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Elfenherz

Titel: Elfenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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Tageslicht bemerkte sie die abgenutzten Schuhsohlen, die Flecken auf seiner Jeans und die Muskelstränge auf seinen dünnen Armen.
    »Ich habe meinen...«, setzte sie an, überlegte es sich aber anders. »Egal.«
    »So ist Lolli eben«, sagte Dave traurig lächelnd. Er sah Val nicht in die Augen, sondern konzentrierte sich auf den Bürgersteig. »Die ändert sich nie.«
    Val schaute sich um. Auf der anderen Straßenseite befand sich ein großes Gebäude, während Dave und sie auf einem Betonplatz standen, mit einem ausgetrockneten Teich und einem verlassenen Einkaufswagen. »Warum sind wir nicht gleich auf diesem Weg zum Bahnsteig eingestiegen?«
    Die Frage war Dave unangenehm, er schwieg einen Augenblick. »Na ja, im Finanzdistrikt ist freitags um fünf eine Menge los, samstags dagegen ist hier tote Hose. Es ist nicht so toll, von unten auf den Bürgersteig zu kommen, wenn tausend Leute um dich rumstehen.«
    »Sonst noch was?«, fragte Val.
    »Außerdem hab ich dir nicht getraut«, erwiderte Dave.
    Val wollte lächeln, weil das wohl hieß, dass er ihr jetzt ein bisschen mehr traute, aber sie stellte sich vor, was geschehen wäre, wenn er irgendwo auf dem Weg durch die Tunnel beschlossen hätte, ihr doch nicht zu trauen.

    Val durchwühlte eine Mülltonne. Sie würgte immer noch bei Essensgeruch, aber nachdem sie schon zwei Container hinter sich hatte, gewöhnte sie sich langsam dran. Sie schob haufenweise geschreddertes Papier beiseite, fand aber nur ein paar Bretter voller Nägel, leere CD-Hüllen und einen kaputten Bilderrahmen.
    »Hey, guck mal hier!«, rief Dave von der nächsten Mülltonne. Als er auftauchte, trug er eine dunkelblaue Cabanjacke, deren linker Ärmel leicht eingerissen war, und hielt eine Styroporpackung hoch, in der offenbar jemand Linguini mit Alfredosoße transportiert hatte. »Willst du?«, fragte er, nahm einen Haufen Nudeln und ließ sie in seinen Mund fallen.
    Val schüttelte angeekelt den Kopf, musste aber lachen. Zahlreiche Fußgänger mit Kuriertaschen und Aktenkoffern waren unterwegs auf dem Heimweg. Sie schienen Val oder Dave gar nicht wahrzunehmen, als wären sie unsichtbar, Teil des Mülls, in dem sie wühlten. Val hatte so was schon mal gelesen und im Fernsehen gesehen. Angeblich sollte man sich dann klein fühlen, aber Val fühlte sich befreit. Keiner schaute sie an oder bewertete sie nach ihren Anziehsachen oder ihren Freunden. Sie sahen sie überhaupt nicht.
    »Ist es nicht schon zu spät, um etwas Wertvolles zu finden?«, fragte Val und sprang auf den Bürgersteig zurück.
    »Stimmt, morgens ist es am besten. Um diese Zeit wird an Werktagen nur Büroabfall weggeworfen. Wir prüfen die Lage und kommen dann gegen Mitternacht wieder, wenn
die Restaurants das altbackene Brot und Gemüse wegwerfen. In der Morgendämmerung kann man dann wieder in die Wohngegenden ziehen - da müssen wir sein, bevor die Müllwagen kommen.«
    »Das machst du doch nicht etwa jeden Tag, oder?« Val sah Dave ungläubig an.
    »Irgendwo ist immer Mülltag.«
    Sie musterte einen Haufen zusammengebundener Zeitschriften. Bis jetzt hatte sie noch nichts Wertvolles gefunden, das sie hätte mitnehmen wollen. »Wonach suchen wir genau?«
    Dave aß die letzten Linguini und warf die Packung in die Mülltonne zurück. »Pornos sind gut, die wird man immer los. Und alles, was gut aussieht, würde ich sagen. Wenn du es gut findest, finden andere das wahrscheinlich auch.«
    »Wie wäre es damit?« Sie zeigte auf das verrostete Kopfteil eines Betts, das an einer Mauer der Gasse lehnte.
    »Also«, antwortete Dave, als ob er etwas Nettes sagen wollte, »wir könnten es an einen dieser kleinen Edelläden verscheuern - die malen so altes Zeug an und verkaufen es für viel Geld weiter -, aber sie würden nicht so viel dafür rausrücken, dass es die Mühe lohnen würde.« Er blickte in den dunkler werdenden Himmel. »Mist. Ich muss noch was abholen, bevor es dunkel wird. Vielleicht muss ich auch noch was abliefern.«
    Val hob das verrostete Bettkopfteil hoch. Der Rost rieselte auf ihre Hände, aber es gelang ihr, das gusseiserne Ding auf ihren Schultern ins Gleichgewicht zu bringen.
Dave hatte recht, es war schwer und sie setzte es wieder ab. »Was musst du abliefern?«
    »Hier, sieh mal!« Dave ging in die Hocke und hievte eine Kiste mit Romanen aus der Tonne. »Das könnte was bringen.«
    »Ach ja?« Vals Mutter las Romane und sie hatte schon viele dieser Cover gesehen: eine Frau, die sich in der Umarmung eines Mannes nach

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