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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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leiser, übermäßig betonter Stimme. »Wo sind wir hier?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, flüsterte Pia. Vielleicht dachte sie es auch nur. Auf jeden Fall war es die Wahrheit. Einen Ort wie diesen hatte sie noch nie zuvor gesehen, außer auf alten Bildern und in Filmen. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass es einen Ort wie diesen überhaupt gab.
    Die Straßenlaternen waren nicht das Einzige, was fehlte. Es gab auch keine Satellitenschüsseln, Antennen, Strom- oder sonstige Leitungen, keine Briefkästen oder Hydranten und keines der tausend anderen Dinge, die sich so unauffällig in das Straßenbild jeder modernen Stadt (selbst der etwas zivilisierteren Bereiche der Favelas) gemogelt hatten, dass man sie eigentlich überhaupt erst registrierte – oder gerade eben nicht –, wenn sie nicht mehr da waren. Hier gab es nur Häuser.
    Und damit es richtig spaßig wurde, Häuser, die aussahen, als hätte sie jemand direkt aus dem frühen Mittelalter hierhergeholt. Weit hinter den schneegepuderten spitzen Strohdächern glaubte sie eine gleichmäßig gezahnte Schattenlinie zu erkennen – eine zinnenbewehrte Stadtmauer?
    »Ich träume«, murmelte Alica. »Das … das alles träume ich doch nur, oder? Sind wir im Gruselkabinett gelandet oder in einer Filmkulisse?«
    Pia setzte zu einer Antwort an, doch in diesem Moment drang ein gedämpftes, trotzdem aber unverkennbar metallenes Geräusch an ihr Ohr, und nahezu gleichzeitig brach sich ein verirrter Lichtstrahl aus Silber am Ende der Straße. Das war alles, was sie sah, aber ganz leise hörte sie auch schwere Schritte, und sie musste plötzlich wieder an Bracks sonderbare Worte von gerade denken. Es war nur ein Gefühl. Aber ein sehr, sehr schlechtes.
    »Weg hier«, flüsterte sie. »Schnell.«
    Alica sah sie nur verwirrt an, und Pia tat das Einzige, was ihr spontan einfiel – sie machte auf dem Absatz kehrt, drückte die Klinke herunter und zog Alica mit sich zurück ins Gasthaus.
    Brack hatte wieder am Tisch Platz genommen, und auch der Betrunkene war wieder aufgestanden und auf den Hocker geklettert, wenn auch nur, um erneut nach vorne zu sinken und mit dem Gesicht in einer Bierlache einzuschlafen. Wenigstens hoffte Pia, dass es Bier war.
    »Ach«, sagte er. »Das ging schnell!«
    »Da … da draußen …«, stammelte Pia.
    »Ist draußen, ja, ich weiß«, sagte Brack und trank schlürfend einen Schluck Bier.
    »Ja, aber da waren auch …«
    »Hinter der Theke«, unterbrach sie Brack und machte eine entsprechende Kopfbewegung. »Im Boden ist eine Klappe.«
    »Was hat er gesagt?«, murmelte Alica.
    Statt Zeit mit einer Antwort zu verschwenden, legte Pia ihr beide Hände auf die Schultern und bugsierte sie unsanft vor sich her hinter die improvisierte Theke. Der Boden war hier mit feuchtem Stroh bedeckt, das alles andere als vertrauenerweckend roch, und sie musste einen Moment suchen, bis sie die Klappe entdeckte, von der der Fettsack gesprochen hatte. Die Klappe maß kaum fünfzig Zentimeter im Quadrat, hatte schwere eiserne Scharniere und einen noch schwereren Ring, an dem Pia sie mit einiger Mühe in die Höhe zog. Sie hatte eine Leiter oder Treppe erwartet, blickte aber nur in einen kaum kniehohen Keller, dessen Boden noch weit weniger appetitlich aussah als der hier oben.
    »Beeil dich lieber, Mädchen«, sagte Brack. »Sie sind gleich da.«
    Dass ließ sich Pia nicht zweimal sagen. Da sie keine Lust auf weitere sinnlose Diskussionen hatte, schubste sie Alica kurzerhand in den Kriechkeller hinab, sprang hinterher und presste ihr rein prophylaktisch schon wieder die Hand auf Mund und Nase, während sie mit der anderen nach der Klappe angelte und diese über sich zuzog.
    Keinen Moment zu früh. Sie schloss die Klappe nicht vollständig, sondern ließ sie einen halben Zentimeter weit offen, gerade genug, um durch den Spalt nach draußen spähen zu können, und kaum hatte sie es getan, wurde die Tür des Gasthauses aufgestoßen, und zwei schwere, mit zerschrammtem Metall beschlagene Stiefelpaare polterten herein.
    »Brack!«, sagte eine raue Stimme. »So spät noch Gäste?«
    »Mitnichten, Hauptmann«, antwortete Brack. Seine Stimme klang mit einem Mal vollkommen nüchtern. »Meine Cousins und ich sitzen hier nur noch ein bisschen beieinander.«
    »So spät in der Nacht?«
    »In der Tat, es ist spät geworden.« Sie konnte sehen, wie Brack aufstand und sich seine in Schnürsandalen steckenden Füße den beiden Stiefelpaaren näherten. »Wie die Zeit doch

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