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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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inniger Liebe zugetan, dass auch dieser Versuch, dir zu schaden, keine Früchte trug. Da deine Feinde keine Schwäche bei dir finden konnten, versuchten sie es nun umso verzweifelter bei unserem Fürsten. Und so edel und gerecht Karim auch war, fanden sie tatsächlich einen Punkt, in dem die Taten unseres Fürsten nicht von kühlem Verstand, sondern von heißem Herzen gelenkt wurden. Du musst wissen, edler Vater, unser Fürst war bei all seinen Vorzügen kein sehr ansehnlicher Mann. Ihm gereichte zum Vorteil, dass die Männer unseres Volkes ein bodenlanges Gewand tragen und sich verschleiern, um sich vor dem brennenden Blick der Sonne und dem erstickenden Staub in der Luft zu schützen. Seit einer Krankheit in Kindertagen waren Leib und Antlitz des Fürsten Karim von hässlichen roten Narben entstellt. Desto mehr erfüllte es ihn mit Stolz, dass er die wunderbare Arsinoe zum Weib hatte gewinnen können, von deren gazellenhafter Schönheit man selbst in den Palästen Iskendrias sprach. Hier nun setzten eure Feinde zum tödlichen Stoß an. Sie bestachen die Berater des Fürsten und sponnen ein Netz feiner Lügen um dich und die schöne Arsinoe. Mal hieß es, dein Blick habe einen Herzschlag zu lange auf ihrem wunderbaren Antlitz verweilt, dann tuschelte man, du habest über den Fürsten gespottet, weil er noch immer kein Kind gezeugt habe. Ja, manche munkelten sogar, du seiest ein so treuer Diener, dass du im Geheimen darüber nachdächtest, den Fürsten und seine Gemahlin vom Makel der Kinderlosigkeit zu befreien. So wie Wind und Wüstensand mit der Zeit selbst den härtesten Fels nach ihrem Willen formen, so blieben auch die giftigen Worte auf Dauer nicht ohne Wirkung. So sehr Fürst Karim dir auch vertraute, langsam begann die Saat des Zweifels in seinem Herzen zu keimen. Er schickte dich auf lange Reisen, damit du und Arsinoe nicht am selben Ort weilten. Immer herrischer wurde er in seinen Forderungen gegen seine Nachbarn, immer dünner der Schild seiner Ehre, und immer häufiger fand er einen Grund, dich zu schicken, um seine Händel auszufechten. Manch wackerer Krieger musste sterben, weil Karim fürchtete, dich in seiner – und somit auch Arsinoes – Nähe zu wissen. Wohl niemals wird man erfahren, was dir letztlich zum Verhängnis wurde, ob es der Wille eines übellaunigen Gottes war, ein tragischer Zufall oder ein letzter geschickter Streich deiner Feinde. Es geschah an einem heißen Frühlingsmorgen, dass Arsinoe aufbrach, um in ihrem Oasengarten Einsamkeit und köstliche Kühle zu suchen. Du sahst sie von fern und grüßtest sie. Doch wagtest du dich nicht in ihre Nähe, denn auch du hattest schon von den dunklen Gerüchten gehört, die sich um dich und die schöne Fürstin rankten, und wolltest diesen Geschichten keine neue Nahrung geben. Zumal Arsinoe ohne ihre Dienerinnen gekommen war und es auch sonst niemanden im Garten gab, der hätte bezeugen können, dass dies nicht der Ort eines heimlichen Stelldicheins war. Du wolltest dich gerade entfernen, als Arsinoe einen überraschten Schrei ausstieß. Dann stöhnte sie und sank zu Boden, wie von einem unsichtbaren Dolch gefällt. Alle Vorsicht außer Acht lassend, liefst zu deiner Herrin, und als du sie erreichtest, sahst du noch gerade eben einen Todeskussskorpion im Rosendickicht verschwinden. Das Gift dieser tückischen Bestie lässt sengenden Schmerz durch alle Adern rinnen, doch seine heimtückischste Wirkung ist, dass es dem Herzen den Mut zu schlagen nimmt. Arsinoe lag hingestreckt vor dir am Ufer eines kleinen Teiches, umgeben von weißen Lilien. Sie hörte schon nicht mehr, wie du sie beim Namen riefst. Und so tatest du, was jeder Aufrechte getan hätte. Du beugtest dich zu ihr hinab, um selbstlos um ihr Leben zu kämpfen. Ein weiserer Mann hätte vielleicht um Hilfe gerufen und eher an seinen Ruf gedacht, doch Weisheit und stolze Ehrenhaftigkeit gehen oftmals nicht Hand in Hand. Als man dich fand, hattest du noch immer nicht aufgegeben, um deine Fürstin zu ringen, und du warst dir sicher, dass ihr Herz wieder zu schlagen begonnen hatte, schwach und unregelmäßig wie der Flügelschlag eines Vogels, der zum ersten Mal seine Fittiche ausstreckt. Doch man zerrte dich von ihr fort. Von Ferne muss es ausgesehen haben, als beugtest du dich wie ein ungestümer Liebender über sie. Arsinoes Kleider waren unschicklich verrutscht, die Brust über ihrem Herzen nahezu entblößt. Trotz all deiner Bitten und Drohungen brachte man dich fort von ihr. Und

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