Elfenlicht
badete, würden ihm wahrscheinlich die Augen aus dem Kopf fallen. Gut, sie hatte auch zu kleine Brüste. Aber wenn sie ihr Haar offen trug, würde er das erst einmal nicht bemerken. Und er mochte ihren Hintern! Ein Herzogssohn!
Gut gelaunt trat Kadlin in den Kiefernwald. Es duftete wunderbar nach Harz und frischem Grün. Das dicke Polster aus Kiefernnadeln ließ ihre Schritte federn und dämpfte jedes Geräusch. Es war, als gleite man schwerelos dahin. Sie lief etwas langsamer, damit Björn sie nicht aus den Augen verlor. Ob er wohl schon einmal bei einer Frau gelegen hatte? Sein Vater war ein ziemlich grober Klotz. Vielleicht hatte er eine der Mägde ins Bett seines Sohnes geschickt, damit aus dem Jungen ein richtiger Mann wurde. Björn war anders als Lambi. Vor allem konnte man ihm ins Gesicht sehen, ohne eine Gänsehaut zu bekommen. Der alte Herzog sah mit seiner halb abgeschnittenen Nase zum Fürchten aus!
Kadlin dachte an ihren eigenen Vater. Kalf war geradezu erleichtert gewesen, als sie mit Björn losgezogen war. Er schien den Jungen zu mögen. Und er hatte ein gutes Auge für Menschen. Warum er allerdings den König stets mied, war ihr ein Rätsel. Man hörte nur Gutes über Alfadas. Dennoch wurde Kalf immer ganz unruhig, wenn er in der Nähe war.
Kadlin fröstelte es. Unter den Bäumen war es doch recht kühl. Weiter oben am Hang konnte sie in den Schattenlagen sogar noch Schneeflecken sehen. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, schwimmen zu gehen. Das Wasser in dem Bergsee war sicher eisig.
Sie verdrängte die Gedanken und versuchte eins zu werden mit dem Wald. Seit sie laufen konnte, war sie mit Kalf auf die Jagd gegangen. Ihr Vater hatte ihre Sinne geschärft. Sie wusste, dass es sich nicht lohnen würde, der Rentierspur zu folgen, die ein paar Schritt weiter verlief. Sie war älter als fünf Stunden. Die Aussichten, das Tier noch einzuholen, waren gering. Ihr entgingen auch die flachen Furchen im Teppich aus Kiefernnadeln nicht. Jene Wege, die Kleintiere hinterlassen hatten, die zwischen Verstecken und möglichen Futterplätzen immer wieder demselben Pfad folgten.
Sie beobachtete ein Eichhörnchen, das hektisch im weichen Boden wühlte und nach den Kiefernzapfen suchte, die es im letzten Jahr verborgen hatte. In der Ferne hörte sie das rhythmische Hämmern eines Spechts. Andere Vögel bemerkte sie nicht. Wahrscheinlich wurden sie alle von dem zweibeinigen Packesel vertrieben, der ihr noch immer beharrlich folgte.
Fast eine Stunde war Kadlin im Wald unterwegs, als sie eine große Barriere aus gestürzten Bäumen erreichte. Riesige Felsbrocken ragten zwischen den zersplitterten Stämmen auf. Eine Lawine hatte eine breite Schneise in den Wald geschlagen.
Die Jägerin machte einen Bogen um das Hindernis. Der Ort eignete sich bestens für ein Lager. Zwischen den Stämmen undÄsten würde man leicht einen windgeschützten Platz finden. Vielleicht sogar eine Höhle, die so eng war, dass man gar keine andere Wahl hatte, als sich näher zu kommen, wenn man dort Unterschlupf suchte. Sie dachte an die Nächte des letzten Sommers, an das ungestüme Liebesspiel mit dem Fischer, und eine wohlige Wärme stieg zwischen ihren Schenkeln in den Bauch hinauf.
Der Hang jenseits des Kiefernbruchs war verwüstet. Mannshohe Wurzelstrünke ragten aus dem aufgerissenen Boden. Geröll und klaffende Löcher machten es schwierig, hier einen Weg zu finden. Ein Stück den Hang hinauf beobachtete sie eine Gruppe Hasen. Plötzlich verharrten die Tiere. Kadlin hatte sich vorsichtig bewegt, und der Wind blies ihr entgegen. Eigentlich konnten die Hasen sie nicht bemerkt haben. Sie suchte am Himmel nach dem Schattenriss eines Greifvogels, doch da war nichts.
Dann hörte sie einen Ast brechen. Etwas bewegte sich in einem Dickicht aus Büschen und Brombeergestrüpp etwa hundert Schritt entfernt. Die Hasen sprangen auf und waren binnen weniger Herzschläge verschwunden.
Wieder krachte ein Ast. Das Geräusch klang unheimlich laut im stillen Wald. Das Hämmern des Spechtes war verstummt. Kadlin zog die Sehne auf ihren Bogen und nahm einen Pfeil aus dem Köcher an ihrer Hüfte. Sie hatte das Gefühl, dass dort oben jemand absichtlich Lärm machte. Das war gewiss kein Tier! Jemand wollte sie anlocken.
Die leichte Brise erstarb. Der Wald lag totenstill. Sie hörte nicht einmal mehr das Schnaufen von Björn. Doch den hatte sie ein gutes Stück hinter dem Kiefernbruch zurückgelassen. Wahrscheinlich nutzte er die Gelegenheit, aus
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