Elfenkrieg
»Ob sie überhaupt von dir ist?«, japste er atemlos. »Wie kannst du auch nur im Geringsten daran zweifeln? Du hast sie doch gesehen.«
»Das, was ich mit Meara hatte – es war magisch. Sie war nicht richtig hier. Was, wenn Vinae durch Magie ...«
»Nein! Sprich es nicht aus. Wage es nicht, ich warne dich.«
Eamons Blick fiel auf Ardemirs Hände, die so stark zitterten, dass die Zügel wild schlackerten. »Ardemir?«, fragte er beunruhigt, doch der ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Sag auch nur ein solches Wort in ihrer Nähe, Eamon, und ich schwöre dir, ich bringe dich um, Familie hin oder her.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Knurren, und zu Eamons Entsetzen bildete sich Schweiß auf der Stirn seines Vetters, was für einen Elfen mehr als ungewöhnlich war.
»Tu ihr weh, und es wird das Letzte sein, was du tust, hast du mich verstanden? Sie braucht deine Zweifel nicht. Wie kannst du dich fragen, ob sie echt ist? Wie kannst du sie für etwas verantwortlich machen, was du in deiner Lüsternheit verbrochen hast?«
»Ich mache sie für nichts ...« Spielte ihm das abendliche Licht hier im Wald einen Streich, oder nahmen Ardemirs braune Augen tatsächlich einen grünen Schimmer an?
»Ardemir?«, fragte er noch einmal, doch der starrte ihn immer noch mit solch einer Mordlust an, dass Eamon seinen Vetter in diesen Augen nicht mehr sehen konnte.
»Nevliin?«, rief er daher, ohne seinen Blick von Ardemir zu nehmen, und hob seinen Arm. »Nevliin!«
»Was willst du mit dem?«, knurrte Ardemir währenddessen. »Glaubst du etwa, Nevliin wird dir lobend auf die Schulter klopfen? Seine Liebe ist gestorben, und du vergnügst dich mit der ...« Mit einem markerschütternden Schmerzensschrei presste er seine Hände an die Schläfen und kippte wie ein Sack Mehl seitlich aus dem Sattel in die Hecken am Wegesrand. Von dort wälzte er sich, immer noch schreiend, heraus und geriet beinahe unter die Hufe des schweren Rosses, das sofort zur Seite tänzelte.
Eamon sprang zu Boden und kniete genauso wie bereitsNevliin, der übernatürlich schnell herangeflogen war, neben ihm nieder. »Ardemir!«, rief er und versuchte ihn festzuhalten, um ihn anzusehen. »Ardemir! Verflucht, was ist los?«
Ardemir reagierte jedoch nicht. Immer wieder presste er die Hände an seinen Kopf, nahm sie sofort wieder weg und drückte sie an die Brust, als wüsste er nicht, woher die Schmerzen kamen, während er sich im Laub hin und her wälzte.
»Ardemir, bitte!« Panik breitete sich in Eamon aus.
»Halt seine Beine fest«, hörte er dann plötzlich Nevliins Stimme, die nicht das geringste Anzeichen von Unruhe in sich trug. »Aurün, Ihr haltet seine Arme.«
Die Drachenelfe, die ebenfalls herbeigeeilt war, zögerte keinen Augenblick, packte mit erstaunlicher Kraft Ardemirs Handgelenke und hielt sie fest, während Eamon die Knöchel seines Vetters nahm.
»Feuer«, stöhnte Ardemir undeutlich, während die Schreie in atemloses Keuchen übergegangen waren. »Ich ... brenne.«
»Ich weiß.« Nevliin löste mit geschickten Fingern ein Rüstungsteil nach dem anderen von Ardemirs Körper. »Es ist bald vorbei.«
»Es zerreißt mich.« Ardemir wand sich so stark, dass es sie alle Kraft kostete, ihn festzuhalten. »Mein Kopf ... mein Herz. Stimmen ... Flüstern.«
Nevliin hielt einen Moment lang inne, doch dann zerriss er mit einem kräftigen Ruck Ardemirs Waffenrock, und alle drei starrten sie auf die dunklen, beinahe schon schwarzen Linien, die sich von seinem Herzen über die Brust ausbreiteten.
»Er ist heiß«, stellte Nevliin fest, der eine Hand darauflegte. »Glühend heiß.«
»Hast du eine Ahnung, was mit ihm los ist?« Eamon war erleichtert und zugleich erstaunt über Nevliins Sachlichkeit.
»Nein, keine«, antwortete dieser jedoch. »Aber vielleichtkann ich ihm helfen.« Er legte eine Hand auf Ardemirs Brust und eine an dessen Stirn.
»Ich dachte, du kannst nicht heilen«, meinte Eamon, doch Nevliin ignorierte ihn, während sich das Schwarz seiner Augen auch schon ausbreitete und jegliches Weiß darin verschlang. Ein silberner Schein leuchtete auf, und Ardemirs Stöhnen wurde sogleich ruhiger, sein Atem langsamer.
»Es hilft«, flüsterte Aurün. Tatsächlich wurden die dunklen Linien, die sich wie Adern über Ardemirs Brust zogen, heller und verblassten. Einzig direkt über dem Herzen blieben sie als ineinander verschlungenes Gebilde bestehen.
»Du hast ihn geheilt.« Eamon sah ungläubig zwischen Nevliin und Ardemir hin und her.
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