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Elfenherz

Titel: Elfenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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Plastikvorhang und raste die Treppe hinunter. Sie erreichte die Mauer und drängte über die Schwelle auf die Straße. Die kalte Luft brannte auf ihrem heißen Gesicht, aber sowohl Mabry als auch die Kutsche waren verschwunden.
    Alles und jedes hatte sich so verrückt verdreht, war so schwindelerregend außer Kontrolle geraten, dass sie nichts tun konnte. Es gab keine Lösung. Es gab keinen Plan.
    Das Einzige, worüber sie eine gewisse Macht hatte, war sie selbst. Sie konnte diesen Ort verlassen, wieder weglaufen, immer wieder, bis sie so kalt und abgestumpft war, dass sie nichts mehr spürte. Immerhin wäre sie es, die diese
Entscheidung träfe, sie hätte die Kontrolle. Sie müsste nicht mitansehen, wie Ravus starb.
    Dort, auf dem Bürgersteig hockend, würgte sie an tränenlosen Schluchzern. Es war, wie wenn man sich übergeben muss, aber nichts mehr im Magen hat. Sie grub die Nägel in ihr Handgelenk, bis der Schmerz sie wieder zu sich brachte und sie sich zwingen konnte, wieder die Treppe hochzugehen, ohne zu schreien.
    Luis kniete neben Ravus, ihre Hände fest verschränkt.
    »Einen Strang Amaranth«, sagte der Troll heiser, und eine rote Blase bildete sich auf seinen Lippen. »Den Schlaf eines Kindes, den Duft des Sommers. Webe sie in eine Krone für deinen Bruder und setze sie ihm eigenhändig auf den Kopf.«
    »Ich weiß nicht, woher ich diese Dinge bekommen soll«, sagte Luis mit brechender Stimme.
    Val starrte sie beide an, dann die Wand und die staubigen Vorhänge. »Verzeih mir«, sagte sie.
    Ravus drehte seinen Kopf zu ihr, aber sie konnte seine Antwort nicht abwarten. Sie riss die Vorhänge herunter und Licht durchflutete den Raum. Staubkörnchen tanzten in der Luft.
    »Was machst du denn da?«, schrie Luis.
    Ohne zu reagieren, rannte Val zum nächsten Fenster.
    Ravus stützte sich auf einen Ellbogen. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, aber seine Haut war schon grau geworden, sein Mund erstarrte, leicht geöffnet, die Worte erstickt. Er wurde zu Stein, eine Statue von der Hand
eines irren Bildhauers. Das verschmierte Blut wurde zu Schutt.
    Luis rannte zu ihr, als sie weitere Vorhänge herunterholte. »Bist du verrückt geworden?«
    »Wir brauchen Zeit, um Mabry aufzuhalten«, rief Val zurück. »Er stirbt nicht, solange er aus Stein ist. Er stirbt erst bei Einbruch der Abenddämmerung.«
    Luis nickte langsam. »Ich dachte, ich könnte... an den Sonnenschein hab ich nicht gedacht.«
    »Ravus kann die Krone für Dave selbst weben, wenn er wieder aufwacht. Das war es doch, worum du ihn gebeten hast, oder?« Val hob Tamsons Schwert auf, das in der Sonne so hell strahlte, dass sie es nicht direkt ansehen konnte. Sie hielt das Heft in beiden Händen. »Wir finden Mabry und retten sie beide.«
    Luis trat einen Schritt zurück. »Ich dachte, Zauberschwerter zerbrechen nicht.«
    Val setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und legte das Schwert auf ihre Knie. Der Bruch war unter dem Glas zu sehen, aber als sie über die Oberfläche strich, war sie ganz glatt.
    »Mabry hat etwas darüber gesagt, dass sie als Agentin am Unseligen Hofes arbeitet.«
    »Eine Doppelagentin.« Luis drehte beim Nachdenken die Kugel seines Lippenrings zwischen Daumen und Zeigefinger. »Und sie hat Gift gesucht.«
    »Die Elfen im Park sagten, Silarial vom Seligen Hof wäre gekommen, um Mabry zu treffen. Sie dachten,
Mabry hätte Beweise. Vielleicht haben sie einen Deal abgeschlossen?«
    »Einen Deal, bei dem sie jemanden vergiftet?«
    »Moment«, sagte Val. »Wenn Silarial wusste, dass Mabry hinter den Giftmorden an den vom Seligen Hof Verbannten steckt, dann hatte sie sie voll in der Hand. Mabry müsste alles tun, was Silarial verlangte, um ihre Haut zu retten. Dafür würde sie sogar an ihren eigenen Hof zurückkehren und jemanden umbringen.«
    »Mein Bruder hat sie vergiftet, stimmt’s?«, fragte Luis.
    »Was?«
    »Das war der Deal, das, was er für Mabry getan hat. Er hat all diese Elfen vergiftet, damit es so aussah, als stecke Ravus hinter den Morden. Im Gegenzug hat sie mich in ihrem Haus festgehalten. Das hast du damit gemeint, als du sagtest, Mabry würde hinter den Morden stecken. Du meinst, sie hat es eingefädelt, aber jemand anderer war für das Vergiften zuständig.«
    »Das habe ich nicht gemeint. Wir wissen es nicht.«
    Luis sagte nichts.
    »Wieso interessiert dich das überhaupt?« Vor lauter Angst und Frustration wurde sie schrill. »Ich hätte nicht gedacht, dass du das Töten von Elfen besonders schlimm

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