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Elfenherz

Titel: Elfenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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gefertigt war, rau und moosig. Er hatte das Glasschwert gegürtet, das bei ihm flüssig wirkte, wie Wasser in einer ihm fremden Form.

    »Er war mein erster und bester Freund am Seligen Hof. Ihm war es egal, dass ich nicht an das Tageslicht konnte. Er besuchte mich in der Dunkelheit und erzählte mir lustige Geschichten, die sich am Tage ereignet hatten.« Ravus runzelte die Stirn. »Ich weiß gar nicht, was er an mir fand.«
    »Das Glasschwert gehörte also ihm?«
    »Ein so feines Ding ist nichts für mich«, sagte Ravus. Neben Tamson erschien noch eine nebelhafte Gestalt. Diesmal kam sie Val vage vertraut vor, aber sie brauchte einen Moment, bis sie sie erkannte. Das braune Haar der Elfe war mit Grün durchzogen wie der Blätterteppich eines Waldes und unter dem Rocksaum stand sie auf Ziegenfüßen. Sie sang eine Ballade und ihre volle, kehlige Stimme verhieß große Versprechungen. Der Troll zeigte auf sie: »Mabry. Tamsons Geliebte.«
    »Warst du auch mit ihr befreundet?«
    »Sie hat es versucht, glaube ich, aber man kann mich ja kaum ansehen.« Der hervorgezauberte Tamson legte Mabry eine Hand auf den Arm und sie drehte sich zu ihm, unterbrach das Lied für eine innige Umarmung. Über ihre Schulter hinweg bohrte sich der Blick von Tamsons Rauchbildnis wie brennende Kohlen in den seines ehemaligen Freundes.
    »Er redete ständig von ihr.« Ein Lächeln erschien auf Ravus’ Gesicht.
    Der nebelhafte Tamson sprach: »Ihr Haar hat die Farbe des Weizens im Hochsommer, ihre Haut die Farbe von Knochen, die Lippen sind rot wie Granatäpfel.«

    Val fragte sich, ob Ravus dieser Beschreibung zustimmen würde. Sie biss sich in die Wange.
    »Er wollte ihr imponieren«, sagte Ravus. »Er bat mich darum, sein Partner zu sein, damit er beim Duell angeben konnte. Ich bin groß und kann wohl gefährlich aussehen.
    Die Herrin des Seligen Hofes mag von allen Sportarten Schwertkämpfe am liebsten. Sie veranstaltet sogar Wettkämpfe, wo das Volk seine Geschicklichkeit beweisen kann. Ich war neu bei Hofe und wollte mich nicht gern messen. Ich hatte mehr Freude an meiner Arbeit, an der Alchemie.
    Es war heiß in jener Nacht; daran erinnere ich mich gut. Ich dachte an Island, an die kühlen Wälder meiner Jugend. Mabry und Tamson stritten sich die ganze Zeit. Ich hörte, wie er sagte: ›Ich habe dich mit ihm gesehen‹.
    Ich wünschte, ich wüsste, wen oder was Tamson da gesehen hatte, obwohl ich es mir fast denken kann.« Ravus drehte sich zu den verhängten Fenstern um. »Wir Elfen sind für halbe Sachen nicht zu haben. Wir können sehr kapriziös sein. Jedes Gefühl ist ein Trank, den man bis zum letzten Schluck genießen will, doch manchmal glaube ich, dass wir das Saure so sehr mögen wie das Süße. Es war unsinnig vom Hellen Hof, Mabry zu verbieten, mit einem anderen zu tändeln, nur weil sie mit Tamson verbunden war und er sie liebte.«
    »Tamsons Rüstung bestand aus Rinde, die durch Zauberei härter war als Eisen.« Er hörte auf zu reden, schloss die Augen und sprach weiter: »Er war ein besserer Schwertkämpfer
als ich, aber er war abgelenkt, und ich griff als Erster an. Das Schwert - es glitt durch die Rinde wie durch Papier.«
    In der verzauberten Kerze sah sie den Hieb. Die Rüstung bröckelte von der Klinge, Tamsons überraschter Blick und Mabrys Schrei, der die Luft zerschnitt, hoch und spitz, als hätte sie bereits einen Moment vor den anderen begriffen, was geschehen war. Selbst in der verzauberten Präsentation durchdrang ihr Schrei den staubigen Raum.
    »Wenn ich kämpfe, kämpfe ich wie ein Troll - dann weiß ich nicht wohin vor Wut. Ein anderer hätte vielleicht verhaltener zugeschlagen, ich konnte das nicht. Ich hielt noch immer das Heft meines Schwertes fest, als wäre es in meine Hand geschweißt, als könnte ich es unmöglich loslassen. Die Klinge sah aus, als wäre sie rot angemalt.
    Warum sollte er seine eigene Rüstung entzaubern?« Als Ravus Val ansah, dachte sie einen Augenblick lang, er würde wirklich eine Antwort erwarten. Dann wandte er den Blick ab und schaute ins Leere. Das Ebenbild Tamsons verschwand. »Und doch muss er es getan haben. Niemand hatte Grund, ihm Böses zu wünschen.« Ravus Stimme war tief und schroff. »Ich wusste, dass es ihm nicht gut ging - das sah ich seinem Gesicht an. Ich dachte, es würde vergehen, wie alles vergeht... und ich war insgeheim froh, dass Mabry ihn enttäuscht hatte. Ich hatte seine Kameradschaft vermisst. Ich dachte, er würde wieder mir gehören. Dieses

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