Elfenkrieg
das noch aushalten? Wie konnte er so tun, als wäre nichts?
»Bist du allein hier?«, fragte Eamon, nachdem er das Tor geschlossen hatte und sie sich alle in der Vorhalle zusammengefunden hatten.
Etwas verloren standen sie in dem leeren Saal beieinander, die Stimmen hallten hier stets nach, und obwohl der Raum riesig war, fühlte sich Ardemir eingesperrt. Kein Lichtschein gelangte von draußen herein, einzig die Miranleuchten spendeten fahles Licht, zeigten die schweren, stuckverzierten Säulen als gespenstische Schatten.
»Ja«, war Vinaes knappe Antwort auf Eamons Frage, danntrat sie ein paar Schritte zurück, so dass sie alle drei ansehen konnte, und verschränkte die Hände ineinander.
Sie schien einen gefassten und ruhigen Eindruck machen zu wollen, doch Ardemir sah ihr an, wie nervös sie war. Irgendetwas war hier nicht in Ordnung, das Grummeln in seinem Bauch wurde immer lauter.
»Bevor ich euch den Grund sage, weshalb ich hierhergekommen bin«, begann sie schließlich feierlich und sah einmal jedem von ihnen in die Augen, wobei ihr Blick bei Ardemir nur flüchtig war, »möchte ich euch bitten, alle Vorurteile abzulegen. Ich bitte euch, anzuhören, was ich zu sagen habe, und darüber nachzudenken, ehe ihr entscheidet.«
»Das klingt aber spannend«, murmelte Aurün lächelnd, was ihr von Vinae jedoch nur einen ungeduldigen Blick einbrachte. Ein weiteres Zeichen für ihre Nervosität. Die letzten Ereignisse mit den Nebelpriestern schienen sie alle verändert zu haben, und das nicht unbedingt zum Positiven.
»Nicht, dass ich nicht neugierig wäre«, meinte dann noch Eamon, ehe Vinae fortfahren konnte, »du hast uns bestimmt Wichtiges mitzuteilen, wenn du den weiten Weg hierher auf dich nimmst, doch vielleicht solltest du dich vorher etwas ausruhen. Von Acre sind es eineinhalb Tage, und du ...«
»Danke, Eamon.« Was auch immer ihr auf der Zunge lag, Vinae schluckte es hinunter, auch wenn sie sich nicht die Mühe machte, ein falsches Lächeln aufzusetzen. »Ich fühle mich ganz ausgeruht und möchte gern loswerden, weshalb ich hier bin. Es gibt vielleicht eine Möglichkeit, die Nebelpriester zu vernichten, die Drachen zu befreien, und das alles ohne Blutvergießen. Ihr versteht, ich möchte keine Zeit verschwenden.«
»Bitte. Dann fang mal an.« Eamon verschränkte die Arme vor der Brust. Vinae war sich nach diesen Worten der Aufmerksamkeit aller sicher. Selbst Ardemir vergaß für einen Momentseine Beschwerden und war begierig darauf, zu hören, welche Ideen sie in ihrem hübschen Kopf zusammengesponnen hatte.
Mit nun deutlich größerer Anspannung richtete sich Vinae auf, holte Atem und sah in die Runde. »Um die Lösung zu verstehen«, sagte sie schließlich ruhig, »müssen wir in der Geschichte Elvions weit zurückgehen – in jene Zeit, als die Göttin noch Macht hatte und das Schicksal sie allmählich verdrängte. Damals rächte sich die Göttin an treuen Dienern des Schicksals und der erschienenen Orakel und machte sie zu Dämonen, zu Seelenfressern, so dass sie die ungläubigen und treulosen Seelen des Schicksals vernichteten.«
»Woher ...?«
»Bitte unterbrecht mich nicht, Aurün.« Vinae schloss einen Moment lang die Augen, ehe sie fortfuhr. »Ihr wisst, die Seelenfresser wurden so gut wie ausgerottet. Nachdem die Elfen herausgefunden hatten, wie sie zu besiegen waren, haben sie Jagd auf sie gemacht, und heute hört man kaum noch von ihnen. Sie sind Legende.«
»Da würden dir Hunderte vernichtete Seelen von vor vierundachtzig Jahren widersprechen.«
»Darauf komme ich jetzt.« Vinae wandte sich nun direkt Eamon zu. »Im Wiedervereinigungskrieg gelang es meiner Mutter einen von ihnen – einen Grogon – zu finden und einzusperren.«
»Das wissen wir alles«, warf Ardemir ein, da es ihm schwerfiel, ruhig zu stehen, und sie offensichtlich immer noch nicht vorhatte, zur Sache zu kommen. »Wir waren damals dabei.«
»Sie sperrte ihn ein«, fuhr Vinae, an Eamon gerichtet, fort, ohne sich um Ardemirs Worte zu kümmern, »und nahm ihm seine Kraft – die Kraft, Seelen zu vernichten, von denen sich ein Grogon normalerweise ernährt. Diese Kraft sperrte sie in magischeWürfel, die sie gegen Euer Volk einsetzte.« Sie hielt inne und schien nach Reaktionen in ihren Gesichtern zu suchen, doch sie alle warteten auf etwas, das sie nicht schon wussten.
Es war deutlich zu sehen, wie Vinae sich für die nächsten Worte wappnete, die Hände aneinanderrieb und sich Mut zusprach. Kein gutes
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