Elfenglanz
hinaufschleppen, kann uns jeder Ork, der durchkommt, mühelos erwischen. Selbst wenn wir es bis zur Akademie schaffen – du hast vollkommen recht, sie sind hilflos. Wir können es nicht riskieren, Jamison zu verlieren. Für ihn wäre es am sichersten, wenn wir ihn ins Frühlingsviertel bringen. Dort sind Wachposten und jede Menge Ingredienzien, mit denen du probieren könntest, ihn …«
»Danke für dein Vertrauen«, erwiderte Laurel ruhig und fragte sich gleichzeitig, ob Tamani nicht verzweifelt versuchte, mit dieser Maßnahme vor allem sie zu beschützen. »Wenn jemand Jamison wecken kann, dann Yeardley. Und auch wenn er es nicht schafft, muss sie doch jemand warnen!«
»Alle meine Männer sind da vorne!«, zischte Tamani und zeigte in den grünen Dunst, der über dem ummauerten Garten hing. »Und die Wachposten, die noch hier sind, weigern sich, zurückzuweichen. Wir können niemanden schicken. Es sei denn …« Er brach ab und sah Chelsea an. »Du bist schnell«, sagte er.
»Nein«, sagte Laurel leise.
»Chelsea«, sagte Tamani und sah ihr in die Augen. »Ich möchte, dass du ganz schnell rennst.«
Chelsea nickte. »Darin bin ich gut.«
»Den Weg da hoch zu dem großen grauen Gebäude rechts, das mit blühenden Ranken bedeckt ist. Direkt durch das erste Tor zum Vordereingang. Wenn du schnell bist – schneller als du je im Leben gelaufen bist –, kannst du sie retten.«
»Nein«, sagte Laurel lauter.
»Sag ihnen das mit der Immunität und hilf ihnen, alle Eingänge zu verbarrikadieren, möglichst hoch und stabil. Ach, und die Fenster, die müssen auch verriegelt werden. Sie sind schlau – so wie du –, ihr schafft das schon.«
»Ich mach’s!«, sagte Chelsea und richtete sich aus der Hocke auf.
»Nein!«, sagte Laurel und spürte David dicht hinter sich.
»Sie kann nicht allein gehen«, sagte David und schwang das Schwert.
»Es geht nicht anders«, widersprach Tamani. »Ich brauche dich hier zu Jamisons Schutz und ich brauche Laurel, um ihn aufzuwecken. Die Königin wird uns erst helfen, wenn es zu spät ist. Wir können nur mit Jamison gewinnen. Er darf nicht sterben.«
»Ich ziehe das durch«, sagte Chelsea und sah Laurel und David entschlossen an. »Fällt euch noch etwas Hilfreiches ein? In zehn Sekunden bin ich weg.«
»Frag dich zu Yeardley durch«, sagte Laurel, die kaum glauben konnte, dass diese Worte wirklich aus ihrem Mund kamen. »Und zu Katya. Sag ihnen, ich hätte dich geschickt, dann hören sie zu.« Sie zögerte. »Verrate niemandem, dass du ein Mensch bist.« Wie schrecklich, dass ihr die Wahrheit schaden könnte! Hoffentlich merkten sie es in dem Tumult nicht von selbst.
Chelsea nickte und warf einen Blick auf den Hügel. »Achtung. Fertig«, flüsterte sie. »Los.«
Laurels Kinn zitterte, als sie zusah, wie ihre beste Freundin einsam und allein den breiten Hügel hinauflief. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir ihren Tod je verzeihen könnte«, sagte Laurel.
Tamani schwieg lange. »Ich weiß.«
Zwölf
I ch nehme Jamison«, sagte Tamani. Chelsea war wirklich sehr schnell und das ließ ihn hoffen, doch er konnte keine Sekunde mehr an sie verschwenden. »Wir umrunden das Frühlingsviertel durch die Bäume, damit wir uns möglichst lange verstecken können. Dann gehen wir zu meiner Mutter. Ich hoffe, dass ihr gemeinsam etwas findet, was ihm hilft – meine Mutter mit ihren gartentechnischen Erfindungen und du mit deinen Mixturen.« Mit Laurels Hilfe legte er sich Jamison über die Schultern. »Laurel, du folgst mir, David, du sicherst hinten.«
Als sie Richtung Frühlingsviertel gingen, fragte Tamani sich nicht zum ersten Mal, ob es nicht doch besser wäre, auf dem Hauptweg zu bleiben. Aber sie hatten ja gesehen, wie schnell die Orks das Tor überrannt hatten, und beim nächsten Mal war keiner mehr da, der sie zurückdrängen würde. Die restlichen Wachposten konnten sie möglicherweise noch ein wenig länger in Schach halten, aber Tamani war nicht sonderlich optimistisch, und wenn der Garten erst mal in feindliche Hände gefallen war, würde Klea wahrscheinlich direkt danach die Hauptwege überwachen lassen. Solange er Jamison trug, konnte er nicht einmal rennen. Das bedeutete, dass sie über die schmaleren Wege abwärts gehen mussten, auf denen er als Setzling gespielt hatte.
Er verdrängte den Gedanken an die Wachposten, die er zurückgelassen hatte. Sie waren zum Tode verurteilt.
Sie opfern sich für das Allgemeinwohl , sagte er sich immer wieder, während sie sich
Weitere Kostenlose Bücher