Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
Vom Netzwerk:
des Flüsschens speisten, das Mageli bereits bei ihrem ersten Blick in die Elfenhöhle gesehen hatte. Diese langen Wurzeln waren geformt wie spiralförmige Rinnen, und das Verrückte war, dass das Wasser an ihnen von unten nach oben floss.
    Dennoch konnte Mageli keine anderen Blumen oder Pflanzen als die leuchtenden Pilze entdecken. Wie auch? Immerhin befand sich die Stadt ja unter der Erde. Dafür gab es einige Tiere: An den Wänden der Häuser und auf den Geländern der Brücken saßen kleine und große Schnecken, deren Häuser in Regenbogenfarben schimmerten, so sanft wie ein Öltropfen in einer Wasserpfütze. Zweimal kreuzte eine der winzigen Eidechsen, die Mageli bereits kennengelernt hatte, ihren Weg und sie bewunderte erneut das ungewöhnliche Zackenmuster auf den schmalen Rücken und langen Schwänzen.
    Das also war Enigmala.
    »Es ist wunderschön«, stieß Mageli atemlos hervor, als sie schließlich zu Ondulas aufschloss. Der Elf stand entspannt an eine Balustrade gelehnt und wartete auf sie. Die ganze Zeit war er vor ihr hergelaufen – was auf den schmalen Wegen auch kaum anders möglich war –, sodass sie keine Fragen an ihn richten konnte. Jetzt sah er ihr neugierig entgegen.
    »Es gefällt dir also.« Es klang mehr nach einer Feststellung als einer Frage.
    »Ob es mir gefällt?« Mageli lachte. »Es ist überwältigend!«
    »Gut.« Der Elf schien zufrieden zu sein. »Auch wenn es früher natürlich noch viel schöner war. Aber ich freue mich, dass es dir dennoch gefällt.«
    »Wie ist das alles möglich? Wie habt ihr es geschafft, diese Häuser und Brücken und Treppen und all das zu bauen? Ich meine, wie habt ihr es geschafft, sie so zu bauen?«
    »Wir bauen sie nicht, Mageli«, erklärte Ondulas mit einem Kopfschütteln. »Wir helfen ihnen, ihre Form zu finden.«
    »Was bedeutet das?«
    »Wir teilen den Wurzeln mit, wie sie wachsen sollen«, versuchte Ondulas zu konkretisieren, doch Mageli verstand noch immer nicht. Verwirrt schaute sie ihn an.
    »Warte, ich zeige es dir.« Er schloss die Augen und wirkte mit einem Mal völlig in sich versunken. Dann begann er zu singen. Mageli starrte ihn überrascht an. Ondulas hatte die Lippen nur leicht geöffnet, und aus seinem Mund drang kein richtiges Lied, sondern einzelne, tiefe, weiche Töne, die in der Luft zu stehen schienen und sich dort zu einem Vielklang vermischten. Mageli hatte noch nie etwas so Vollkommenes gehört, das aus so wenigen Tönen bestand.
    Noch mehr staunte sie, als aus dem Nichts eine Wurzel herabwuchs, sich vor ihren Augen zu drehen begann wie ein Windspiel, immer schneller kreiste und plötzlich fiel. Reflexartig griff Mageli zu und fing das Wurzelende auf. Als sie ihre Hand wieder öffnete, lag darin eine filigrane Rose aus Holz. Vorsichtig betastete Mageli die feinen Blätter.
    »Du … singst es aus dem Holz heraus?«, fragte sie verblüfft.
    Ondulas kehrte aus seiner Trance zurück und lachte ein wenig erschöpft. »Nein, ich singe es nicht heraus. Die Musik ist nur die Verstärkung meiner Magie. Was meine magischen Fähigkeiten angeht, bin ich nicht so eine Leuchte wie manch andere Elfen. Deshalb bediene ich mich zusätzlich der Klänge«, räumte er ein.
    Mageli kniff fragend die Augen zusammen.
    »Alle Elfen sind sehr musikalisch«, versuchte Ondulas zu erklären. »Aber wir machen Musik nicht nur, weil wir sie schön finden. Sie ist für uns auch eine Art Werkzeug. Um verschlossene Türen zu öffnen zum Beispiel. Oder um unseren Geist für die Magie zu öffnen. Verstehst du?«
    Nicht so ganz, dachte Mageli, aber das sagte sie lieber nicht, sondern nickte nur. Dass Musik Türen öffnete, hatte sie ja bereits selbst erlebt. Wie jedoch diese Magie genau funktionierte, war ihr noch immer schleierhaft. Dafür hatte sie etwas anderes verstanden: Elfen besaßen magische Fähigkeiten. Und sie selbst war auch eine Elfe …
    »Könnte ich das auch?«, fragte sie Ondulas aufgeregt. »Könnte ich das Holz auch dazu bringen, so zu wachsen, wie ich es will?«
    »Das ist durchaus möglich.« Ondulas Augen funkelten sie an. »Aber um herauszufinden, wie groß deine magische Gabe ist, müssten wir dich erst mal prüfen.«
    »Prüfen?« Allein das Wort verursachte Mageli Übelkeit. »Und was passiert, wenn ich versage?«
    »Das wirst du nicht«, beruhigte Ondulas sie freundlich. »Bisher hat noch jede Elfe ihre eigenen Gaben mitgebracht. Natürlich sind sie bei jedem anders ausgeprägt. Manche stärker, manche weniger stark. Aber ich bin mir

Weitere Kostenlose Bücher