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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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drei schnellen Schritten war sie bei dem Durchgang, der ebenfalls mit einem Gewirr aus langen geflochtenen Zweigen verhangen war, schlüpfte hindurch und fand sich auf einer Plattform mehrere Meter über dem Boden wieder.
    Um sie herum hingen Wurzeln herab und bildeten eine natürliche Balustrade. Hübsch , dachte Mageli. Nur wie sie hinuntergelangen sollte, begriff sie nicht. Doch dann entdeckte sie, dass einige der Wurzeläste eine Art Strickleiter bildeten, an der sie nach unten klettern konnte. Gut, dass sie schwindelfrei war.
    Das letzte Stück sprang Mageli und landete sanft auf dem Boden, die festgetretene Erde gab federnd ein wenig unter ihrem Gewicht nach. Wie Waldboden, dachte Mageli. Überhaupt kam es ihr ein bisschen vor, als stünde sie mitten in einem Wald. In einem Urwald, um genau zu sein. Denn überall hingen die dicken Wurzeln herab wie Lianen, einige verzweigten sich in der Luft zu feineren Ästchen, andere, dick wie Baumstämme, führten direkt in den Boden, mit dem sie sich fest verankert hatten.
    Nur eines störte das Bild vom wild wuchernden Urwald: Es gab keine Blätter! Und auch wenn Mageli genau wusste, dass sie sich in einer Höhle tief unter der Erde befand und dass all diese Äste und Zweige um sie herum eigentlich Wurzeln waren, vermisste sie etwas Grünes, Knospendes, Blühendes und Sprießendes. So beeindruckend dieser Wurzelwald war, wirkte er auf Mageli dennoch leblos.
    Und wo befand sich eigentlich die Elfenstadt? Mageli konnte sich kaum vorstellen, dass die Elfen in diesem ungeordneten Dschungel aus Wurzeln lebten. Sie beschloss, sich auf die Suche zu machen, und folgte einem verschlungenen Pfad, der sich durch die dicken Wurzeln wand. Einmal traf sie auf einen Fluss, schmal genug, dass sie mit einem Satz hinüberspringen konnte, ansonsten gab es hier nur Wurzeln, Wurzeln, Wurzeln.
    Fast fühlte Mageli sich an ihre Streifzüge erinnert, die sie daheim in die entlegensten Ecken des Waldes geführt hatten, wo ihr stundenlang kein Mensch begegnet war. Die Vorstellung gefiel ihr, gleichzeitig wuchs ihre Unsicherheit. War sie überhaupt auf dem richtigen Weg? Oder hätte sie eine andere Richtung einschlagen müssen, um in die Elfenstadt zu gelangen. Verwirrt drehte sie sich mehrmals um die eigene Achse, aber alles um sie herum sah gleich aus. Mageli legte ihren Kopf in den Nacken – und begriff ihren Irrtum.
    Sie befand sich längst in der Elfenstadt, besser gesagt: darunter. Mehrere Meter über ihr sah sie die Behausungen der Elfen, die wie riesige Tropfen aus Holz zwischen den Wurzeln hingen. Auf den ersten Blick glichen sie dem Baumhaus, das Jost für Magelis Brüder zu Hause im Garten gebaut hatte, aber als sie genauer hinschaute, fiel ihr ein entscheidender Unterschied auf: Die Elfenhäuser waren nicht aus Planken gezimmert und dann in den starken Wurzeln befestigt worden. Sie schienen vielmehr aus diesen zu erwachsen, als wären sie ein Teil davon. Oben teilten sich die Äste zu einer Tropfenform und verbanden sich weiter unten zu festen Wänden, um am Boden der Behausungen herauszuwuchern und ihren Weg bis zur Erde zu suchen. Verbunden waren die einzelnen Tropfen mit Hängebrücken, Stegen und Strickleitern, und selbst diese schienen nicht von Hand gefertigt, sondern von der Natur erschaffen zu sein, denn Mageli konnte keine geleimten oder genagelten Stellen entdecken. Aber vielleicht war sie einfach nur zu weit entfernt, um Details zu erkennen? Plötzlich spürte Mageli ein großes Verlangen, diese luftige Elfenstadt genauer zu erkunden.
    Mist! Eben noch hatte sie vor Rikjanas Haus auf einer Plattform gestanden und den Weg nach unten gesucht. Jetzt wünschte sie sich wieder hinauf! Wo bitte war hier die nächste Strickleiter? Mageli blickte sich erneut suchend um, als sie von oben eine bekannte Stimme hörte.
    »Verlaufen?«
    Mehrere Meter über ihrem Kopf, beide Arme auf die Brüstung einer Brücke gelehnt, stand Ondulas und lächelte sie mit seinen schönen Augen schelmisch an. Mageli war froh, ein vertrautes Gesicht zu sehen. Allerdings war es ihr nun unangenehm, dass sie einfach aus Rikjanas Haus abgehauen war – und Ondulas sie erwischt hatte.
    »Ich wollte mich nur ein bisschen umschauen.« Sie hoffte, dass ihre Antwort selbstsicherer klang, als sie sich fühlte.
    »Dort unten wirst du aber nicht viel sehen«, bemerkte Ondulas amüsiert.
    »Na gut, vielleicht habe ich mich ein bisschen verlaufen«, räumte Mageli ein. Langsam tat ihr der Nacken weh, weil sie die ganze

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