Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
Vom Netzwerk:
und nach Hause gebracht hatte, wie sie sich in eine Elfe verwandelt und wie ihr Ziehvater darauf reagiert hatte, bis hin zu dem Punkt, dass sie nun in Brocéliande weile, um ihre Herkunft zu klären.
    «Ihr denkt also, Ihr hättet in letzter Zeit Eure Suche vernachlässigt?»
    Seine Miene war streng und Frédéric überlegte kurz, ob es ratsam war, vor ihm niederzuknien, um Reue zu zeigen. Aber hatte er denn wirklich einen Fehler begangen? Hätte er Aliénor einfach ihrem Schicksal überlassen sollen? Er hob gerade an, dem Hüter seinen Standpunkt zu erklären, als sein Blick jede Erwiderung im Keim erstickte.
    «Manchmal erfordern Situationen ein Handeln, das mit einer anderen Aufgabe im Widerspruch zu stehen scheint. Ihr seid Eurem inneren Ruf und dem Bedürfnis zu helfen gefolgt und habt das Elfenkind gerettet. Denkt Ihr, das ist ohne Grund passiert?» Seine Miene entspannte er sich. «Ein Kontakt zwischen unseren Spezies dürfte zur Lösung der Prophezeiung unerlässlich sein, das ist uns beiden doch schon länger klar. Ihr seid einer der wenigen Vampire, die bereit sind, mit den Elfen auch nur zu reden. Warum denkt Ihr, habe ich Euch zum Sucher berufen? Gebt zu, es ist nicht wirklich eine Rolle, in der Ihr Euch wohl fühlt. Versteht also, dass wir alle unsere Aufgabe auf unsere eigene Art erfüllen müssen.»
    Was wollte ihm der Hüter sagen? Dass es seine Aufgabe war, zu den Elfen zu gehen? Das würde bedeuten, Aliénor wiederzusehen. Bei dem Gedanken fing Frédérics Herz an schmerzhaft zu pochen. Niemals hätte er vermutet, dass Aliénor ihm schon bald so schmerzlich fehlen würde. Manchmal hatte er das Gefühl, er halte es keine Stunde länger ohne sie aus und der Gedanke, sie möglicherweise nie wiederzusehen, war unerträglich.
    «Sie scheint Eurem Herzen im Übrigen nicht gleichgültig zu sein», fuhr der Hüter fort.
    Frédéric brauchte einige Sekunden um zu begreifen, was er da gerade gehört hatte. Es war sonst gar nicht die Art des Hüters, über Gefühle zu reden. Ganz im Gegenteil, er war ein Verfechter alter Sitten und hielt es für Schwäche, Emotionen offen zur Schau zu stellen.
    Dennoch wurde der Blick des Hüters mild, als weitersprach. «Ihr müsst nicht gegen Eure Gefühle ankämpfen, Bonville. Ich weiß, dass Ihr das Schwert willentlich und aus eigener Entscheidung zur Seite gelegt habt. Jetzt ist es an der Zeit, es wieder aufzunehmen. Folgt Eurer Bestimmung. Schützt das Elfenkind. Ihr Leben ist sehr wertvoll.»
    Frédéric war für einen Moment sprachlos. Konnte es wirklich sein, dass der Hüter alles vorhergesehen und geplant hatte?
    Als wollte er diese Frage beantworten, nickte der Hüter, und Frédéric glaubte fast so etwas wie Belustigung in seinen Augen aufblitzen zu lassen. «Ich weiß, Ihr liebt es, meine Entscheidungen zu hinterfragen, Bonville.» Frédéric setzte schon reflexhaft an, um zu widersprechen, doch der Hüter winkte ab. Seine Miene war jetzt wieder ganz ernst. «Spart Euch Eure Worte. Erfüllt einfach Eure Aufgabe, so wie ich es von Euch erwarte.»
    Im selben Augenblick erloschen die Flammen auf dem Altar und der Hüter wandte sich grußlos von ihm ab. Die Audienz war beendet.

29
    Die ersten Tage bei den Elfen zogen sich in die Länge. Es fiel Aliénor schwer, sich an die steife Etikette zu gewöhnen. Sie hatte sich aufgrund von Märchen und Sagen Elfen als lustige Wesen einer harmonischen Gesellschaft vorgestellt. Doch das traf überhaupt nicht zu. Jeden Morgen erwachte sie irritiert in dieser fremden Umgebung. Da man kein echtes Interesse an ihr zeigte, sondern sie nach Möglichkeit mied, als hätte sie eine ansteckende Krankheit, war sie mit ihren Gefühlen noch nicht angekommen, fühlte sich fremd und langweilte sich entsetzlich.
    Man hatte Aliénor über die höfischen Gepflogenheiten aufgeklärt, ihr die wichtigsten Räume gezeigt, darunter den Speisesaal, und ihr passende Kleidung gebracht. Das war alles.
    Aliénors anfänglicher Optimismus, schnell Kontakt zu ihresgleichen zu finden, schwand. Mehr als ein distanziertes Kopfnicken zum Gruße hatte niemand für den Neuankömmling übrig.
    Zu den Mahlzeiten rief ein Fanfarenbläser alle in den Speisesaal, in dem man ihr einen festen Platz zugewiesen hatte. Zwar mitten unter den anderen, aber während diese sich eifrig unterhielten, war sie für alle nur Luft. Ergriff Aliénor die Initiative und sprach jemanden direkt an und stellte eine Frage, erhielt sie zwar eine höfliche, aber auch ebenso knappe Antwort und

Weitere Kostenlose Bücher