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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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wie sie es taten, aber die Bestien hielten einen Kriegsrat miteinander ab. Er spürte, dass das Ungeheuer, mit dem er in einem Körper gefangen war, eine wilde Freude empfand. Und das tat es für gewöhnlich nur, wenn es töten und quälen konnte.
    Zu dritt stiegen die Geisterwölfe vom Himmel hinab. Sie streiften über das Schlachtfeld und naschten Leben. Bevorzugt töteten sie jene, die noch Hoffnung hatten. Leicht Verletzte, die aber nicht aus eigener Kraft gehen konnten. Jene, denen noch zu helfen war und die das auch wussten. Die Sterbenden kümmerten sie nicht.
    Die Art, wie die drei Wölfe sich verhielten, erinnerte Sebastien an einen Stadtvogt, den er als Kind einmal beobachtet hatte. Der Mann war auf einen großen Wochenmarkt gekommen undvon Stand zu Stand geschlendert. Überall hatte er sich etwas genommen. Es war Erntezeit gewesen. Hier hatte er ein paar Pflaumen genascht, dort eine Birne, von der er nur zwei Bissen genommen hatte, bevor er sie fortwarf. Und niemand hatte etwas gesagt! Das war wahre Macht, hatte er sich in seiner kindlichen Einfalt gedacht, und er hatte sich gewünscht, so mächtig zu werden wie dieser Vogt.
    Manche Wünsche wurden unseligerweise erfüllt, dachte der Abt bitter. Zuerst hatte er Sorge, dass die Waffen oder die Magie der Elfen ihnen etwas anhaben könnten. Er war zu Tode erschrocken, als ein Krieger ihnen ein Langschwert durch den Leib stieß. Sebastien spürte die Waffe, aber sie richtete keinen Schaden an. Einen jämmerlichen Augenblick lang hatte selbst er Gefallen ander Todesangst im Blick des Elfen, nachdem der Angriff fehlgeschlagen war. Der Abt bereute es aufrichtig, seiner Seele diesen Makel zugefügt zu haben. Er war eine jämmerliche Gestalt!
    »Du liebst es einfach, dich selbst zu geißeln«, verhöhnte ihn die Stimme der Bestie. »Während ich es liebe, anderen Leid zuzufügen. Wir ergänzen uns gut in unseren Unzulänglichkeiten. Deine Qual ist mir ein nie versiegender Quell der Freude, Sebastien. Deshalb werde ich dich noch immer in mir dulden, wenn ich all die anderen winselnden Seelen, mit denen wir diesen Leib teilen, schon längst verschlungen haben werde.«
    Sebastien wünschte sich von ganzem Herzen, dass er einen Weg fände, sich vor dieser Stimme zu verschließen. Er sah zu den anderen Geisterwölfen. Waren dort Seelen wie seine,
    gefangen in höchster Not? Konnten sie ihn hören? Er erhielt keine Antwort.
    Wir sollten fort von hier, dachte der Abt schließlich enttäuscht. Wir haben eine Aufgabe!
    »Genießt ihr Menschen denn niemals die Früchte eurer Arbeit? Das hier ist es, woran wir so hart arbeiten. Und es ist erst der Auftakt! Uns erwarten brennende Städte. Endlose Flüchtlingszüge, zehntausendfacher Tod. Wir sind wie Chorleiter, die einen tausendstimmigen Chor dirigieren. Und jede Stimme schreit in Todesqual. Freust du dich auf das Lied, das über ganz Albenmark erklingen wird? Du musst es doch genießen! Die Elfen haben euren heiligsten Priester ermordet. Und dich haben Tjured und Bruder Jules ausgewählt, zum Schwert der göttlichen Rache zu werden. Warum höre ich dich nicht in einem fort vor Freude jauchzen? Bist du deinem Gott Tjured untreu geworden?«

EIN HEER ZERBRICHT

    »... Schon am Abend nach der Schlacht wurde offenbar, dass die Verluste am Mordstein weit weniger hoch waren, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Die versprengten Einheiten fanden langsam wieder zueinander. Ruhelos eilten die Hauptleute die lange Marschsäule im Flussbett entlang, erstellten Verlustlisten und versuchten ihre Einheiten wieder zusammenzuführen.
    Fürst Elodrin von Alvemer hatte den Oberbefehl wieder an sich gezogen, und niemand unter den Verbündeten machte ihm diese Position streitig. Doch schon am ersten Abend des Rückzugs kam es zu einer Auseinandersetzung mit Hauptmann Melvyn. Entgegen aller Befehle zog er sich mit den Schwarzrückenadlern zurück. Erst viel später erfuhr ich, dass er das Schlachtfeld nach unserem verlorenen Feldherrn absuchte. Wir alle wussten, was mit unseren Toten geschehen würde. Melvyn war der Gedanke daran, dass die Leiche Ollowains in die Hände der Trolle fallen würde, unerträglich. Die ganze Nacht und einen guten Teil des nächsten Tages suchten sie nach ihm. Es kam wohl auch zu einigen Scharmützeln mit den Trollen. Doch den Feldherrn fanden sie nicht. Und der Bruch zwischen Melvyn und Elodrin war nur der erste Riss in dem zerbrechlichen Gefäß, zu dem das Heer von Feylanviek geworden war. Melvyn und seine

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