Elfenkrieg
Auswirkungen haben.« Er nahm den winzigen Deckel ab und führte ihre Hände über die Schale. »Zuerst zwei Tropfen, danach wartest du zwölf Herzschläge, ehe du noch acht weitere Tropfen hinzugibst. Hast du verstanden?«
Vinae nickte, auch wenn sie nicht sicher war, wie sie ihre Herzschläge zählen sollte, wo sie doch im Moment viel zu schnell gingen. Daeron stand einfach zu dicht neben ihr, zu ihrem Glück aber nahm er zumindest wieder seine Hände von den ihrigen. Ob es tatsächlich eine gute Idee gewesen war, ins Schloss zu ziehen? Vinae gab der zarten Flamme, die in ihm brannte, nur weitere Nahrung. Vielleicht sollte sie sich zurückziehen, ehe noch ein großer Brand daraus wurde.
Ein lautes Zischen erklang, gefolgt von dem hohen Ton ihres eigenen Aufschreis, als die dunkle Flüssigkeit hochschoss und sie über und über davon benetzt wurde.
»O nein!«, rief sie angesichts des Durcheinanders auf dem Tisch aus, der durch die explodierende Tinktur nicht nur fürchterlich aussah, sondern auch entsetzlich stank.
»Wo bist du mit deinen Gedanken?«, fragte Daeron lachend und zog sich den Mundschutz herunter.
»Waren es nicht zwölf Herzschläge?«
»Wohl eher fünf.« Er befreite sie ebenso von dem Tuch, das ihr Gesicht bedeckte, und strich mit dem Finger einen Tropfen neben ihrem Auge fort. »Das nächste Mal wird es dir gelingen«, sagte er sanft und tunkte den Stoff in etwas Wasser, woraufhin er die Flüssigkeit von ihrem Gesicht und dem Hals tupfte.Die Art, wie er sie dabei ansah, konnte nichts Gutes bewirken, doch wäre er beleidigt, wenn sie jetzt zurückwich?
»Ihr wollt Euch auf ein nächstes Mal einlassen?«, fragte sie daher, um ihn etwas abzulenken. Alles wäre besser als dieser konzentrierte Ausdruck, als wäre ihre Haut eine Schatzkarte, die es zu studieren galt.
»Nur aus Fehlern kannst du lernen, Vinae. Es ist ein schwierig zuzubereitendes Elixier, und wir sind doch bereits sehr weit gekommen.«
»Ihr wollt mich trösten«, sagte sie und hob ihre Hand, um den dunklen Fleck an seiner Wange fortzuwischen. Ihre Fingerspitzen berührten kaum seine Haut, da wurde ihr die eigene Dummheit bewusst. »Verzeihung.« Sie räusperte sich und ließ ihre Hand sinken.
Doch Daeron lächelte nur triumphierend.
Falls er dachte, sie spielte sein Spiel mit, hatte er sich gehörig getäuscht. Er mochte sie ja mit seinem zärtlichen Blick und der gewissenhaften Arbeit einen Moment lang täuschen, doch er war immer noch einer der Fürstenbrüder – wenn nicht sogar der schlimmere von den beiden. Während Menavor einfach nur skrupellos war und kein Mitleid kannte, steckte in Daeron durchaus ein gewisser Hang zur Boshaftigkeit. Er konnte sich am Leid anderer erfreuen, an Rache und am Rausch des Sieges. Menavor hingegen war ein nüchterner Denker. Er bestrafte, wenn es sein musste, doch ließ er sich davon nicht berühren. Dies würde sie niemals vergessen, genauso wenig wie die Drachen, Nefgálds Eltern und so viele andere, die unter den beiden litten oder gelitten hatten.
»Willst du es noch einmal versuchen?«, fragte Daeron, wobei er zu ihrer Erleichterung einen Schritt zurücktrat. »Es ist noch Zeit bis zum Eintreffen deiner Mutter.«
»Ich ...« Sein stechender Blick traf sie und stellte klar, dass er keine andere Antwort als ein Ja duldete.
»Gern«, sagte sie daher und versuchte, nicht verärgert zu klingen. Er hatte sich bei seiner Arbeit mit ihr stets zurückgehalten und ehrenhaft verhalten. Sie durfte ihn nicht ständig zurückweisen.
Sie stellte eben die angebrannte Schüssel zur Seite, als es an die Tür klopfte und Veresil von den Schlangenschilden eintrat. Dieser blieb einen Moment lang verstört stehen und ließ seinen Blick zwischen den beiden mit Elixier bespritzten Elfen schweifen, ehe er zu einer knappen Verbeugung fand. »Mein Fürst«, sagte er und richtete sich sogleich wieder auf. »Verzeiht die Störung, doch ich muss Euch in einer dringlichen Angelegenheit sprechen.« Er deutete mit einer kaum merklichen Kopfbewegung hinter sich, was wohl bedeuten sollte, dass diese Angelegenheit nicht für Vinaes Ohren bestimmt war – und damit höchst interessant.
Daeron sah zu ihr und sogleich wieder zurück zu Veresil, ehe er nickte und den Raum verließ. Er schlug die Tür hinter sich zu, die jedoch durch die Wucht des Stoßes zurückprallte und einen Spalt offen stehen blieb. Eine direkte Einladung, und da Daeron offensichtlich nichts davon bemerkte, beschloss Vinae, diese Gelegenheit zu
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