Elfenkrieg
gewesen sein, aber jetzt müssen wir die Tatsache nun einmal akzeptieren.«
»Wärst du mir nicht wichtig, wäre ich jetzt nicht hier.«
»Dein Pflichtgefühl bringt dich hierher.«
»Wir wissen beide, dass das nicht wahr ist.« Eamon seufzte und strich sich mit der Hand über die Augen. »Wir haben noch vor kurzem Seite an Seite in der Schlacht gekämpft, Nevliin. Als Freunde, auch wenn wir einen eigenen Kampf auszutragen hatten. Und wie es aussieht, steht uns eine weitere Schlacht bevor.«
Nevliin wandte sich ihm wieder zu. »Was kümmern dich die Schlachten Elvions? Die Machenschaften einiger weniger? Du bist weggelaufen, Eamon. Du kannst nicht einfach zurückgehen und tun, als wäre nichts gewesen. Du hast sie alle im Stich gelassen.«
»Du meinst, ich habe dich im Stich gelassen.«
Nevliin sah wieder aufs Meer hinaus, das mittlerweile nur noch eine schwarze Decke war. Er musste nicht antworten, denn Eamon wusste, dass er genau das dachte, was ja auch der Wahrheit entsprach.
Nevliin war gebrochen gewesen, und das hatte Eamon Angst gemacht. Er hatte sich dem nicht stellen können, und er war geflohen. Nevliins Anblick hätte ihn jeden Tag an Vanora erinnert und daran, was er verloren hatte, ohne es jemals wirklich besessen zu haben. Ihm war bewusst gewesen, dass Nevliin ihn brauchte, doch wäre er geblieben, hätte ihn das neue Elfenreich ebenso zerstört wie Nevliin. Er wäre nicht für ihn da gewesen, selbst wenn er gewusst hätte, wie schlimm es um ihn stand. Und das war unverzeihlich.
»Es tut mir leid«, sagte Eamon leise. »Es tut mir so leid, Nevliin, dass ich dich alleingelassen habe. Dass ich nicht für dich da war. Du warst immer mein kleiner Bruder, und ich habe dich nicht beschützen können. Nicht vor deinem Onkel, nicht vor Alkariel, nicht vor mir selbst, nicht vor dem Schicksal, das so grausam zu dir war und immer noch ist.«
»Wir haben sie beide verloren.« Nevliins Hand hielt denStoff seines Umhangs fest umklammert. »Sie hat uns beide verlassen. Sie ist gegangen.« Seine Stimme wurde immer rauer.
»Das heißt nicht, dass sie dich nicht geliebt hat.« Eamon erinnerte sich noch gut an Nevliins Worte an Mairi, dass Vanora ihn nicht genug geliebt hätte, um zu bleiben. »Sie hat es getan, gerade weil sie dich liebte, Nevliin. Um dein, unser aller Leben zu schützen. Um das ganze Reich zu schützen.«
Nevliin lachte auf, was jedoch eher wie ein Schluchzen klang. »Das Reich«, sagte er verächtlich. »Sieh es dir doch an, Eamon! Die Tempel brennen. Die Drachenelfen sind verschwunden. Das Sonnental ist ein vergifteter Ort, und irgendjemand plant einen neuerlichen Krieg, der das Land spaltet. Dafür ist Vanora gestorben?« Er schüttelte seinen Kopf. »Solche Opfer sind nichts wert, Eamon. Auf jeden Tyrannen folgt ein neuer. Auf jeden Kampf eine weitere Schlacht. Es wird niemals aufhören.« Er sah ihm mit all seiner Verbitterung in die Augen. »Es ist mein Schicksal, zu kämpfen. Ich kämpfe immer weiter, in all den Schlachten, und irgendwann wird eine Klinge in mich fahren und es beenden, so dass andere meinen Platz einnehmen.«
»Ich hasse es, dich so reden zu hören, Nevliin.«
»Wieso, Eamon? Ich bin müde. Ich bin mein Schwert leid. Ich bin das hier leid.«
Eamon traute seinen Augen nicht und holte verblüfft Luft, als Nevliin plötzlich eine Kette unter seinem Hemd hervorzog und sie mit einem Ruck abriss. Er erkannte den länglichen, mit Saphiren besetzten Anhänger sofort und wusste, dass darin immer noch der Mistelzweig lag – laut Meara das Zeichen für Nevliins und Vanoras Verbindung.
»Hast du eine Ahnung, wie oft ich ihn schon in der Hand gehalten habe, um ihn zu zerbrechen?«, fragte Nevliin mit brüchiger Stimme. Seine Augen glänzten, und die Verzweiflung darin war kaum zu ertragen. »Ich habe keine Kraft mehr, Eamon.Ich kann dieses Gewicht nicht mehr tragen. Ich vermisse sie so sehr, dass es mich zerreißt. Ich will diesen verfluchten Zweig hinaus aufs Meer schleudern, ihn in seine Einzelteile zerlegen, um diesem Wahnsinn endlich ein Ende zu bereiten, aber ich kann es nicht. Ich kann es einfach nicht, Eamon.«
»Weil sie zu dir gehört.« Eamon musste sich auf jedes Wort konzentrieren, um es über die Lippen zu bringen. Das Entsetzen fuhr ihm bis in die Knochen. »Du kannst dich nicht von ihr trennen.«
»Nein, das kann ich wirklich nicht. Aber nicht ohne Grund.« Nevliin legte die Kette wieder um und band sie im Nacken zusammen. Dann strich er sich mit der Hand über
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