Elfenkuss
darüber mal nachgedacht? Da hätten doch tausend Sachen schiefgehen können! Was, wenn meine Eltern mich gar nicht hätten haben wollen? Wenn sie herausgefunden hätten, dass ich kein Herz habe, kein Blut, oder dass ich kaum atmen muss? Weißt du, was die meisten Leute Dreijährigen zu essen geben? Milch, Plätzchen, Würstchen! Ich hätte sterben können!«
Tamani schüttelte heftig den Kopf. »Wofür hältst du uns? Für Amateure? Es gab so gut wie keinen Augenblick
in deinem Leben, in dem du nicht von mindestens fünf Elfen überwacht wurdest, die dafür sorgten, dass alles glattging. Und das Essen war sowieso kein Problem. Deshalb bist du ja extra auserwählt worden.«
»Hatte ich denn nicht vergessen, was ich essen sollte?«
»Das ist das Tolle an Herbstelfen. Zu ihrer Magie gehört, dass sie im Innersten genau wissen, was für sie und andere Elfen gut oder schlecht ist. Dieses Wissen brauchen sie zum Brauen der Elixiere. Wir konnten uns darauf verlassen, dass du von dir aus nichts essen würdest, was dir schadete. Wir mussten nur darauf aufpassen, dass deine Eltern dir nicht unter Zwang etwas Falsches verabreichten. Was sie nie getan haben«, sagte er schnell, bevor sie fragen konnte. »Wir hatten alles bestens unter Kontrolle. Jedenfalls«, sagte er widerstrebend, »bis du verschwunden bist.«
»Bis ich verschwunden bin? Wenn ihr mich so gut im Auge hattet, hättet ihr von dem Umzug doch etwas mitbekommen müssen.«
»Vor ein paar Jahren haben wir aufgehört, dich so eng zu bewachen. Darauf habe ich bestanden. Ich … also, ich bin zurzeit für dich zuständig. Du warst kein Kind mehr. Für Elfenverhältnisse warst du längst erwachsen. Es war für nicht Eingeweihte nicht ersichtlich, dass du eine Elfe warst. Du bist nicht oft hingefallen und deine Eltern hatten sich an deine Essgewohnheiten gewöhnt. Ich hatte das Gefühl, dass du mehr Privatsphäre verdientest.
Ich dachte, das würde dir gefallen«, sagte er mürrisch.
»Hätte es wahrscheinlich, wenn ich es hätte merken können«, stimmte Laurel zu.
Tamani seufzte. »Aber ich habe mich zu weit zurückgezogen, sodass wir von euren Umzugsplänen nichts mitbekommen haben, bis das Umzugsunternehmen kam. In dem Moment wollte ich bis zum Äußersten gehen und alles beenden. Die Umzugsmänner betäuben, dich ins Elfenreich zurückholen und das ganze Projekt abblasen. Aber … sagen wir mal, ich wurde überstimmt. Also stiegst du mit deinen Eltern in den Wagen und dann warst du … weg.« Er lachte trocken. »Mann, die haben mich auseinandergenommen.«
»Das tut mir leid.«
»Schon okay. Du bist zurückgekommen. Jetzt ist alles gut.«
Sie sah ihn argwöhnisch an. »Hast du vor, mir zu folgen und dich in meinem Hinterhof einzurichten, da du mich so gern beobachtest?«
Er lachte. »Nein, wir sind hier gut aufgehoben. Am meisten Sorgen hat uns deine Blüte bereitet und die Angst, wie du damit klarkommst. Zum Glück hast du es bestens hinbekommen.«
»Ich wohne also weiter in Crescent City und du lebst weiter hier draußen?«
»Im Moment ja.«
»Und wieso sollte ich dann so ein Pfropfreis sein? Habt ihr nur mit mir herumexperimentiert?«
»Nein, überhaupt nicht.« Tamani atmete laut und erschöpft aus, bevor er sich rasch auf der Lichtung umsah. »Du wurdest hierhergeschickt, um dieses Land zu schützen. Für uns Elfen ist dies ein wichtiger Platz. Es ist dringend erforderlich, dass jemand das Land besitzt, der Bescheid weiß. Das ist der Hauptgrund, warum du zu deinen Eltern kamst. Als die Mutter deiner Mutter starb, war deine Mutter sehr verbittert und gab das Grundstück sofort zum Verkauf frei. Sie war erst neunzehn, und ich fürchte, die Erinnerungen, die daran hingen, waren zu viel für sie.«
»Das hat sie mir erzählt.«
Tamani nickte. »Es ging bergauf, als sie deinen Vater geheiratet hat, aber sie gab den Gedanken, zu verkaufen, nie auf. Da kam der Selige Hof auf die Idee, dich als Familienzuwachs zu schicken. Es ging besser auf, als sie jemals zu hoffen gewagt hätten. Nachdem deine Mutter sich voll auf dich eingelassen hatte, wollte sie nicht mehr verkaufen. Bis auf den ein oder anderen durchreisenden Kaufinteressenten, den wir abwimmeln mussten, hatten wir nicht viel zu tun. Mittlerweile ist das Haus ja auch recht runtergekommen.« Tamani lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Wir ziehen uns zurück und warten ab, bis du erbst.«
Laurel senkte den Blick auf ihre Hände. »Und wenn ich es nicht erbe? Was
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