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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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ging ihm der tiefere Sinn dieser Übung auf. Der Mann war ein Bettler seines Gottes. Wie erbärmlich die Religion der Menschen doch war. Was waren das für Götter, die ihre Diener zu Bettlern machten? Was war an ihnen anbetungswürdig,
    wenn sie nicht einmal ihre ergebensten Diener versorgen konnten?
    »Du musst den Wachen das Kupfertäfelchen zeigen. Das ist unser Passierschein«, raunte Ganda.
    Ollowain war an der Reihe, doch statt das Tor zu durchschreiten, war er stehen geblieben und starrte den Priester an.
    Der Wachmann stellte eine Frage.
    »Nun mach schon«, drängte Ganda.
    Ollowain drückte dem Krieger das Kupfertäfelchen in die Hand. Sie wurden durchgewunken und pflichtgemäß mit Wasser besprengt. Auf eine Spende für den Gott des Glatzkopfs verzichtete er, was ihm einen bösen Blick des Priesters einbrachte.
    Hinter dem Tor erstreckte sich eine breite, ordentlich gepflasterte Straße bis tief ins Herz der Stadt. Der Schwertmeister war überrascht zu sehen, wie groß Iskendria war. Die hohe Hafenmauer hatte das Häusermeer vor seinen Blicken verborgen. Nach Norden hin stieg ein flacher Hügel an. Dort standen prächtige Paläste und Tempelanlagen. »Ich hoffe, die Königin hat dir gesagt, wohin wir gehen sollen.«
    »Du wirst mir wohl vertrauen müssen.« Ihr unverschämtes Grinsen unterstrich das Paradoxon, solche Worte aus dem Mund einer Lutin zu vernehmen. Sie deutete zu den Hügeln. »Wir müssen dorthin. Emerelle hat mir den Weg beschrieben. Da gibt es ein großes Handelskontor. Eine Elfe, die sich als Menschenweib verkleidet, leitet es. Sie heißt Sem-la. In ihrem Haus, verborgen in einem Kellergewölbe, liegt der Albenstern, der uns in die Bibliothek führen wird.«
    Ollowain ergab sich in sein Schicksal; er war der kleinlichen Streitereien müde. »Geh voraus und zeig mir den Weg. Und dann erzähl mir endlich die Geschichte, die du dem Hauptmann der Wachen aufgetischt hast.«
    Ganda räusperte sich. »Wissen macht einen nicht immer glücklicher. Das ist doch völlig belanglos.«
    »Nicht für mich.«
    »Dann schwöre mir, dass du nicht zornig wirst. Ich wollte dich davor bewahren.«
    »Rede endlich!«
    »Du musst erst schwören.«
    Was dachte diese Lutin sich eigentlich? Dass er in wilder Raserei mit dem Schwert über sie herfallen würde? »Ich schwöre, dass ich nicht zornig werde und dich nicht schlagen werde oder dir irgendein anderes Leid zufüge. Und jetzt rede.«
    Gandas Augen blitzten verschlagen. »Gut. Du giltst als der Ehrenhafteste unter den elfischen Schwertfuchtlern. Ich stelle mich also unter den Schutz deines Eides. Es ist übrigens dieselbe Geschichte, die ich dem Kapitän der Galeere über dich aufgetischt habe.«

VON MÄRCHEN, GOTTESBRÄUTEN UND EINER VERBANNTEN

    Der Elf hielt sich so steif, als habe man ihm das Schwert in den Allerwertesten geschoben. Welch ein überheblicher Bastard! Aber seinem Eid konnte man gewiss trauen.
    Ganda überlegte kurz, ob sie ihre Geschichte noch weiter ausschmücken sollte, verwarf den Gedanken daran aber wieder. Auf die Vorgeschichte ging sie nicht weiter ein. Wenn er darum wüsste, würde er sich weniger ärgern, und er war irgendwie süß, wenn er mit seinem Zorn rang.
    »Ich habe den Seeleuten erzählt, dass wir zum Volk der Söhne Zeynels gehören«, begann Ganda im verhaltenen Tonfall der blinden Märchenerzähler von Tanthalia. »Das ist ein bedeutender Nomadenstamm, der tief im Süden über die großen Handelswege durch die Wüste wacht und dort alle Oasen beherrscht. Du bist Arban ben Chalasch, der Verbannte. Hübscher Name, nicht wahr?«
    Sie blickte zu ihm auf. Jedes Mal musste man den Kopf in den Nacken legen, wenn man mit einem Elfen sprach. Nie kamen sie auf die Idee, dass es für die Lutin vielleicht angenehmer wäre, wenn man sich zum Reden setzte. Ollowain hob eine Braue.
    »Ja, ja. Ich erzähl schon weiter. Also, ich habe erklärt, dass du mein Vater bist und dass du der beste Schwertkämpfer unseres Fürsten Karim warst. Wann immer es Zwistigkeiten zwischen den Sippen gab, die Worte nicht mehr beizulegen vermochten, hat er dich geschickt. Und du bist niemals besiegt worden. So mehrten sich von Jahr zu Jahr dein Ruhm und der Reichtum unseres Fürsten. Leider wuchs die Zahl eurer Neider noch schneller. Und da kein Schwert dich zu besiegen vermochte, mussten Worte das Werk vollbringen, für das Stahl zu schwach war. Zunächst versuchte man dich mit den Reizen schöner Sklavinnen zu locken, doch du warst meiner Mutter in so

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