Elfenkrieg
sie fühlte sich wie unter Wasser getaucht. »Nichts, was du sagst, ergibt einen Sinn!«
»Irgendwann, wenn der Schmerz in deinem Herzen nachgelassen hat und du zur Ruhe gekommen bist, wirst du verstehen, was ich sage. Im Moment musst du mir nicht folgen können. Das Einzige, was du wissen musst, ist, dass ich hier keinen Platz mehr habe. Daher bitte ich dich noch einmal, die Gitterstäbe zu öffnen und mich zu befreien. Lass mich endlich gehen. Lass mich los und befreie mich.«
»Aber ...« Vinae fuhr sich mit beiden Händen durch ihr Haar. Etwas in ihr sagte ihr, dass er recht hatte. Er würde immer wieder töten, er war ein Dämon, er hatte ihre Mutter ermordet.
»Und deine Seele?«, flüsterte sie schließlich voller Resignation.
Gregoran sah sie lange an, die Lippen nur noch eine schmale Linie. »Die vergeht«, sagte er.
Vinae musste schluchzen. Sie wollte etwas sagen, doch Gregoran schüttelte den Kopf. »Ich bin ein Grogon, Vinae«, sagte er. »Ich habe die Seele des Elfen längst ... gefressen.« Er lachte auf, voller Bitterkeit. »Werde ich denn nicht so genannt? Seelenfresser? Im Moment ist die Seele noch in mir, da ich die Gestalt des Elfen trage, doch mit meinem Tod ...«
»Du wirst niemals zu den Sternen gelangen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Aber ...« Das Blut rauschte durch ihre Ohren. »Was wird danach kommen? Was wird mit dir geschehen?«
»Nichts.« Er ließ seinen Blick auf ihr ruhen. »Das Nichts wird folgen«, erklärte er, ihren entsetzten Blick ignorierend. »Eine freundlichere Alternative als jeder weitere Moment in dieser Gefangenschaft.«
»Ich kann nicht ...«
»Es warst nicht du, die meine Seele zerstörte, Vinae. Du wirst lediglich diejenige sein, die sie endlich vom Dämon befreit und gehen lässt.« Er streckte seine Hand nach ihr aus und trat zurück in den Lichtschein, der ihn schräg von hinten erfasste und seinen Schatten vor sich warf. »Komm«, sagte er. Seine goldenen Augen funkelten im Licht der Sonne. »Nimm den Kristall, lege ihn in meine Hand, und gib mir eine letzte Erinnerung.«
Einen ganzen Tag lang hatten sie auf Ardemir gewartet, nachdem der Ritter aufgebrochen war, um Vinae von der Hochzeit abzuhalten. Als Befehlshaber der Silberritter war Ardemir der Einzige unter ihnen mit einem Schlüssel zum Weltentor gewesen, und so hatten sie nach Nevliins Flucht darauf gehofft, mit Ardemirs Hilfe schneller reisen zu können.
Da Ardemir jedoch nicht zurückgekommen war, ritten Eamon und Aurün bereits über eine Woche lang durch das Land zurück nach Lurness, um dort die Lage zu besprechen und eine Lösung zu finden. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Eamons Unruhe stieg von Tag zu Tag. Besonders, da sie auf ihrem Weg durch das Sonnental die wildesten Gerüchte über den Verlauf der fürstlichen Hochzeit gehört hatten.
Ein Drache sollte dort sein Unwesen getrieben und die Braut entführt haben. Manche sagten, er sei vom Himmel herabgestürzt, andere, er sei plötzlich mitten unter ihnen erschienen. Die für Eamon doch beunruhigendste Version lautete: Ein Ritter der Königin habe sich vor aller Augen in einen Drachen verwandelt. Niemals zuvor hatte es so etwas gegeben. Diese Geschichte ließ Eamon nicht mehr los.
Auch Aurün glaubte, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte, an diese Version und meinte, Ardemir habe sich in einen Drachen verwandelt. Schließlich kannten sie diese Wahrheit ja schon von der Priesterin, und doch erschien sie Eamon unvorstellbar.
Ein Grund mehr, so schnell wie möglich nach Lurness zu gelangen. Denn sollten die Worte der Priesterin tatsächlich der Wahrheit entsprechen, würden noch mehr Ritter von der Grausamkeit dieser Göttin befallen werden. Eamon mochte sich gar nicht vorstellen, was Nevliin und die Priesterin bereits mit dem Drachenherzen angestellt hatten.
Jeder Tag der Ungewissheit war ein Martyrium. Es erschien ihm beinahe lächerlich, wie er hier mit Aurün über die endlos weite Grünlandschaft ritt, während an anderer Stelle vermutlich das ganze Königreich vor die Hunde ging.
Die Priesterin war zurück bei ihren Leuten, und Nevliin hatte sich ihnen angeschlossen. Schlimmer konnte es nicht mehr kommen.
Eamon verfluchte diesen Gedanken bereits, als sie sich dem Drachenfelsen näherten und Gerüchte über einen Drachenangriff auf Lurness aufkamen. Die riesigen Wesen seien am Himmel über der Hauptstadt gesichtet worden, doch niemand konnte etwas Genaues sagen. Von da an eilte Eamon gemeinsam mit Aurün ohne
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