Elfenglanz
und er strich vorsichtig mit dem Mund über ihren, wie er es so oft mit den Händen getan hatte. Laurel beugte sich vor, sie wollte mehr. Sie wollte ihm zeigen, dass es noch lange nicht genug war. Laurel schaltete alles aus, sie wollte nicht mehr lauschen, ob ihre Mutter oder Chelsea die Treppe hinunterkamen. Nichts zählte außer Tamanis Atem auf ihren Wangen.
Erst als das Telefon klingelte, wurde ihr die Welt wieder bewusst. Es klingelte weiter, doch sie musste erst mal Luft holen. »Das ist bestimmt David«, flüsterte sie.
Tamani strich langsam mit dem Daumen über ihre Unterlippe. Dann ließ er von ihr ab und widmete sich dem Teller mit Brokkoli, während Laurel nach dem Telefon griff.
»Laurel!« David klang noch ganz verschlafen. »Du bist zu Hause. Hast du verpennt? Soll ich hinfahren und deine Schicht übernehmen?« Sie hörte, wie er seinen Kram sortierte und wahrscheinlich gleichzeitig in Jeans und T-Shirt schlüpfte, damit er sofort losrennen und in Aktion treten konnte.
»Nein, es ist etwas Schlimmes passiert«, sagte Laurel ruhig. Danach hörte David ihr still zu, während sie ihm alles erklärte.
»Ich komme rüber.«
»Ich glaube, hier sind schon genug gestresste Leute«, widersprach Laurel.
»Soll ich etwa hier bleiben und nichts tun? Es würde mir guttun, wenn ich wenigstens bei dir sein könnte, für den Fall der Fälle. Geht das nicht?«
Laurel unterdrückte einen Seufzer. Sie wusste genau, wie er sich fühlte, und würde sich an seiner Stelle genauso verhalten. »Gut«, sagte sie, »aber komm einfach rein, ohne zu klingeln. Chelsea schläft noch und sie hat es echt nötig.«
»Mach ich. Und, Laurel? Danke.«
Laurel legte auf und drehte sich zu Tamani um. »Er kommt rüber.«
Tamani nickte und schluckte sein Gemüse hinunter. »Das habe ich mir schon fast gedacht.«
»Wer kommt rüber?«, fragte Laurels Mutter auf halber Treppe.
»David.«
Laurels Mutter seufzte leicht amüsiert und warf Tamani ein sauberes graues T-Shirt zu. »Ich muss schon sagen, ich weiß wirklich nicht, was der Junge seiner Mutter erzählt.«
Sieben
T amani biss die Zähne zusammen, als er das neue – und viel zu große – T-Shirt vorsichtig über die Verbände zog, die ihm Laurel in den letzten zehn Minuten angelegt hatte. David war da und saß mit Laurel auf dem Sofa, wo sie ihm alles noch mal von vorne erzählte. Tamani blendete ihre Stimme aus; er spielte die Ereignisse selbst noch einmal durch und überlegte, wie er sich besser hätte vorbereiten können.
Vor allem gegen Klea.
Seit Jahren hatte er außer gegen Shar keinen Nahkampf mehr verloren und es traf ihn fast mehr als die Verletzungen, die sie ihm zugefügt hatte, dass er gegen eine von Menschen ausgebildete Elfe verloren hatte – dabei taten seine Wunden schon weh genug.
Laurels Eltern hatten angeboten, nicht zur Arbeit zu gehen, doch Tamani hatte darauf bestanden, dass es besser wäre, wenn sie ihre Geschäfte öffneten und so taten, als wäre es ein ganz normaler Tag. Bevor Laurel es vorschlagen konnte, stellte Tamani jeweils sechs Wachposten zur Bewachung ihrer Eltern ab, und ihr dankbarer Blick war Belohnung genug.
»Und jetzt?«
Tamani schaute zum Sofa, als er merkte, dass David mit ihm redete.
»Wir warten darauf, dass Shar sich meldet«, antwortete Tamani mürrisch. »Silve ist mit einer Kompanie zu meiner Wohnung, um ihm gegen die Orks zu helfen. Sie sollten jeden Moment Entwarnung geben.«
»Und …« David zögerte. »Und wenn nicht?«
Darüber brütete Tamani bereits die ganze letzte Stunde. »Keine Ahnung.« Am liebsten hätte er gesagt, dass er dann Laurel an einen Ort bringen würde, wo niemand sie finden konnte – nicht einmal David – und bei ihr bliebe, bis sie in Sicherheit war. Das war der letzte Ausweg eines jeden Fear-gleidhidh. Doch Laurel hatte bereits beschlossen, nicht wegzulaufen, und Tamani sollte sie wahrscheinlich nicht vorwarnen, dass sie es möglicherweise doch tun würden, ob sie es wollte oder nicht.
»Das hört sich nicht gut an«, sagte David.
»Ich weiß«, erwiderte Tamani frustriert. »Auch hier sind wir nicht sicher, es ist nur im Moment besser als alles andere.« Aber wie lange noch? Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf David hinunter, der nach wie vor auf dem Sofa saß. »Möchtest du vielleicht gehen?«
David antwortete mit einem bösen Blick.
Tamanis Handy vibrierte in seiner Hand. Auf dem Display blinkte ein blauer Briefkasten und zeigte eine neue SMS an.
Von …
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