Elfenkrieg
Zeit«, sagte dieser in das aufgeregte Gemurmel, »bringt uns das Drachenherz und lasst die Drachen frei. Eine Stunde nach Sonnenuntergang stirbt eure Anführerin. Bei Vollmond, wie in Averdun.«
Aurün riss den Kopf herum und starrte Eamon an. So war das nicht ausgemacht gewesen, und doch war sein Einfall brillant. Gregoran würde die Nebelpriester verfolgen, aber wenn diese so unter Druck standen, gaben sie vielleicht von selbst auf. Sie würden die Drachen freilassen! Die Anführerin musste vielleicht gar nicht reden.
»Die Göttin wird sich rächen. Sie wird ihre Dienerin befreien.«
»Soll sie es versuchen.« Eamon packte die bewusstlose Nebelpriesterin am Haar und zog sie ein Stück hoch. »Seht ihr dieses Halsband? Es verhindert jede Art der Magie. Eure Anführerin ist machtlos, und spuckt einer von euch in eine Richtung, die mir nicht gefällt, lasse ich den Grogon auf sie los.«
Diese Worte taten ihre Wirkung. Aurün konnte es nicht glauben, doch die Nebelpriester ließen tatsächlich ihre Schwerter zurück in die Scheiden gleiten und machten sich eiligst auf den Rückweg.
»Das werdet ihr bereuen«, zischte noch der eine oder andereauf diesem schmachvollen Rückzug und warf ihnen tödliche Blicke über die Schulter zu. Vermutlich überprüften sie aber auch, dass sie nicht verfolgt wurden. Vielleicht von einem Grogon?
Es war vorbei. Sie hatten gewonnen. Bald wäre ihr Volk wieder frei, auch wenn Aurün insgeheim gehofft hatte, mit der Ausschaltung der Anführerin zumindest wieder eine Verbindung zu ihren Leuten zu haben. Die gedankliche Abschottung musste jedoch über das Herz vonstattengegangen sein und nicht über die Nebelpriesterin. Denn sie war ja im Moment von jeder Magie befreit.
Ein Schlag gegen ihre Schulter riss sie herum. Aurün sah sich verblüfft um und erkannte gerade noch die Tempelkrieger, die sich nach vorn drängelten und plötzlich auf die bewusstlose Anführerin losgingen. Eamon war einen Moment lang so überrascht, dass er nicht verhindern konnte, wie ihm die Frau aus den Händen gerissen wurde.
Mit einem schweren Schlag fiel die Priesterin zu Boden, und ein Krieger nach dem anderen trat nach ihr.
»Plötzlich nicht mehr so stark, was?«, blaffte einer von ihnen. »In Averdun lebten meine Geschwister, du Schlampe, jetzt siehst du, was mit solchen wie dir passiert.«
Aurün blickte auf das Geschehen hinab, sah die blutige Schramme im hübschen Gesicht dieser Frau, die ihr so bekannt vorkam, sah, wie sie unter den Tritten wehrlos von einer Seite zur anderen geschleudert wurde ... und trat einen Schritt zurück, um den Kriegern mehr Platz zu lassen.
Eamon hatte sich zwischenzeitlich wieder gefangen und packte einen der Krieger, um ihn fortzuzerren, doch allein konnte er nichts ausrichten. Aurün müsste ihm helfen, sie aber war nicht dazu in der Lage, diese Frau zu verteidigen.
Auch Vinae warf sich nun in das Getümmel und – wagemutig, wie sie war – direkt auf die Nebelpriesterin.
Aurün schüttelte den Kopf. Sie hätte einen Schlag der jungen Thesalis erwartet, schließlich hatte die Nebelpriesterin sie beinahe umgebracht. Aurün selbst konnte sich kaum beherrschen, sich den Kriegern nicht anzuschließen, doch Vinae lag da und schirmte die Feindin mit ihrem Körper ab. Auch Ardemir war sofort eingeschritten. Er schleuderte einen der Tempelkrieger weg, und obwohl die Angreifer so wenige waren, gelang es ihnen erst mit Hilfe der Silberritter, sie in Zaum zu halten.
»Sie hat Averdun zerstört!«, brüllten sie in ihrer Raserei. »Sie hat mehrere Orakel auf dem Gewissen. Bringt das Miststück um!«
Diese Worte holten Aurün in die Realität zurück. Die Priesterin durfte nicht sterben, sonst wäre alles verloren.
Mit zugeschnürter Kehle warf sie einen Blick auf den blutigen Leib der Frau.
»Atmet sie noch?«, brachte sie mühsam hervor.
Eamon warf ihr einen nicht zu deutenden Blick zu und wandte sich an Vinae.
»Geht es dir gut?« Er half ihr auf die Beine und betrachtete nun seinerseits das durchnässte Schleierbündel auf dem Pflaster. Es war ihm nicht anzusehen, was er von diesem Anblick hielt.
»Sie lebt«, antwortete Vinae ausweichend. Auch sie sah ausdruckslos zu der Frau hinab, und trotz der deutlichen Anspannung zwischen ihr und Ardemir in letzter Zeit ließ sie es geschehen, dass er einen Arm um sie legte. Mehr noch, sie lehnte ihren Kopf an seine Brust und wirkte unsagbar müde. Die Silberritter hielten die Tempeldiener in Schach und beruhigten sie so weit,
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