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Elfenkuss

Titel: Elfenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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Tamani ließ den Blick über die kleine Lichtung schweifen. Er räusperte sich. »Das Wichtigste zuerst: Ich bin beauftragt, dich zu fragen, wie unser Vorschlag aufgenommen wurde.«

    »Recht gut«, erwiderte Laurel in demselben pseudoförmlichen Ton. »Die Dokumente werden so schnell wie möglich aufgesetzt.« Sie verdrehte die Augen. »Ich glaube, es soll ein Weihnachtsgeschenk werden.«
    Lachend zog Tamani sie enger an sich. »Komm weg hier«, sagte er. »Die Bäume haben Augen.«
    »Wohl kaum die Bäume«, sagte Laurel lakonisch.
    Tamani kicherte. »Richtig. Hier lang.«
    Er nahm ihre Hand und führte sie über einen Weg, der sich hierhin und dahin schlängelte, aber letztendlich nirgendwohin führte.
    »Geht es deinem Vater besser?«, fragte Tamani und drückte ihre Hand.
    Laurel lächelte. »Er wird heute Nachmittag entlassen. Morgen früh will er wie neugeboren an die Arbeit gehen.« Ernüchtert fuhr sie fort: »Deswegen bin ich hier. Wir kehren heute noch nach Crescent City zurück. Ich …« Sie senkte den Blick. »Ich weiß nicht, wann ich wiederkomme.«
    Tamani drehte sich um und sah sie an. In seinen brunnentiefen Augen lag etwas, das sie nicht ergründen konnte.
    »Bist du gekommen, um dich zu verabschieden?«
    Aus seinem Mund klang es so schroff, aber sie sagte: »Für die nächste Zeit, ja.«
    Tamani wischte mit seinem nackten Fuß welkes Laub hin und her. »Was hat das zu bedeuten? Du ziehst mir David vor?«
    Sie hatte nicht vorgehabt, über David zu reden. »Ich
wünschte, es wäre anders zu machen, Tamani. Aber ich kann zurzeit nicht in deiner Welt leben, ich bin gezwungen, in meiner zu bleiben. Was soll ich denn machen? Soll ich meine Mom oder David bitten, mich ab und zu herzufahren, damit ich meinen Freund besuchen kann?«
    Tamani drehte sich wieder um und ging ein paar Schritte, aber Laurel folgte ihm.
    »Soll ich dir Briefe schreiben oder dich anrufen? Mir bleibt keine andere Wahl.«
    »Du könntest hierbleiben«, sagte er so leise, dass sie ihn kaum verstand.
    »Hierbleiben?«
    »Du könntest für immer hier bei mir bleiben.« Er redete weiter, bevor sie dazwischenfunken konnte. »Das Grundstück wird bald dir gehören. Und ein Haus steht schon da. Bleib doch hier!«
    In Laurels Kopf wirbelten herrliche Bilder von einem Leben mit Tamani, aber sie zwang sich, sie zu verdrängen.
    »Nein, Tam. Ich kann nicht.«
    »Du hast früher auch schon hier gelebt und damals war alles gut.«
    »Gut? Wieso sollte es gut gewesen sein? Ihr habt mich die ganze Zeit beobachtet und meine Eltern mit Vergessenselixieren abgefüllt!«
    Tamani betrachtete angestrengt den Waldboden. »Das hast du herausgefunden?«
    »Es war die einzige logische Erklärung.«

    »Ich fand es auch nicht toll, falls das hilft.«
    Laurel atmete tief ein. »Haben sie … haben sie mich auch gezwungen, etwas zu vergessen? Nachdem ich hier angekommen war, meine ich.«
    Er mied ihren Blick. »Ab und zu.«
    »Hast du es je getan?«, fragte sie forschend.
    Er sah sie mit aufgerissenen Augen an und schüttelte den Kopf. »Ich habe es nicht über mich gebracht.« Er kam näher und sagte kaum hörbar: »Einmal hätte ich es tun sollen, aber ich habe es nicht geschafft.«
    »Was war passiert?«
    Er kratzte sich am Nacken. »Es macht mich wahnsinnig, dass du dich nicht daran erinnerst.«
    »Tut mir leid.«
    Er zuckte die Achseln. »Du warst noch sehr jung. Ich war neu als Wachtposten – ich war erst eine Woche da – und gab nicht genügend Acht, sodass du mich sehen konntest.«
    »Ich habe dich gesehen?«
    »Oh ja, damals warst du vielleicht zehn Jahre nach menschlichem Ermessen. Ich legte nur den Finger auf die Lippen, damit du still warst, und verbarg mich schnell hinter einem Baum. Du hast mich eine Minute angesehen, höchstens zwei, aber nach einer Stunde hattest du es anscheinend schon vergessen.«
    Laurel stand lange schweigend neben ihm. »Ich … ich kann mich daran erinnern. Ganz vage. Das warst du?«
    Freude leuchtete in Tamanis Blick. »Du weißt es noch?«

    Laurel wandte den Blick ab. »Ein ganz kleines bisschen«, sagte sie leise und räusperte sich. »Und wie steht es mit meinen Eltern? Hast du sie vergessen lassen?«
    Tamani seufzte. »Hin und wieder. Ich musste es tun«, sagte er, um Laurels Widerworte abzuschneiden. »Das war meine Aufgabe. Es ist aber nur zwei oder drei Mal vorgekommen. Als ich herkam, warst du schon vorsichtiger, und wir mussten dich nicht mehr einmal pro Woche verarzten. Und wenn deine Eltern nah dran waren,

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