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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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nicht.«
    Der Priester wirkte beleidigt. Er zog seinen schweren, blauen Umhang zusammen, sodass sein Dolch wieder wohl verborgen war. »Sehe ich vielleicht wie ein dahergelaufener Strauchdieb aus? Du kannst mir vertrauen.«
    Ulric blickte dem Fremden geradewegs in dessen klare, blaue Augen. Nein, Jules würde ihn nicht belügen. Er konnte ihm trauen.
    Gemeinsam stapften sie durch den tiefen Schnee. Inzwischen war es dunkel geworden. Jules hielt sich dicht an seiner Seite.
    Ganz wie Ulric vermutet hatte, begegneten sie niemandem auf ihrem Weg. Der Schnee fiel noch immer in dichten Flocken. Er erstickte die Geräusche aus den schlichten Hütten und dämpfte das leise Knarzen ihrer Schritte.
    Der Schrein Luths war nicht mehr als eine Hütte. Die Tür war mit einem einfachen Holzriegel versperrt. Als Ulric ihn zurückzog, beschlichen ihn noch einmal Zweifel. Er wusste nichts über den Fremden. Wenn er doch ein Dieb war? Doch jetzt war es zu spät. Mit einem stummen Gebet wandte sich der Junge an den Schicksalsweber, dann zog er den Sperrriegel zurück.
    Zwei kleine Flammen erhellten das Innere des Schreins. Sie glommen auf groben Dochten, die in Tiegeln mit Fischtran steckten. Es roch stickig. Das Kettenhemd, in dem Gundar gestorben war, hing von einem kleinen Gerüst. An die Wände waren hunderte Stoffstreifen genagelt. Sie trugen mit Holzkohle geschriebene Runen. Es waren die Namen von Männern, Frauen und Kindern, die während der Kämpfe verschollen waren. Ihre Verwandten baten Luth mit diesem Opfer, ihre Liebsten nicht zu vergessen und wieder mit ihnen zusammenzuführen.
    Jules zögerte einen Augenblick, über die Schwelle in den Schrein zu treten. Die Hütte war nicht sehr groß, vielleicht drei mal vier Schritt, aber sie strahlte eine stille Feierlichkeit aus. Hoffentlich begriff der fremde Priester jetzt endlich, dass er sich geirrt hatte und es noch andere Götter neben seinem Tjured gab. Richtige Götter und keine Dämonen!
    Der Priester kniete vor dem Kettenhemd nieder. Vorsichtig berührte er die rostigen Eisenringe. In seinen Bewegungen lag mehr als nur Ehrfurcht. Es schien, als habe er Angst vor dem Geschenk Luths. Ulric beobachtete dies mit einiger Genugtuung. Es war ihm eine Entschädigung für all die schlimmen Dinge, die Jules über den Schicksalsweber behauptet hatte.
    Lange kniete der Priester vor dem kostbaren Kleinod. Als er sich endlich erhob, wirkte er zufrieden. »Dies ist ganz sicher das Kettenhemd, das Gundar trug, als ihn das Wolfspferd angriff?«
    »Ganz sicher!«, bestätigte Ulric feierlich. »Es ist das Geschenk des Schicksalswebers.« Jules nickte in Gedanken versunken.
    »Erstaunlich«, murmelte er leise. »Es sind doch stets die einfachen Lösungen, die sich als die besten erweisen.« Der Junge sah ihn verständnislos an. Er begriff nicht, was diese Worte bedeuten mochten, und er wagte auch nicht nachzufragen. Der Priester wirkte seltsam unnahbar. Ob er in diesem Augenblick wohl stumme Zwiesprache mit seinem Gott hielt? Ulric fröstelte es. Gut, dass sie im Luthschrein waren! Hier hatten fremde Götter gewiss keine Macht.
    Plötzlich zog Jules seinen Dolch. Zu verdattert, um irgendetwas zu sagen oder fortzulaufen, starrte Ulric auf die lange, funkelnde Klinge. Der Priester kam auf ihn zu. In blitzendem Bogen schnellte die Waffe vor und grub sich mit einem dumpfen Geräusch tief in die Holzwand.
    »Man bringt Luth Geschenke aus Eisen, wenn man sich bei ihm bedanken will, das habe ich doch richtig verstanden?« Das Lächeln war in Jules‘ Gesicht zurückgekehrt.
    »Ja«, sagte Ulric heiser. Der Schreck steckte ihm noch in den Gliedern. Hatte der Fremde vorgehabt, ihn zu erschrecken? Oder hatte er einfach nicht darüber nachgedacht, was er tat?
    »Wo wir gerade von Geschenken reden, Ulric ...« Jules streifte seinen Umhang zurück und öffnete eine große Ledertasche, die er an einem Riemen über der Schulter trug. »Über dem Gespräch mit dir habe ich ganz vergessen, dass ich auch für dich ein Geschenk mitgebracht habe. Es ist nichts Besonderes. Ich bin kein reicher Mann. Ich habe das hier während meiner Wanderschaft gemacht.« Er zog drei hölzerne Puppen hervor. Einen Krieger mit Schwert, eine Prinzessin mit Haaren aus rotem Nussholz und einen rußgeschwärzten Hund.
    Ulric gaffte die handgroßen Puppen mit weit aufgerissenen Augen an. Es waren die schönsten, die er jemals gesehen hatte. Ihre Arme und Beine hatten bewegliche Gelenke! Aber vor allem anderen waren es nicht

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