Elfenglanz
musst mir helfen, Tam«, flüsterte Shar. »Ich möchte, dass du …« Seine Stimme brach ab und Tamani hörte lautes Scharren, als würde Shar das Handy auf den Boden legen.
»Keine Bewegung oder ich werfe das Regal um.« Trotz eines leichten Echos war Shar gut zu verstehen. Die Freisprechfunktion ! Ein Lachen sprudelte in Tamanis Kehle und er musste sich auf die Lippe beißen, um es zu unterdrücken. Shar hatte sich genügend mit dem Handy beschäftigt, um es entsprechend zu benutzen, wenn es darauf ankam.
Dann sprach Klea, ein wenig dumpfer, aber laut genug, um sie verstehen zu können. »Ernsthaft, Hauptmann, ist das wirklich nötig? Du hast meinen Plan schon zur Genüge durcheinandergebracht, indem du die arme Yuki k.o. geschlagen hast.«
Eine Winterelfe k.o. geschlagen? , dachte Tamani stolz und zugleich ungläubig. Wie hat er das bloß wieder geschafft?
»Ich habe dich brennen sehen«, sagte Shar mit sengender Stimme. »Das Feuer war so heiß, dass sich drei Tage lang niemand in seine Nähe wagte.«
»Ein schönes Feuer gefällt jedermann, nicht wahr?« Sie machte sich über ihn lustig.
»Auf meine Anordnung hin wurde die Asche in der Akademie untersucht und es wurde zweifelsfrei bewiesen, dass eine Herbstelfe in diesem Feuer gestorben ist.«
»Wie schlau von dir! Darum habe ich meine Blüte zurückgelassen. Ich war mir sicher, dass ich euch nur mit einer frischen würde täuschen können.«
Laurel legte eine Hand auf Tamanis Arm. »Ist das …«
Tamani brachte sie sanft zum Schweigen, nahm das Handy vom Ohr und stellte es ebenfalls laut. Außerdem schaltete er für alle Fälle das Mikrofon aus.
»Wo hast du Yuki gefunden?«, fragte Shar laut und deutlich.
»Gefunden? Ach, Hauptmann, dafür braucht man doch nur ein einziges Samenkorn, wenn man sich geschickt anstellt. Mit den Stecklingen kam ich früher nur langsam voran, aber die Menschen haben in den letzten Jahrzehnten erstaunliche Fortschritte beim Klonen gemacht. Ich habe rasch herausgefunden, dass jeder Sprössling unabhängig vom Stammbaum seine eigene Bestimmung hat. Deshalb war es nur eine Frage der Zeit, bis ich eine Winterelfe gezüchtet hatte.«
»Und woher hattest du den Samen?«
»Das sollte ich dir lieber nicht verraten«, sagte Klea. »Aber es ist zu gut, um es für mich zu behalten. Ich habe ihn den Unseligen gestohlen.«
»Du gehörst selbst zu den Unseligen, vergiss das nicht.«
»Wirf mich ja nicht mit diesen übergeschnappten Fanatikern in einen Topf!«, fauchte sie ihn an. »Woher die Unseligen den Samen hatten, habe ich allerdings nie herausgefunden. Es spielt aber auch keine Rolle. Eine von ihnen hat mich sogar gesehen, als ich gerade damit verschwinden wollte. Die war vielleicht wütend!«, zischte Klea leise. »Aber das kennst du ja von ihr, Shar de Misha.«
Tamani schloss die Augen, weil er es seinem Freund nachfühlen konnte, der gerade erfahren hatte, was seine Mutter so lange vor ihm geheim gehalten hatte – ein Geheimnis, das so viele Leben kostete. Shar antwortete erst nach einer langen Pause. »Du hast ganz schön viele Fläschchen gehortet. Erzähl mir doch wenigstens, wofür ich hier mein Leben lasse. Das bist du mir schuldig.«
»Ich schulde dir höchstens eine Kugel in den Kopf.«
»Wenn du mich sowieso umbringst, kann ich auch das Regal umwerfen«, sagte Shar.
Während er Klea ein Stichwort nach dem anderen und schließlich den letzten Köder hinwarf, spürte Tamani Laurels Blick, aber er hatte jetzt keinen Sinn für ihre stillschweigende Verständigung. Er zwang sich, mit voller Konzentration zuzuhören und ruhig zu atmen, solange das Handy auf seiner ausgestreckten Hand lag.
Klea zögerte. »Wie du willst. Glaub ja nicht, ich würde dich verschonen. Ich habe viel Zeit in ihre Herstellung investiert und würde sie ungern verlieren, aber das ist nur die letzte Lieferung. Das Meiste wurde bereits verteilt.«
»Machst du damit die Orks gegen unser Gift immun?«
»In Avalon behandelt ihr die Kranken. Hier haben die Menschen gelernt, Krankheiten im Vorhinein zu verhindern. So ähnlich funktioniert das Serum auch. Wie eine Schutzimpfung. Also ja, es macht sie immun.«
»Immun gegen Elfenmagie, meinst du. Gegen Herbstmagie.«
Tamani hatte das Wort Impfung noch nie gehört, aber er konnte sich nur zu gut denken, was es bedeutete. Klea machte ein ganzes Orkrudel gegen Herbstmagie immun. Die ganzen Probleme, die sie in den letzten Jahren gehabt hatten – der Pfeil, der vor zwei Jahren keine Wirkung auf
Weitere Kostenlose Bücher