Elfenkrieg
versuchte sie ihre Hand zu befreien, doch er hielt sie eisern fest.
»Nein.« Daeron warf einen Blick auf die Diener, die immer noch eilig an ihnen vorüberzogen, und fuhr mit gedämpfter Stimme fort: »Ich weiß, dass du dort draußen im Wald bei deiner Mutter nicht glücklich bist. Ihr seid zu verschieden. Aber hier hast du ein Zuhause. Bei mir wird dir niemals Leid geschehen. Als meine Frau ...«
»Fürst Daeron.« Mit nun deutlich größerem Kraftaufwand entzog sie ihm die Hand, erinnerte sich jedoch sofort wieder an ihr Lächeln. »Ich habe Euch meine Antwort bereits gegeben«, sagte sie in versöhnlichem Ton. »Ich muss darüber nachdenken.«
Daeron lächelte auf eine Weise, die sie mehr denn je an ein Raubtier erinnerte. An einen Falken, welcher der Maus erzählt, sie müsse sich in seiner Nähe nicht fürchten. »Hör auf zu denken. Wir beide, Vinae.« Er beugte sich zu ihr vor. »Stell es dir vor: wir beide vereint.« Dies war das Letzte, das sie sich vorstellen wollte, und irgendetwas in ihrem Gesicht musste diesen Gedanken verraten haben, denn Daeron wurde plötzlich wieder ernst. »Ich bin kein Narr, Vinae.« Er richtete sich auf. »Ich weiß, dass du mit manchen meiner ... Methoden nicht einverstanden bist. Du hältst mich für grausam, und manche Taten sind es wohl auch. Doch sie sind notwendig ...«
»Notwendig?« Vinae konnte nicht länger an sich halten. »Worin besteht die Notwendigkeit, Eure Leute zu quälen? Ihr seid der Fürst, Ihr solltet sie vor Leid beschützen, stattdessen schickt Ihr sie auf Eure Giftfelder, wo sie langsam sterben.«
Daeron lachte. »Niemand stirbt, Vinae.« Er streckte seine Hand nach ihr aus, doch Vinae wich zurück. »Niemand stirbt. Sie tragen Schutzkleidung.«
»Die reicht nicht aus.«
»Und was soll ich deiner Meinung nach tun? Die Essenz der Artiluspflanze dient als Heilmittel, nicht nur als Gift. Siebesiegt Krankheiten der Menschen. Wie viele Leben wurden dadurch bereits gerettet?«
»Der Handel mit den Menschen wurde verboten, Fürst Daeron.«
»Und welchen Schaden richtet die Königin damit an? Die Menschen brauchen unsere Medizin.«
Vinae senkte ihren Blick, sie verkniff sich die vielen Argumente, die ihr auf der Zunge lagen. Sie durfte jetzt keinen Streit beginnen, so schwer es ihr auch fiel. Es war nicht der erste Versuch, Daeron davon zu überzeugen, zumindest die Arbeitsbedingungen zu verbessern, wenn er schon nicht die Ernte des Giftes einstellte.
»Lass uns nicht davon sprechen«, sagte Daeron schließlich. »Die Zukunft wird alles ändern.«
»Die Zukunft?« Vinae blickte wieder auf. »Was meint Ihr damit?«
»Wir beide werden vergessen, was war. Die Welt verändert sich, für uns alle hier wird sich vieles ändern. Und vielleicht ... eines Tages wirst du sehen, dass hier dein Zuhause ist.«
»Ich bin hier, Fürst Daeron. Wie Ihr es wolltet.« Mit diesen Worten ging sie nach einem höflichen Kopfsenken an ihm vorbei und folgte den Elfen mit ihrem Gepäck. Es war zu schwer, in seiner Gegenwart ruhig zu bleiben und freundlich zu lächeln. Irgendwo in Daeron gab es bestimmt etwas Gutes, doch vermutlich waren es nur seine Gefühle für sie.
Musste ein Herz, das zu lieben fähig war, nicht auch Mitleid und Güte kennen? Oder war seine Liebe zu ihr das Einzige, das ihn von einem Dämon unterschied?
Zu ihrem Bedauern schloss Daeron sofort wieder zu ihr auf, begleitete sie weiter in die oberen Stockwerke und über die Arkadengänge, die als offene Galerie um den gesamten Hof verliefen. Zumindest griff er das leidige Thema nicht wieder aufund schwieg. Erst als sie den kleinen Palast erreichten, in welchem die Diener mit dem Gepäck verschwanden, meldete sich Daeron wieder zu Wort. Er gab knappe Befehle an die herumschwirrenden Elfen, während sich Vinae staunend umsah. Sie musste zugeben, dass dieser Raum wundervoll war. Allein das riesige, von einem Baldachin überspannte Bett und der weiße Marmorkamin ließen den Gedanken, hier zu leben, sofort freundlicher erscheinen.
»Dies wird in nächster Zeit dein Zuhause sein. Ich hoffe es gefällt dir.«
»Es ist wundervoll.«
»Ich bin in der Nähe, falls du mich brauchst.« Daeron deutete mit dem Kopf zum Gang hinaus, und sofort verlor der Raum all seinen Reiz. Wie nahe hatte er damit wohl gemeint? War sein Raum gleich der nächste, oder wahrte er zumindest den Anschein von Anstand und ließ doch etwas Entfernung dazwischen?
»Das ist sehr beruhigend.« Vinae ging auf eine Kommode zu, über der ein
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