Elfenlicht
Männer wurden vom Heer ausgeschlossen, obwohl sie doch unsere Augen hätten sein sollen.
Militärisch gesehen war es wohl ein Sieg, was wir in der Schlacht am Mordstein erlangten. Die Trolle hatten tausende Krieger verloren, wir letzten Endes nur ein paar hundert. Ihr Feldzug in das Windland war um Monde verzögert worden, wie sich später zeigen sollte. Doch was hilft ein Sieg, den niemand sieht? Mit dem Tod Ollowains war die Moral unseres Heeres zerbrochen. Sieger lassen ihre Toten und Verwundeten nicht auf dem Schlachtfeld zurück, hieß es unter den einfachen Kriegern. Sieger flüchten nicht wie verprügelte Hunde. Siegern hat man nicht das Herz herausgeschnitten, denn nicht weniger war Ollowain für uns gewesen. Er war das Herz des Heeres, mehr noch als sein Kopf.
Die wenigen Tage, die der Schwertmeister uns geführt hatte, hatten Elodrins Unzulänglichkeiten noch stärker hervorgehoben. Der Fürst von Alvemer ist ein kühler Taktiker. Er kennt den Krieg, und er formte aus dem schwer angeschlagenen Heer, welches das Schlachtfeld am Mordstein verließ, in den sechs Tagen des Rückzugs wieder eine Truppe, die in ordentlichen Fünferreihen zur Siegesparade über die Hauptstraßen von Feylanviek zog. Wahrscheinlich hatte er zu viel Verstand, um die Herzen der Krieger zu berühren. Bald verließen uns die Minotauren, um ihre geheimen Rituale für die Herbstmonde in ihren heimatlichen Bergen vorzubereiten. Und nicht viel später gingen auch die Kentauren, denn es war an der Zeit, die Herden auf die Winterweiden zu treiben, und in den Stämmen der Steppe wurde jeder Mann gebraucht. Doch vorher gab es noch die Totenfeier. Jenes Fest, auf dem auch das brüchige Bündnis der Stämme des Windlands zu Grabe getragen wurde....«
VOM KRIEG MIT DEN TROLLEN, VON: CAILEEN, GRÄFIN ZU DORIEN, TALSINER GOLDSCHNITTAUSGABE, S. 759
EIN FRÜHLINGSTAG IN DEN BERGEN
Kadlin lehnte sich gegen den warmen Fels und blickte den Hang hinab. Björn war ein gutes Stück hinter ihr zurückgeblieben. Er hatte einen hochroten Kopf und schnaufte wie ein alter Elchbulle. Wenn er nicht auf seinem Pferd saß, bewegte er sich kaum schneller als ein fußkrankes Murmeltier. Und bei dem Lärm, den er machte, brauchte sie nicht darauf zu hoffen, dass sie auch nur eine Felsmaus stellen würde, so lange er in der Nähe war. Er mochte ja ein guter Bogenschütze sein, aber ein guter Jäger war er nicht! Und wenn die Windböe nicht gewesen wäre ... Dass sie im Bogenschützenturnier gegen ihn verloren hatte, ärgerte sie noch immer. Björn ließ auch keine Gelegenheit aus, sie darauf hinzuweisen, dass er der bessere Schütze war. Manchmal war er eine rechte Plage! Sie hätte ihn nicht mitnehmen sollen. Alleine kam sie viel schneller voran! Eirik hatte den größten Teil der Jäger ausschwärmen lassen, nachdem ihr Heerzug aus Kriegern und Arbeitern den Pass erreicht hatte, auf dem die neue Festung erbaut werden sollte. Bis zum Einbruch des Winters sollten sie weit abseits des Bauplatzes jagen, damit es noch Wild in der Nähe der neuen Burg gab, wenn der erste Schnee kam und lange Jagdausflüge zu beschwerlich wurden. Auch sollten sie sich mit dem Gelände vertraut machen und sich an die dünne Luft in den Bergen gewöhnen. Eirik hatte seine Jäger in Trupps von zwei bis drei Mann aufgeteilt. Grinsend dachte Kadlin daran, was für ein Gerangel es darum gegeben hatte, wer mit ihr losziehen durfte. Ihr Plan, einen netten Kerl zu finden und vielleicht im nächsten Winter Hochzeit zu feiern, würde wohl aufgehen.
Kadlin hatte den Verdacht, dass Björn seine hohe Geburt ausgespielt oder Eirik mit einer Hand voll Münzen bestochen hatte. Dass ausgerechnet er mit ihr losgeschickt wurde, hatte Kadlin überrascht. Eigentlich gehörte Björn ja eher zu den Kriegern als zu den Jägern, obwohl er ein sehr guter Bogenschütze war.
Kadlin war gerne mit ihm zusammen. Es fiel ihm leicht, sie zum Lachen zu bringen. Wenn er nur ein bisschen älter wäre. Grinsend blickte sie zu ihm hinunter. Er hatte sich hoffnungslos überladen. Außer seinem Bogen, dem Köcher mit den Pfeilen und einem Jagdmesser hatte er auch noch eine Saufeder mit breiter Klinge mitgenommen. Dazu eine Decke, zwei Wasserschläuche und einen Proviantsack, der ausgereicht hätte, eine Familie mit zehnköpfiger Kinderschar über den Winter zu bringen. Kadlin selbst trug nicht einmal halb so viel. An Proviant hatte sie außer etwas Brot und Käse und ein bisschen Salz nichts dabei. Sie waren schließlich
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