Elfenglanz
sich von David los und kauerte sich neben Jamison. Sie legte beide Hände auf die Brust des alten Elfs – und zu ihrem großen Erstaunen hoben und senkten sie sich. Laurel konnte es kaum fassen, als ihre Hände sich nochmals hoben und senkten.
Jamison lebte!
Laurel riss an Tamanis Arm, nahm seine Hand und legte sie auf Jamisons Brust. Vor Erleichterung ließ Tamani die Schultern nach vorn sinken.
Sie schlossen daraus, dass das Gas nicht tödlich war und die meisten Elfen, die wie tot am Boden lagen, am Leben waren – doch die Frage war: Wie lange noch?
Als sie schwere Schritte im dichten Gras hörten, wurde ihnen wieder bewusst, dass die Zeit knapp war. Laurel spähte durch den Rauch. Sie sah nur Schatten, doch an den unförmigen Figuren erkannte sie schnell, dass es sich nicht um Elfen handelte. Die nächste Angriffswelle rollte an. Das Schlafgas sollte nur dafür sorgen, dass die Orks erneut im Vorteil waren.
Nach einer raschen, um Hilfe bittenden Geste zu Chelsea drehte Tamani Jamison auf den Rücken. Dann zogen sie ihn zu den Holztoren am Garteneingang. Je näher sie der Mauer kamen, umso mehr lichtete sich der Nebel, und als sie das schwere Holztor hinter sich ließen, konnte sie wieder klare Luft atmen.
»Zielen!« Es war ein leiser Ruf – die Elfen hatten die Orks entdeckt und hofften, sie zu überrumpeln.
»Keine Pfeile!«, rief Tamani mit dem ersten Atemzug.
Die Wächterin, der die Bogenschützen oben auf der Gartenmauer unterstanden, sah zu ihm hinunter. »Im Garten können wir nicht gegen sie kämpfen! Wir sehen sie nicht einmal richtig! Diesmal werden sie die Mauern einrennen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als möglichst viele Pfeile in möglichst kurzer Zeit auf sie abzuschießen.«
»Das ist Schlafgas«, entgegnete Tamani. »Alle, die es eingeatmet haben, sind außer Gefecht, aber sie leben noch. Wenn ihr jetzt das Feuer eröffnet – noch dazu blind – tötet ihr genauso viele Elfen wie Orks. Wir müssen uns zurückziehen und eine bessere Verteidigungsposition einnehmen.«
Die Kommandeurin der Wachposten schloss kurz die Augen und presste die Lippen aufeinander. »Wir werden unseren Posten nicht verlassen«, beharrte sie. »Ich muss mir etwas überlegen.« Kurz darauf eilte sie zu dem nächsten Bogenschützen und erklärte ihm ihren neuen Abwehrplan.
Laurel konnte nur hoffen, dass er gut war.
»David?«
Chelsea klang sehr besorgt. David starrte auf seine freie Hand, die blutrot war, und drehte sie hin und her. Auch seine Kleidung war blutig, und er befühlte vorsichtig sein Gesicht, das mit braunrotem, geronnenem Blut befleckt war.
»David?«, sagte Chelsea noch einmal, als sein Blick ins Leere ging und er eine Hand auf die Stirn legte.
Er reagierte überhaupt nicht.
»David!«, rief Laurel scharf.
Diesmal hob er den Kopf und Laurel erschrak über seinen entsetzten Blick. »Laurel, ich … ich …«
Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und zwang ihn, sie anzusehen. »Alles in Ordnung. Bald geht es dir wieder gut«, sagte sie. Offenbar hatte er jetzt erst begriffen, was er getan hatte. Es dauerte noch ein wenig, doch dann wurde sein Blick ruhiger. Laurel wusste, dass er seinen Schrecken verdrängte – damit musste er sich später auseinandersetzen –, weil es im Moment nicht anders ging. Nach einem tiefen Atemzug hob er das Schwert wieder hoch und bezog am Eingang des Gartens seinen Posten.
Laurel wandte sich wieder Tamani zu, der Jamison auf dem Boden ausgestreckt hatte und an seinen Lippen lauschte. »Er ist wirklich ohnmächtig. Womit könnten wir ihn bloß wecken?«
»Wir müssen uns zur Akademie durchschlagen«, sagte Laurel. Dort konnte sicher jemand Jamison aufwecken. Ich hätte meine Ausrüstung mitnehmen sollen , dachte sie kläglich. Dann fiel ihr noch etwas anderes ein. »Sie wissen noch nicht, dass die Orks immun sind! Falls diese Ungeheuer sich zu ihnen durchschlagen, sind sie in der Akademie ganz und gar hilflos!« Als sie daran dachte, welchen Schaden auch nur ein gegen alle Elixiere immuner Ork in der Akademie anrichten konnte, erschrak sie fürchterlich. Geschweige denn ein ganzer Trupp …
»Da sind sie nicht die Einzigen«, sagte Tamani grimmig. »Wir müssen sofort los!« Laurel klammerte sich an Tamanis Hemdsärmel. »Wir müssen zur Akademie und sie warnen! Dort finden wir sicherlich auch jemanden, der Jamison wecken kann.«
»Dafür haben wir keine Zeit!«, stöhnte Tamani. »Und überhaupt keine Deckung. Wenn wir Jamison den Hügel
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