch nicht zu sehen. Ihre Stimmen waren jetzt so laut, dass Mageli sie auch im Laufen hören konnte. Zwei Stimmen, die abwechselnd sprachen. Zwei Männer, schloss Mageli. Verstehen konnte sie sie allerdings nichts. Dann, als sie gerade mit Ondulas auf die nächste Kurve zuhetzte, lachte einer der Männer laut auf, und es klang so nah, als würden die Gegner sie direkt hinter dieser Kurve erwarten. Magelis einziger Impuls war: Flucht! Sie wollte umdrehen und laufen, auch wenn es sicher längst zu spät war. Ondulas schien das zu bemerken und griff wieder nach ihrem Arm, bekam sie am Handgelenk zu fassen, zerrte sie hinter sich her und schubste sie plötzlich zur Seite.
Mageli stolperte durch einen schmalen Durchgang und konnte sich gerade noch mit den flachen Händen an der rauen Felswand abstützen. Überrascht
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