Elfenkuss
passiert, wenn meine Eltern es verkaufen?«
»Sie können es nicht verkaufen«, sagte er nüchtern.
Sie riss den Kopf hoch. »Warum nicht?«
Tamani lächelte gerissen. »Man kann kein Haus verkaufen, an das sich niemand erinnert.«
»Huh?«
»Wir können die Menschen nicht nur dazu bringen, uns zu vergessen.«
Laurel machte große Augen, als es ihr dämmerte. »Ihr habt das Ganze sabotiert! Ihr habt dafür gesorgt, dass die Leute sogar vergessen haben, dass sie das Haus besichtigt haben.«
»Das musste sein.«
»Und was ist mit den Gutachtern?«
»Glaub mir, deine Mutter käme zu sehr in Versuchung, wenn sie wüsste, wie viel das Grundstück wert ist.«
»Deren Erinnerung habt ihr auch gelöscht?«
»Es war unbedingt nötig, Laurel. Glaub mir.«
»Äh … es hat nicht funktioniert«, sagte Laurel leise.
Tamani sah sie alarmiert an. »Was meinst du damit?«, fragte er mit tiefer, ernster Stimme.
»Meine Mom ist dabei, das Grundstück zu verkaufen.«
»An wen? Keiner kommt her, um es sich anzusehen. Darum hätten wir uns gekümmert.«
»Ich weiß es nicht; ein Typ, den mein Dad in Brookings getroffen hat.«
Tamani beugte sich vor. »Laurel, das ist außerordentlich wichtig. Du darfst den Verkauf nicht zulassen.«
»Und warum nicht?«
»Zum ersten, weil ich hier lebe, ich will nicht obdachlos werden. Aber …« Er ließ den Blick schweifen und knurrte frustriert. »Ich kann dir das jetzt nicht alles erklären, aber sie darf nicht verkaufen. Du musst sofort mit ihr reden, wenn du nach Hause kommst, und alles tun, um sie davon zu überzeugen, diesem Kerl abzusagen.«
»Tja, das dürfte ein Problem sein.«
»Wieso?«
»Er hat schon ein Angebot gemacht. Sie setzen demnächst den Vertrag auf.«
»Oh nein.« Tamani strich sich die Haare aus der Stirn. »Das ist schlimm, das ist ganz schlimm. Shar bringt mich um.« Er seufzte. »Kannst du irgendwas dagegen unternehmen?«
»Ich habe nichts zu sagen«, sagte Laurel. »Es ist nicht meine Entscheidung.«
»Probiere es bitte trotzdem. Sag … irgendwas. Wir versuchen von hier aus auch, eine Lösung zu finden. Wenn du wüsstest, wie wichtig dieses Land für das Elfenreich ist, könntest du nicht mehr schlafen, bis es wieder in Sicherheit wäre. Ich tue bestimmt kein Auge mehr zu, bis du wiederkommst und mir sagst, dass es gerettet ist.«
»Warum?«
Zischend atmete er aus. »Das kann ich dir nicht sagen … es ist verboten.«
»Verboten? Ich bin eine Elfe oder etwa nicht?«
»Das verstehst du nicht, Laurel. Du kannst nicht
erwarten, dass wir dir alles sagen, nur weil du eine von uns bist – noch nicht. Selbst im Elfenreich dürfen junge Elfen die Welt der Menschen erst betreten, wenn sie ihre Loyalität bewiesen haben – wenn überhaupt. Du drängst mich, dir eins der größten Geheimnisse unserer Art zu verraten. Das kannst du nicht von mir verlangen.«
Sie schwiegen. »Ich werde tun, was ich kann«, sagte Laurel schließlich.
»Mehr möchte ich gar nicht.«
Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Meine Eltern werden denken, ich wäre verrückt geworden.«
»Damit habe ich kein Problem.«
Laurel sah ihn kurz an und knuffte ihn dann in die Schulter.
Tamani lachte nur.
Dann wurde er wieder ernst und sah sie an. Er ging langsam auf sie zu und strich mit den Fingern über ihren nackten Arm. »Ich bin froh, dass du heute gekommen bist«, sagte er. »Ich habe dich vermisst.«
»Ich … ich glaube, ich habe dich auch vermisst.«
»Wirklich?« Die Hoffnung, die in seinen Augen aufleuchtete, war zu viel für Laurel. Sie wandte den Blick ab und lachte nervös.
»Na ja, jedenfalls nachdem ich dich nicht mehr für einen verrückten Obdachlosen gehalten habe.«
Sie lachten zusammen und Laurel bewunderte das sanfte Klimpern in Tamanis Stimme. Ein kribbeliger Schauer lief ihr über den Rücken. Sie schaute auf die
Uhr. »Ich … ich muss los«, sagte sie mit großem Bedauern.
»Komm bald wieder«, sagte Tamani. »Dann reden wir weiter.«
Laurel lächelte. »Das wäre schön.«
»Versprichst du mir, mit deinen Eltern zu reden?«
»Mache ich.«
»Kommst du her, wenn es etwas Neues gibt?«
»So schnell ich kann, aber wann das sein wird, kann ich nicht sagen.«
»Willst du deinen Eltern alles erzählen?«, fragte Tamani.
»Ich weiß nicht«, antwortete Laurel. »Sie würden mir wahrscheinlich nicht glauben. Zumal ich die Blüte nicht mehr habe, mit der ich was hätte beweisen können. Damit habe ich auch David überzeugt.«
»David«, sagte Tamani
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