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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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habe, tut mir leid«, fuhr Alica fort, nachdem sie einige Minuten schweigend nebeneinander durch die verlassenen Straßen gegangen waren.
    »Was?«
    »Das mit Supergirl und so.« Alica bemühte sich, ein möglichst anerkennendes Gesicht zu machen. »Du warst wirklich gut. Wenn du nicht so cool reagiert hättest, dann hätten sie uns erwischt, da bin ich sicher.«
    Pia auch, was aber nichts daran änderte, dass sie sich nach wie vor fragte, wie sie das überhaupt gemacht hatte. Sie hatte früh gelernt, sich ihrer Haut zu wehren, aber das vorhin war etwas vollkommen anderes gewesen. Alica hatte recht: Sie hatte sich wie Supergirl benommen, aber es wollte ihr einfach nicht gelingen, stolz darauf zu sein. Eigentlich erschreckte es sie ein bisschen.
    »Verrätst du mir noch etwas?«, fragte Alica, als sie auch darauf nicht reagierte.
    »Wenn du mir versprichst, danach die Klappe zu halten.«
    Alica ignorierte das, genau wie Pia es erwartet hatte. »Als wir in Estebans Büro gestanden haben, hinter der Tür«, sagte sie. »Wie hast du das gemacht?«
    Auf ganz genau diese Frage hatte Pia gewartet, und sie hatte sie auch befürchtet. Sie gewann noch ein paar Sekunden, indem sie Alica mit gespielter Ratlosigkeit ansah und fragte: »Was?«
    »Der Kerl hat direkt in unsere Richtung geblickt«, sagte Alica. »Er hat keinen Meter vor uns gestanden, und er hat uns nicht einmal gesehen! Also, wie hast du das gemacht?«
    »Ich habe gar nichts gemacht«, antwortete Pia. »Und ich habe keine Ahnung, was mit dem Kerl los war.«
    »Verarsch mich nicht«, erwiderte Alica ernst. »Ich bin vielleicht nicht so helle wie du und Esteban, Süße, aber ich bin noch nicht ganz blöd. Ich weiß zwar nicht, was du gemacht hast, aber ich habe genau gespürt, dass du etwas gemacht hast. Also, was war’s?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, antwortete Pia ehrlich. »Ich … ich hatte einfach das Gefühl, dass es richtig war, und da habe ich es getan. Aber ich weiß weder, was, noch, wie.«
    Alica starrte sie noch einen weiteren Herzschlag lang durch dringend an, doch sie schien zu spüren, dass Pia diesmal die Wahrheit sagte, denn sie ging nicht weiter auf das Thema ein, sondern nickte nur knapp, zog ihre Zigarettenpackung aus der Tasche und klappte sie auf.
    »Lass das«, sagte Pia.
    »Weil es ungesund ist?«, fragte Alica schnippisch. Aber sie steckte die Schachtel immerhin gehorsam wieder ein.
    »Weil wir so wenig auffallen sollten wie möglich«, antwortete Pia.
    »Ah ja, und da macht es einen Unterschied, ob ich rauche oder nicht. Weil eine anständige Frau ja in der Öffentlichkeit nicht raucht, nicht wahr?«
    Vermutlich machte es keinen Unterschied, gestand Pia sich ein. Sie erregten auch so schon genug Aufsehen, zwei junge Frauen, beinahe noch Mädchen, die ziemlich leicht bekleidet mitten in der Nacht allein unterwegs waren, barfuß und in einer Gegend, in der sie sich auch tagsüber schon nicht besonders wohlgefühlt hätte. Das hier waren nicht die Favelas, wie sie die Stadtverwaltung gerne heraufbeschwor, wenn sie wieder einmal nach einem Vorwand suchte, ihre Bagger und Schlägertrupps der Polizei loszuschicken, aber auch nicht die, die man den Touristen zeigte (wenn man sie in gepanzerten Bussen mit kugelsicheren Scheiben herkarrte), sondern eine einfache Gegend mit noch einfacheren Häusern, die meisten davon klein und ärmlich, aber aus Stein gebaut statt aus Holz und Wellblech. Auf den Straßen lagen keine Abfälle, und nur in den allerwenigsten Häusern lebten gemeingefährliche Kriminelle, vermutete Pia … aber um diese Uhrzeit und allein hätte sie sich nicht einmal im Stadtzentrum und auf der Hauptstraße wohlgefühlt. Es war nach drei. Seit zehn Minuten waren sie an keinem einzigen Haus vorbeigekommen, in dem noch Licht gebrannt hatte, und den letzten Menschen waren sie vor etwa zwanzig Minuten begegnet; genauer gesagt, aus dem Weg gegangen.
    Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Ihre Hand tastete nicht zum ersten Mal nach der Waffe in ihrem Hosenbund und strich über den verchromten Griff. Die Pistole hatte ihnen beiden vor einer Stunde vermutlich das Leben gerettet, aber das Gefühl von Beruhigung oder gar Sicherheit, die sie ihr doch eigentlich vermitteln sollte, wollte sich einfach nicht einstellen.
    »Hast du mittlerweile wenigstens eine Idee, wohin wir gehen?«, fragte Alica … auch nicht zum ersten Mal.
    Pia suchte nach einer Ausrede, die vermutlich noch fadenscheiniger war als die

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