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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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auf die Brust. Dabei redete sie ohne Unterlass auf ihn ein.
    Schließlich schaffte sie es sogar, den Helmriemen zu lösen.
    »Los, hilf mir!«, herrschte sie Nikodemus an.
    Irgendjemand hatte ihm einmal erklärt, man solle Verrückte in ihrem Wahn gewähren lassen. Also kniete er sich neben ihr nieder. Und er verkniff sich, ihr zu sagen, was er von dem ganzen Unsinn hielt.
    Vorsichtig drehten sie den Helm hin und her. Endlich bekamen sie ihn mit einem Ruck ganz gelöst. Eine blutige Masse quoll ihnen entgegen. Nikodemus musste sich abwenden. Ihm war speiübel.
    »Das sind nur die Haare«, murmelte Ganda. »Stell dich nicht so an.« Vorsichtig tastete sie über den Schädel des Elfen.
    Ganz gleich, was die Kommandantin auch sagte, er mochte den Kerl nicht anschauen. Sein Gesicht schien irgendwie verrutscht zu sein. Warum ließ sie diesen verdammten Toten nicht einfach in Ruhe? Sollten ihn sich doch die Trolle holen!
    »Geh zurück zum Lager und hol jemanden, der uns hilft, ihn zu tragen!«
    »Was? Komm, Ganda. Er ist tot. Wir lassen ihn einfach hier liegen.«
    »Du holst jetzt Hilfe!«, schrie sie ihn an. Ihre Augen funkelten im Wahn.
    »Gut.« Nikodemus hob beschwichtigend die Hände. »Ich hole jemanden.« Elija würde sich wohl nicht gerade nachsichtig zeigen, wenn er von all dem erfuhr. Es warf ein schlechtes Licht auf die Sache, wenn eine ihrer berühmtesten Kommandantinnen eine Irre war. Man würde eine Lösung finden müssen, dachte Nikodemus beklommen. Dabei hatte er Ganda immer gemocht. Verfluchte Elfen! Es war ihre Schuld. Sie hatten den Verstand der Kommandantin zerstört. Hätte er nur nicht das verdammte Schwert gefunden. Vielleicht wäre der Wahn niemals ausgebrochen.
    Traurig ging Nikodemus zum Lagerplatz zurück. Sie hatten Ganda am selben Tag schon wieder verloren, an dem sie zurückgekehrt war.
    Der Lutin knöpfte seine Weste zu. Es war kalt geworden. Nicht weit von der Ruine sah er drei weiße Pferde über das Schlachtfeld irren.

DAS GROSSE STERBEN

    Die Bestie hatte es gespürt. Zur Mittagsstunde hatte es begonnen. Die Kreatur, mit der sie eins geworden waren, wollte fort vom Meer, und bald hatte er sich ihr fügen müssen. Sein Wille wäre stark genug, sich ihr zu widersetzen. Aber sie hatte seine Schwachstelle gefunden. Die Bestie würde eine seiner Schwestern und einen der Brüder töten, mit denen sie gemeinsam in diesem Leib verschmolzen waren, wenn er nicht gehorchte. Sie weidete sich an seinen Gewissensqualen. Gestern erst hatte sie eine Gruppe junger Nixen gejagt und getötet. Kinder! Hinterher hatte das Ungeheuer ihm erklärt, es habe das um seinetwillen getan. Weil er dabei so wunderbar gelitten hätte.
    Und nun waren sie hier.
    Sebastien versuchte seine Seele vor dem zu verschließen, was er sah. Es war seine Aufgabe, einen Krieg zu entfesseln, der Albenmark und all seine Bewohner verschlingen würde. Heute war er zum Zeugen des Auftakts zu diesem Gemetzel geworden. Das Ungeheuer in ihm hatte ihn über hunderte von Meilen bis auf diese sonnenverbrannte Ebene gebracht. Wie weit sie vom Meer entfernt waren, konnte er nicht wirklich schätzen. Ihr Leib war nicht denselben Gesetzen unterworfen wie andere Körper. Er glitt schneller als der Wind über das Land.
    Sebastien hatte nicht verstanden, wie das Tier es anstellte, sich so schnell zu bewegen. Vielleicht allein kraft seiner Gedanken? Er wusste es nicht zu sagen.
    Zunächst schwebten sie wie ein Bussard hoch über dem Schlachtfeld und schauten. Die Bestie hatte Freude daran, dem großen Sterben beizuwohnen. Zu beobachten, wie Lebenslichter verzweifelt gegen das Verlöschen ankämpften.
    Auch Sebastien war vom Anblick der Schlacht ganz gefangen genommen. Von dem vernichtenden Angriff, den die Pferdemänner und die Elfen vortrugen. Er war selbst einmal Krieger gewesen. So lange war das her ... Aber eine Schlacht wie an diesem Tag hatte er noch nie gesehen. Die Trolle hatten einen außergewöhnlichen Glauben an dieses alte Weib und den Jungen. Wo immer die beiden erschienen, sammelten sich ihre Truppen wieder. Eigentlich hätte ihr Heer an diesem Tag vernichtet werden müssen. Aber die beiden hatten das Ruder noch einmal herumgerissen.
    Sebastien war so abgelenkt, dass er nicht sagen konnte, wann die anderen beiden Geisterwölfe erschienen waren. Sie verharrten ganz in ihrer Nähe am Himmel. Aber sie starrten nicht hinab. Die drei verständigten sich miteinander. Es war mehr ein Gefühl als eine Gewissheit; Sebastien konnte nicht sagen,

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