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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Elfe Silwyna war für ihn eine lebendig gewordene Märchengestalt gewesen. Doch seine verlorene Mutter hatte sie nicht ersetzen können und wollen. Später hatte er begriffen, wie naiv es gewesen war, von einem Weib, das sein eigenes Kind bei Wölfen zurückgelassen hatte, um mit seinem Vater zusammen zu sein, die Zuneigung einer Mutter zu erwarten. Und seit Halgard ihm die Augen geöffnet hatte, wer Kadlin wirklich war, argwöhnte Ulric, dass Silwyna etwas mit dem Verschwinden seiner Mutter zu tun haben könnte. Er erinnerte sich, dass auch sie in die Berge gegangen war, um nach Asla und Kadlin zu suchen.
    »Gut, dass du endlich zurück bist, Junge!« Sein Vater trat vom Tisch zurück und schloss ihn warmherzig in die Arme. »Sieh nur, wer gekommen ist.« Alle blickten jetzt von den Karten auf. Eirik, Björn und noch ein halbes Dutzend weiterer Hauptleute waren versammelt. Doch Ulric ignorierte sie. Sein Blick war ganz gefangen von der Elfe mit dem kurzen, blonden Haar, über deren Schultern die Griffe von zwei Schwertern aufragten.
    Sie lächelte. »Aus dem Knaben ist ein stattlicher Mann geworden, wie ich sehe.« In dem Winter, in dem seine Mutter lieber einen Treck mit Flüchtlingen in Sicherheit gebracht hatte, statt nach ihm zu suchen, und in dem sein Vater sogar in einer anderen Welt gegen eine Übermacht von Trollen gekämpft hatte, war sie es gewesen, die gekommen war, um ihn zu retten. Gegen jede Vernunft war sie allein in das Heerlager der Trolle eingedrungen und hatte ihn und Halgard befreit, bevor sie erfroren oder ihnen noch Schlimmeres widerfuhr. Sie und Blut, der große schwarze Jagdhund seines Vaters.
    »Yilvina«, sagte er mit belegter Stimme. »Es tut gut, dich zu sehen.«
    »Bevor ihr euch um den Hals fallt und anfangt, uns alle mit alten Heldengeschichten zu langweilen, die ich im Übrigen besser erzählen könnte als du, sollte dein Vater dich vielleicht in unsere Pläne einweihen«, unterbrach Lambi ihr Wiedersehen und schob ihn an den Kartentisch.
    Ulric betrachtete die Landkarte, die auf frisches Pergament gezeichnet war. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu orientieren. Sie reichte viel weiter nördlich und war auch viel detaillierter als jede Karte, die er bisher gesehen hatte. Mit kupferfarbener Tinte waren die Berge und Fjorde eingezeichnet. Es gab sogar Anmerkungen zu Meeresströmungen und Wassertiefen. Am nördlichsten Fjord, dessen Arm sich tief in unzugängliches Bergland erstreckte, waren etliche Kartenkorrekturen vorgenommen worden. Sie waren in schwarzer Tinte ausgeführt.
    »Wer hat das gezeichnet?«, fragte Ulric verblüfft. »Warum habe ich diese Karte noch nie gesehen?«
    »Yilvina hat sie mitgebracht. Sie wurde von unseren Elfenfreunden gezeichnet. Einer ihrer Späher war einen Mond lang hier oben am Fjord und hat die Nachtzinne beobachtet. Wir wissen jetzt alles über die Hauptfestung der Trolle.«
    »Fingayn, nehme ich an.«
    Yilvina blickte kurz zu ihm auf. »Du bist auch nicht schlecht informiert, Ulric Alfadasson. Es ist allerdings zwei Jahre her, dass er dort war. Er sollte die Möglichkeiten für einen Angriff auf die Nachtzinne ausspähen. Elodrin erwog damals, Orgrim zu töten und den Trollen so ihren besten Heerführer zu nehmen. Aber dass du um Fingayn weißt ... Ich bin beeindruckt.«
    Ulric tat das Kompliment ab. Es ärgerte ihn, dass die Elfen bessere Karten vom Fjordland und den nördlichen Bergen besaßen als sein Vater, der immerhin der König dieses Landes war.
    »Ich bin im Auftrag des Fürsten Elodrin von Alvemer hier. Er bat deinen Vater um Unterstützung für einen Angriff auf die Nachtzinne. Eure Aufgabe bestünde darin, die Garnison der Nachtzinne von der Felsenfestung fortzulocken und ein paar Stunden lang im Kampf zu binden. In dieser Zeit wird Elodrin mit einer Schar handverlesener Kämpfer die Nachtzinne erstürmen und seine Flotte in der Bucht landen lassen. Wir werden sodann den Trollen in den Rücken fallen, die gegen euch kämpfen.«
    »Warum tragt ihr euren Krieg mit den Trollen in unsere Welt?«, fragte Ulric. »Warum sollten wir ...«
    »Wir leben auch im Krieg mit den Mördern deiner Mutter! Gerade du solltest nicht vergessen, was sie uns angetan haben!«, unterbrach ihn sein Vater zornig. »Bei den Göttern! Hast du vergessen, wie sie gewütet haben? All die niedergebrannten Städte und Dörfer! Nun werden wir ihnen endlich Gleiches mit Gleichem vergelten!«
    Ulric sah seinem Vater ins Antlitz. Sein Wunsch nach Rache hatte ihn

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