Elfenglanz
der rechten Seite stützte.
»Es fühlt sich seltsam an, dass Klea tot ist«, räumte Laurel ein, als sie langsam den Weg hinuntergingen. »Ich habe mir solche Mühe gegeben, sie zu durchschauen und mich vor ihr in Sicherheit zu bringen … und das, wie mir scheint, über ein Jahr.«
»Ich wünschte, es wäre anders für sie ausgegangen«, gestand Jamison.
»Es hat mir keinen Spaß gemacht, mich in sie hineinzuversetzen, aber nur deshalb ist mir die letzte Zutat überhaupt eingefallen«, sagte Laurel.
»Das liegt daran, dass sie einen brillanten Verstand hatte. Und, was vielleicht noch wichtiger ist, sie war für alles offen. Sie war auf eine Weise bereit, Fragen zu stellen und Antworten nachzujagen, die anderen Elfen im Traum nicht einfiele. Am Ende war es ihr Untergang, doch gleichzeitig auch ihre Erlösung.«
»Du hast einmal zu mir gesagt, ich könnte so gut werden wie jemand, dessen Namen du nicht nennen wolltest. Hast du da an sie gedacht?«
»Das ist richtig. Ich habe in den letzten fünfzig Jahren oft an sie gedacht, und daran, was Avalon an ihr verlor, als wir sie verbannten.«
Laurel zögerte und platzte dann heraus. »Wie kannst du nach dem, was sie uns angetan hat, von ihren Fähigkeiten sprechen? Wenn ich an Klea denke, sehe ich nur Tod und Elend.«
David drückte mitfühlend ihren Arm.
»Dann überleg mal, wie oft sie deine Familie und deine Freunde gerettet hat.«
»Wir waren nie wirklich in Gefahr«, widersprach Laurel, die in Gedanken bei der Nacht war, in der sie Klea erstmals begegnet waren. In jener Nacht hatte sie sie zum ersten Mal ›gerettet‹. »Sie hat uns schließlich die Orks überhaupt erst auf den Hals gehetzt. Das zählt nicht. Und auch vor Barnes hat sie uns nur gerettet, weil sie die Kontrolle über ihn verloren hatte.«
»Ist das so? Dabei hast du mir selbst erzählt, dass sie behauptet hatte, die besten Gifte und Gegengifte herzustellen. Ich liege doch nicht falsch in der Annahme, dass der Heiltrunk, den ich dir gab, deinem Vater das Leben gerettet und einigen deiner Freunde gelegentlich sehr geholfen hat.«
Laurel schnappte nach Luft, als sie an das blaue Fläschchen dachte, das zu Hause in ihrer Ausrüstung lag. »Der ist von ihr?«
Jamison nickte. »Ich habe in meinem Leben nur wenige wirklich schlechte Keimlinge gesehen. Auch wenn einige aus Neid, Gier oder selbstsüchtigem Stolz handelten, waren sie dennoch fähig zu lieben. Am Ende hat sogar Yuki zurückgefunden. Es tut mir leid, dass es Callista nicht gelungen ist, aber ich glaube immer noch, dass auch in ihr früher einmal etwas Gutes schlummerte.«
»Ja. Mhm.« Jamison hatte Laurel nicht überzeugen können. Nachdem Tamani beinahe vor ihren Augen gestorben wäre, ließ sie endgültig kein gutes Haar mehr an Klea.
Jamison schwieg. »Ich weiß nicht, ob ich noch hier bin, wenn du das nächste Mal nach Avalon kommst«, sagte er schließlich.
»Jamison …«
Er unterbrach sie. »Bitte.« Seine Miene war ungewohnt ernst. »Es ist wichtig. Sehr, sehr wichtig.« Er hielt inne und blickte sich verschwörerisch um. Dann nahm er Laurels Hände in seine und sah ihr in die Augen. »Es ist über fünfzig Jahre her, seit wir beschlossen, ein Pfropfreis in die Menschenwelt zu bringen und unseren Plan umzusetzen. Ich hatte meine Zweifel. Die Zeit war noch nicht reif. Cora würde bald dahinwelken und ich merkte bereits, was für eine Königin Marion sein würde. Doch ich wurde überstimmt. Viele Jahre später wurde uns dann eine frische Winterelfe gebracht, die gerade gekeimt war.«
Jamison legte väterlich den Arm um Yasmine, die hochblickte und ihn anlächelte.
»Ich sah auf diese winzige Winterelfe hinab – die nie herrschen sollte, weil sie nur wenig jünger war als Marion – und bedauerte es, dass ihr Potenzial verschwendet werden würde. Es war genau wie bei Callista. Und in dem Augenblick wusste ich, dass ich das nicht noch einmal zulassen durfte. Nur wenige Tage später wurden mir endgültig die beiden Kandidaten für das menschliche Pfropfreis präsentiert.«
»Mara und ich?«, fragte Laurel. Jamison nickte.
»Da merkte ich, dass ich eine der beiden jungen Mixerinnen kannte. Ich hatte sie oft in der Akademie gesehen, wenn die Gärtnerin sich um den Wintersetzling kümmerte. Die kleine Mixerin war mit dem Sohn der Gärtnerin eng befreundet.«
»Tamani?«, flüsterte Laurel.
»Ich begriff, dass darin die Lösung lag. Ein Pfropfreis – ein gutes, freundliches Pfropfreis, das jemanden in Avalon hatte, der es
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