Elfenkrieg
nicht gleich gesehen habe, was für eine Hure du bist! Du hast gute Krieger auf dem Gewissen, die der Dämon, dein Liebhaber, getötet hat. Du hast zerstört, was ich für uns aufgebauthätte. Für dich und mich!« Ein weiterer Schlag, diesmal nahe an ihrem Kopf. »Ich habe dich zu meiner Frau gemacht, du seelenlose Natter, zur Fürstin! Ich hätte dir alles geben können. Und was machst du? Was für eine Heuchlerin du doch bist! Und ich habe dir mein Herz geschenkt! Ich verfluche dich, Vinae Thesalis.« Ruckartig richtete er sich wieder auf.
Einen Moment lang war es ruhig, nur Daerons schneller Atem war zu hören.
Langsam hob Vinae ihren Kopf und blickte ihn an. Das Gefühl, ihm endlich nichts mehr vormachen zu müssen, verlieh ihr eine gewisse Stärke. »Ich mag vieles sein«, sagte sie mit ungewohnt kalter Stimme, »aber zumindest werde ich niemals die Eure sein.«
Daeron starrte sie an, seine Hände ballten sich zu Fäusten, und Vinae war sicher, er würde gleich auf sie losgehen, doch stattdessen wandte er sich ab und winkte die Schlangenschilde zu sich.
»Die Fürstin geht ins Verlies zu den anderen«, sagte er knapp und ohne sich noch einmal zu ihr umzudrehen. »Sie wird noch vor der Königin hingerichtet.«
Er hörte sie erst jetzt, obwohl sie gewiss schon länger an der anderen Seite seines Verlieses kratzte. Es war ihm unmöglich, irgendetwas zu erkennen, die Dunkelheit war vollkommen, und doch wusste er, wo er sich befand. Er roch den feuchtmodrigen Geruch der Wände, den Schimmel des raschelnden Strohs unter ihm.
»Ardemir«, kam es wieder von der anderen Seite der Steinwand. »Bitte, kannst du mich hören? Ich weiß, du bist nicht verloren. Antworte.«
Unter grässlichen Schmerzen in den Schultern und Gelenken drehte er sich zur Seite und legte sein Gesicht an den Stein. Seine Hände waren auf den Rücken gekettet, doch es gelang ihm, den schmalen Sprung in der Wand zu erreichen.
»Vinae«, krächzte er. So oft hatte er sie in den letzten Wochen für verloren gehalten. So oft hatte er geglaubt, sie nie wieder sprechen zu hören oder selbst sein Wort an sie zu richten. Nach ihrer gemeinsamen Nacht war der Drache in ihm ständig stärker geworden, bis er sich nicht einmal mehr an Vinaes Antlitz hatte erinnern können. An jedem kleinsten Detail hatte er versucht, sich festzuklammern, ihrem Duft, ihrem Atem auf seiner Haut, ihrer Wärme, doch all das war ihm weggenommen worden, bis es ihm endlich gelungen war, sein Selbst zurückzuerobern. Jetzt war er wieder hier, und sie war ganz nah. »Es tut mir so leid«, brachte er aus seiner ausgetrockneten Kehle hervor, »du weißt ja gar nicht ...«
»Doch, ich weiß.« Ein tiefes Seufzen war zu hören. »Du hast ja keine Ahnung, wie froh ich bin, dass du wieder du selbst bist. Du bist doch wieder du, oder?«
Das Lachen schmerzte in seiner Brust, und doch tat es ihm erstaunlich gut. »Ja«, antwortete er ihr. »Ich bin es. Zumindest noch. Vin, hör mir zu, ich ...«
»Du musst mir nichts erklären. Sie kontrollieren dich durch das Herz. Genauso wie alle Drachen und Drachenelfen. Auch die Silberritter sind betroffen. Es waren die Nebelleute, sie ...«
Ardemir schüttelte den Kopf. »Die Nebelleute? Aber wir sind doch in Acre. Es war Daeron, der mich hier einsperren ließ ... und dich ...«
»Die Nebelpriester sind tot«, antwortete Vinae. »Gregoran hat sie getötet, und Nevliin hat die Anführerin umgebracht.«
»Nevliin ...«
»Unwichtig«, unterbrach Vinae ihn voller Ungeduld. »Meine Mutter hat das Herz für die Fürsten gestohlen, auch sie ist tot, genauso wie Gregoran und ...«
»Jetzt warte mal.« Ardemir meinte, in einen Traum geraten zu sein. »Wovon sprichst du hier überhaupt? Was, bei den Sternen, ist passiert, nachdem du ... weggegangen warst?«
»Das ist doch jetzt egal. Es zählt nur, dass Menavor und Daeron die Königin hier gefangen halten.«
»Liadan?«
»Ja, sie wollen den Thron Elvions, aber dazu muss auch Eamon aus dem Weg geräumt werden. Die Drachen sollen ihn töten und danach Lurness einnehmen.«
Stöhnend ließ sich Ardemir gegen die Wand sinken. Mit aller Kraft, die seiner Seele innewohnte, hatte er gegen diese fremde Macht in seinem Inneren angekämpft, um wieder die Oberhand über seinen Körper zu gewinnen, um nur noch einmal Vinae vor sich zu sehen – und dann musste er erfahren,dass das ganze Land vor die Hunde ging. Seine Cousine war genauso hier gefangen wie er selbst. Eamon sollte hier sterben, und die Fürsten
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