Elfenlicht
zwischen Hügeln erhebt, habe ich es gefunden.« Er kramte in seinen Hosentaschen. »Ich habe dort auch eine wunderschöne Brosche gefunden und goldene Münzen, die an einem Pferdegeschirr hingen, und ...«
Ganda schnitt ihm mit einer herrischen Geste das Wort ab. »Bring mich dort hin! Sofort!«
»Aber es wird gleich dunkel und ...«
Die Lutin packte ihn mit ihrer Silberhand. Nikodemus keuchte auf. Sie packte zu wie ein Troll. Fast hätte sie ihm die Hand zerquetscht. »Ist schon gut, ist schon gut. Ich bringe dich hin. Ist ein ganzes Stück Fußmarsch.«
Der Weg über das Schlachtfeld war dem Lutin unangenehm. Er hatte schon oft Tote gesehen, wenn auch noch nie annähernd so viele. Die Hitze ließ die Leiber aufquellen. Mit den toten Kentauren war es am schlimmsten. Ihre Beine standen stocksteif ab, und manchmal zuckten sie oder die Kadaver furzten.
Die Heerscharen von Raben ließen Nikodemus kalt. Sie waren überall, und obwohl der Tisch so überreichlich für sie gedeckt war, stritten sie immer noch um die besten Happen. Was dem Lutin jedoch zusetzte, waren die Fliegen. Wie schwarzer Nebel standen sie in der Luft, wenn sie von den Leichen aufstiegen. Sie waren so zahllos wie die Grashalme der Steppe. Und sie behelligten auch die Lebenden. Krochen einem übers Gesicht, wollten in die Augenwinkel und Nasenlöcher. Und Nikodemus konnte sich nur zu gut vorstellen, wo diese großen, schillernden Fliegen erst vor ein paar Augenblicken noch gesessen hatten.
Überall streiften Trolle umher und suchten nach Fleisch für ihre Feuer. Nikodemus sah weg, wenn sie sich mit ihren Steinklingen über einen Kadaver beugten. Es machte ihm nichts aus, einem frisch erlegten Kaninchen das Fell abzuziehen und es auszuweiden. Im Gegenteil. Er dachte dabei an den Braten oder den Fleischeintopf, den es bald geben würde. Aber das hier war etwas anderes ...
Endlich erreichten sie die Klippe. Er ging ein Stück weiter bis zur Ruine. Die Sonne war im Westen hinter den Flügeln verschwunden und hatte den Himmel in rote Glut getaucht. Bald fand er den Ort, an dem das Schwert im Boden gesteckt hatte. Er rammte es zwischen die trockenen Grasbüschel. Das Gewicht des Griffs ließ die Waffe leicht zur Seite kippen. Ein Stück entfernt erhob sich ein verfallener Fensterbogen.
Ganda sah sich suchend um. Sie betrachtete eingehend die Toten, die um einen Streitwagen lagen, suchte nach Spuren im Gras und ging dann langsam in Richtung der Klippe. Plötzlich begann sie zu laufen.
»Was hast du denn, Kommandantin?« Es war Nikodemus ein Rätsel, warum sie sich so seltsam aufführte. Hatte das Schwert vielleicht einem ihrer Folterknechte gehört? Und wenn ja, warum wollte sie ihn finden? Oder ging es nur darum, ihn tot zu sehen? Vielleicht war sie auch wahnsinnig geworden. Er hatte schon von Irren gehört, die einem die meiste Zeit über ganz normal erschienen, bis sie aus heiterem Himmel anfingen, die verrücktesten Dinge zu tun.
Er folgte ihr mit ein wenig Abstand. Es war seine Pflicht, Elija davon zu erzählen. Er sollte das wissen, bevor er Ganda befahl, ihnen und der Herde einen Weg durch das goldene Netz zu suchen. Ihn packte kalte Wut auf die Elfen, die Ganda so sehr verändert hatten.
»Nikodemus, schnell!« Sie war auf die Knie gesunken. Vor ihr lag ein Elfenritter im hohen Gras. Er trug einen prächtigen Brustpanzer und einen weißen Umhang. Der Kerl musste ein Fürst gewesen sein. Aber jetzt war er nur noch ein Stück totes Fleisch. Der Brustpanzer war zerbeult und voller Blut, die Kleider zerrissen. Der ganze Körper war eine einzige Wunde. Und sein Helm! An einer Seite war er so tief eingebeult, dass Nikodemus seine Faust hätte hineinlegen können.
»Was tust du hier, du verdammter Mistkerl! Warum bist du nicht bei deiner Königin und studierst mit ihr das Buch? Wieso liegt dein Schwert an einem ganz anderen Ort als du?« Ganda machte sich mit bebenden Händen am Kinnriemen des Helms zu schaffen. In einem plötzlichen Wutausbruch hieb sie dem Elfen mit der Faust auf die Brust. »Los, atme! Denkst du, ich bin dir etwas schuldig, weil du an meinem Lager gesessen hast? Ich bin eine Lutin. Wir sind Lügner und Diebe! Schulden kennen wir nicht! Bilde dir nicht ein, dass du mir leid tust!« Während sie das sagte, standen ihr Tränen in den Augen.
»Komm, Ganda.« Nikodemus legte ihr vorsichtig die Hand auf die Schulter. »Wir sollten jetzt gehen. Du kannst nichts für ihn tun.«
»Lass mich!« Wieder und wieder schlug sie dem Elfen
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