Elfenkrieg
sprechen willst, Vinae. Sie wissen, wo ich mich aufhalte.«
»Ja. Es tut mir leid. Ich finde mich hier noch nicht richtig zurecht.« Sie musste unwillkürlich an Gregoran denken, der genau wusste, wann sie log. Zu ihrem Glück verfügte Daeron nicht über solch eine Gabe, und solange Fürst Menavor und ihre Mutter fort waren, war Daeron auch empfänglicher für ihre geheuchelten Worte. »Ich werde jetzt in mein Zimmer gehen«, sagte sie aufgelöst. »Ich bin verwirrt.« Sie ging auf ihn zu und strich dann an ihm vorbei. Sein Ausdruck war immer noch skeptisch, doch spätestens in ein paar Augenblicken würde er alle Zweifel vergessen. Sie kannte ihn und wusste, wie sie mit ihm umgehen musste. In all den Jahren der unerwünschten Liebesbekundungen hatte sie gelernt, wie sie sich verhalten musste, wenn es notwendig war, ihn auf ihre Seite zu ziehen.
Vinae hasste es, dermaßen berechnend zu sein, doch der Gedanke an die gefangenen Drachen und daran, dass Daeron vermutlich das gesamte Volk der Drachenelfen auf diese Weise quälte, ließ sie immer weitermachen.
Daeron hielt sie wie erwartet auf. Die Gefahr, sie könnte in diesem weinerlichen Zustand von ihm fortgehen, ließ seine Skepsis sofort erlöschen. Und nun war der Zeitpunkt gekommen,die Drachen zur Sprache zu bringen. Würde sie es nicht tun, käme das Misstrauen sofort zurück, schließlich kannte auch er sie.
»Was ist los?«, fragte er sanft.
Vinae schloss die Augen, wappnete sich, als er sie zurückzog und sie zu sich umdrehte. Sie atmete tief durch und versuchte die Abscheu zu unterdrücken, ehe sie zu ihm aufblickte. »Ich wusste nicht, dass Ihr Drachen gefangen haltet«, presste sie hervor. »Ich weiß nicht, was ich davon denken soll. In der Stadt erzählt man sich ...«
»Was, Vinae? Was erzählen die Leute?«
Sie konnte förmlich spüren, wie ihr Blick erkaltete, und war nicht in der Lage, es zu verhindern. »Das gesamte Volk der Drachenelfen ist verschwunden«, sagte sie. »Niemand weiß, was mit ihnen geschehen ist, und es ist allgemein bekannt, dass Ihr die Orakel nicht besonders schätzt.«
Daeron lachte. Er warf seinen Kopf zurück und legte die Hand an die Stirn, während sein Gelächter von den Wänden widerhallte.
»Ach, süße Vinae.« Er schüttelte den Kopf. »Das ist phantastisch, wirklich. Deine jugendlichen Gedanken. Auf welche Ideen du kommst! Die Feldarbeiter reden von Gerüchten, und du musst nur ein paar Drachen sehen, um zu glauben, ich würde ein gesamtes Volk entführen. Ich weiß nicht, ob ich mich geschmeichelt oder beleidigt fühlen sollte, dass du mir so etwas zutraust.«
»Ich habe sie gesehen. Ihr haltet sie fest und ...« Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und grub die Nägel in die Handflächen. Sie durfte sich nicht vergessen. Ihr Tonfall war bereits zu schrill.
»Du hast ein paar Drachen gesehen«, sagte Daeron nun wieder ernst, »die bereits seit mehreren Hundert Jahren hier sind – wenn nicht noch länger. Die Produktion von ...«
»Produktion?« Vinae biss sich auf die Unterlippe und schloss ihre Augen, um wieder einmal ruhig einzuatmen. »Diese Drachen leben«, fuhr sie nun wieder etwas gefasster fort, »Ihr quält sie für Rüstungen, die niemand braucht.«
»Da irrst du dich, Vinae. Bevor die Königin Liadan – sie möge ein langes und glückliches Leben führen – den Handel mit den Menschen verbot, war diese Art der Rüstungen sehr gefragt. Und jetzt ...« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Die aktuellen Ereignisse beweisen leider, dass die Schuppenpanzer mehr vonnöten sind, als wir möchten. Ich habe von den Angriffen gehört, und die Ritter der Königin müssen sich schließlich schützen. Alle Krieger sollten solch einen Panzer tragen, das hat uns die Vergangenheit gelehrt. Die Drachen sind ein kriegerisches Volk, Vinae. Sobald die politische Lage unter den Elfen instabil wird, versuchen sie, einen Vorteil daraus zu ziehen. Du bist noch zu jung, um zu wissen, wie schrecklich die Drachenkriege nach der Teilung Elvions waren. Aber sie haben die Situation der einstigen Königin Alkariel auch damals sofort ausgenutzt.«
»Die Königin Liadan würde dies niemals billigen«, sagte Vinae, da sie viel zu bestürzt war, um noch einen klaren Gedanken zu fassen. »Wenn sie davon wüsste ...«
»Natürlich weiß sie davon. Was glaubst du, woher sie die Rüstungen für ihre Silberritter bekommt, die im Moment gegen die Drachen kämpfen?«
»Nein.« Das konnte nicht stimmen. Die Königin wäre niemals
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