Elfenblut
treffen, dann bist du die Erste, der ich es mitteile, ganz bestimmt.«
Sie wäre nicht erstaunt gewesen, hätte Alica noch zorniger reagiert – eigentlich erwartete sie es sogar –, aber die junge Frau sah eher verletzt aus.
Wenigstens hielt sie die Klappe.
Brack kam zurück. Hätte Pia auch nur die geringsten Zweifel an dem gehabt, was er war, hätte spätestens dieser Anblick sie zerstreut. Er balancierte zwei flache Teller aus Metall auf einer Hand und dem Unterarm, und das mit einem solchen Geschick, wie es auf der ganzen Welt nur Kellner und Gastwirte können. Schwungvoll stellte er sie vor Alica und ihr ab, zauberte zwei Essbestecke – zweischneidige kurze Messer und sonderbar geformte Gabeln mit nur zwei Zinken – aus der schmierigen Tasche seiner Weste und wedelte auffordernd mit der anderen Hand. »Greift ruhig zu.«
Pia musste sich beherrschen, um sich nicht wie eine ausgehungerte Löwin auf den Teller zu stürzen, auf dem zwei dunkle Bratenscheiben und eine großzügige Portion eines ihr gänzlich unbekannten Gemüses lagen, außerdem gleich drei Scheiben des köstlich duftenden Brotes. Alles schwamm in einer dickflüssigen, fetten Soße, die beinahe noch besser roch.
»Nur zu«, wiederholte Brack. »Bloß keine Hemmungen, Mädchen. Es kostet nichts. Ist sowieso von gestern Abend übrig geblieben. Früher sind die Geschäfte besser gelaufen, aber ich habe mir immer noch nicht angewöhnt, kleinere Portionen zuzubereiten.«
Pia zögerte zwar noch einen letzten Moment, nahm dann aber das seltsame Besteck zur Hand und probierte vorsichtig.
Und nach dem ersten Bissen gab es kein Halten mehr.
Es war nicht nur der nagende Hunger. In den ersten Augenblicken fiel es ihr nicht einmal auf, und sie schob es ganz und gar darauf, vollkommen ausgehungert zu sein, doch bald stellte sie fest, dass es eher am Essen selbst lag. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals etwas Köstlicheres zu sich genommen zu haben. Das Fleisch war frisch, zart wie Butter und trotzdem bissfest, das Brot kross und gerade weich genug, um nicht unangenehm auf der Zunge zu sein, und die Soße schmeckte nach nichts, was sie jemals probiert hätte. Aber absolut köstlich. Das Gemüse war ihr zwar immer noch fremd, doch es schmeckte einfach fantastisch. Sie leerte ihren Teller in Rekordzeit und ertappte sich dabei, einen fast schon gierigen Blick auf Alicas zu werfen, auf dem sich noch mehr als die Hälfte der ursprünglichen Portion befand.
Hastig sah sie weg und dann wieder zu Brack hin und wurde mit einem breiten Grinsen und dem Anblick seiner erbärmlich schlechten Zähne belohnt.
»Na, das ist doch mal eine Freude«, sagte er.
»Hmwasch?«, fragte Pia mit vollem Mund.
»Zu sehen, wie es einem Gast schmeckt«, sagte er lachend. »Man könnte meinen, ihr wart eine Woche auf der Flucht.«
»Was sagt er?«, fragte Alica. Pia ignorierte sie.
»Ganschscholangewaresch…« Sie schluckte den letzten Bissen hinunter und setzte noch einmal an. »Ganz so lange war es nicht. Aber es war ziemlich anstrengend. Und das Essen ist wirklich köstlich«, beeilte sie sich hinzuzufügen.
»Ja danke.« Brack verzog die Lippen zu einem plötzlich völlig humorlosen Lächeln. »Aber jetzt bist du mir ein paar Antworten schuldig, meine ich. Wer ist hinter euch her? Und warum?«
»Die Peraltas«, antwortete Pia. »Jedenfalls dachten wir das. Aber jetzt … bin ich nicht mehr ganz sicher.«
»Was erzählst du von den Peraltas?« Alica setzte sich stocksteif auf und wirkte alarmiert. Pia ignorierte sie weiter.
»Die Peraltas?« Brack sprach den Namen nicht nur auf eine sonderbare Art aus, sondern dachte auch sichtbar angestrengt über seinen Klang nach, und schüttelte dann den Kopf. »Nie gehört. Was wollten sie von euch?«
»Sie glauben, wir hätten ihnen etwas gestohlen«, antwortete Pia. »Aber das stimmt nicht.«
»Natürlich nicht«, sagte Brack.
»He, was quatscht ihr da von den Peraltas?«, fragte Alica.
»Verdammt, hör doch einfach zu!«, fauchte Pia. Allmählich gingen ihr Alicas Albernheiten gehörig auf die Nerven.
»Würd ich ja gerne«, antwortete Alica. »Wenn ich auch nur ein Wort verstehen würde. Das wolltest du doch jetzt hören, oder? Dass ich dämlich bin.«
»Na ja, das mag sein«, antwortete Pia gepresst, »aber das ändert nichts daran, dass du dich im Moment ziemlich albern benimmst, findest du nicht auch?«
»Nein«, sagte Alica.
»Wie ist dein Name, Mädchen?«, mischte sich Brack in leicht ärgerlichem Ton ein.
Pia
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