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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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irgendwelche Figuren. Der Fremde hatte ihn, Halgard und Blut als Puppen gefertigt. Ulric wusste jetzt schon, dass Halgard ganz verrückt danach sein würde.
    »Ich bin leider kein großer Künstler«, entschuldigte sich der Priester. »Die Gesichter sind etwas grob geraten.« Er hielt dem Jungen die Puppen hin.
    Wie ein Hund nach einem blutigen Fleischklumpen, schnappte Ulric danach und ließ sie sofort fallen. Etwas hatte ihn in die Hand gestochen. Ein dünner Blutfaden rann über seine Handfläche.
    »Oh, bei Tjured, verzeih mir!« Der Priester bückte sich und hob die Puppen wieder auf. Sie hatten den Sturz unbeschadet überstanden. »Das Schwert! Ich habe es aus einem Nagel gemacht und wohl zu sehr geschliffen. Dass es so spitz geworden ist, war mir gar nicht bewusst. Lass mich bitte deine Hand sehen.«
    »Ach, das ist nichts«, winkte Ulric ab.
    »Bitte! Aus so einer kleinen Wunde kann Übles erwachsen, wenn man sie nicht säubert. Ich will dich doch beschenken und nicht umbringen.«
    Unwillig streckte der Junge Jules die Hand entgegen. Es war überflüssig, so viel Aufhebens darum zu machen. Aber sollte der Priester nur seinen Willen haben. Ulric schämte sich auch dafür, so gierig nach dem Spielzeug gegriffen zu haben. Das war sonst gar nicht seine Art.
    Jules holte ein weißes Tüchlein aus der Tasche und tupfte damit die Wunde ab. Es war nur ein feiner Schnitt inmitten seiner Handfläche. Ein Kratzer, nichts von Bedeutung. Doch der Priester runzelte die Stirn. Er schob das Tüchlein wieder in seine Tasche zurück. »Du darfst an dieser Wunde nicht herumspielen. Reiß dir nicht die Kruste ab, wenn der Schnitt verheilt. Am besten wäre es, wenn du mir gestattest, dir einen strammen Verband anzulegen. Du solltest die Hand schonen.«
    »Wegen der Kleinigkeit?« Ulric lachte und zog die Hand zurück. »Ich weiß ja nicht, wie es mit den Kindern in deiner Heimat ist, aber ich bin nicht so eine Memme. Das ist doch gar nichts!«
    »Tu meine Worte nicht einfach ab. Streck die Hand noch einmal vor. Ich muss dir etwas zeigen.« Ulric gehorchte, auch wenn er das Verhalten des Priesters äußerst merkwürdig fand.
    »Siehst du die feinen Linien in deiner Hand? Jede von ihnen hat eine Bedeutung. Dies hier ist deine Lebenslinie. Der Kratzer hat sie zerteilt. Wenn eine Narbe zurückbleiben würde, dann wäre das schlimm.« Er fuhr vorsichtig mit dem Finger über die Linien der Handfläche. »Lass mich bitte auch deine andere Hand sehen. Halt sie nebeneinander. Ja, so ist es gut.«
    »Und, was steht dort?«, fragte Ulric neugierig.
    Der Priester blickte auf, und feiner Spott funkelte in seinen Augen. »Glaubst du nun, dass du mich dabei erwischt hast, dass ich Unsinn erzähle?«
    »Wie kommst du denn darauf?«, fragte der Junge ehrlich überrascht.
    »Nun, eben habe ich dir noch erzählt, dass unser Leben nicht vorherbestimmt ist, und nun lese ich in den Linien deiner Hand, was dir die Zukunft wohl bringen mag. Aber das ist nicht so, wie es scheint. Stell dir eine Kiste vor, in der alle möglichen Dinge aufbewahrt werden. Ein Schwert, ein Webrahmen und eine Spindel, vielleicht auch eine Harfe. Die Kiste ist noch verschlossen, doch jemand hat sich die Mühe gemacht, Runen in das Holz zu ritzen. Sie verraten, was alles in der Kiste verwahrt ist. So ist es mit den Handlinien. Sie erzählen mir davon, was dein Leben bringen mag. Und ich kann an deinen Händen auch erkennen, was du schon getan hast.«
    Er deutete auf die Schwielen an Ulrics rechter Hand. »Hier erkenne ich, dass du fleißig mit einer Waffe geübt hast. Vermutlich mit einem Holzschwert. Hättest du mit einer Hacke auf dem Feld gearbeitet oder einem Handwerker geholfen, dann hättest du an beiden Händen Schwielen. Aber kommen wir auf die Truhe zurück. Es liegt bei dir, sie zu öffnen. Je nachdem, was du herausholst, wird dein Leben einen anderen Weg nehmen. Und diese Entscheidung liegt allein bei dir.«
    »Du solltest nicht so in Luths Schrein reden«, sagte Ulric ernst. Langsam überkam ihn der Verdacht, dass der Priester sich vorgenommen hatte, ihm seinen Glauben zu stehlen. Doch so weit würde er es nicht kommen lassen. Er war schließlich nicht dumm! Ob auch die Holzpuppen zu diesem Plan gehörten?
    Misstrauisch musterte er sie. Auf dem hellen Holz der Kriegerpuppe prangten zwei helle Blutflecken. Auch das kleine, schimmernde Schwert des Kriegers war blutverschmiert. Hatte Luth ihm ein Omen geschickt? Ulric war sich sicher, dass er ein Krieger werden würde.

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