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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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erlitten, aber es war immer noch stark, jedenfalls wenn sie verhindern konnte, dass die Herzöge sich einen Krieg um den Thron lieferten.
    Müde stützte Skanga sich auf ihren Stab. An ihrer Seite stand Birga, ihre Schülerin und einzige Eingeweihte. Ihr hätte sie ohnehin nichts vormachen können. Sie sah, was es mit dem Kugelzauber auf sich hatte, dem Trugbild das dicht neben ihr schwebte: Branbarts Seele war gerettet, daran bestand kein Zweifel. Doch es war besser, wenn die Krieger ihres Volkes glaubten, Zeugen geworden zu sein, wie diese Seele zum Himmel aufstieg. Nur so konnte Skanga sich sicher sein, dass es keine Gerüchte darüber geben würde, der König sei in Wahrheit im Nichts gestorben. Deshalb hatte sie den Kugelzauber erschaffen.
    Die Schamanin war nicht stolz auf ihren Betrug. Sie tat es aus Notwendigkeit. Ihr Volk musste fest daran glauben, dass ihr König wiedergeboren würde. Was es sah, wog schwerer als alle Worte. Der Betrug geschah um des Friedens willen, sagte sich Skanga. Nur deshalb!
    Die alte Schamanin war zu Tode erschöpft. Seit sie tags zuvor zurückgekehrt war, hatte sie nicht geschlafen, denn sie hatte den Zauber aufrechterhalten müssen. Eine Kugel, die schimmerte wie Glas und in deren Innerem ein unstetes weißes Licht flackerte.
    Jetzt ließ sie die Kugel ein Stück weit über ihrem Kopf schweben. Es war nur ein Illusionszauber, aber keiner dort unten vor dem Hügel würde an ihren Worten zweifeln. Sie würden glauben, was sie ihnen sagte.
    Skanga spürte tausende Blicke auf sich ruhen. Sie waren ihr schwer wie ein Mühlrad. »Krieger der Snaiwamark, euer König ist von euch gegangen. Er starb nicht durch den Stahl einer Elfenklinge. Es war Magie der schändlichsten Art, die ihn letztlich das Leben kostete. Elfenmagie, gewirkt von der Tyrannin Emerelle. Sie war es, die den Albenpfad vernichtete, auf dem unser Heer marschierte. Sie hat getan, was noch keines der Kinder derAlben zuvor gewagt hat: Sie hat sich an der Magie der Älteren vergangen. Sie hat ein Stück aus dem magischen Wegenetz gerissen, das die Alben uns zum Geschenk gemacht haben. Wir Albenkinder sollten diese Gaben hüten. Doch Emerelle wusste, dass sie uns nicht mehr besiegen konnte. So tat sie das Unverzeihliche, statt sich in ihr unabwendbares Schicksal zu fügen.«
    Skanga streckte beide Hände der Lichtkugel entgegen, die über ihrem Haupt schwebte. »Bei deiner Seele, Branbart, schwöre ich Emerelle eine Fehde bis in den Tod. Ich werde nicht ruhen, bis ich sie von ihrem Thron vertrieben habe. Ich weiß nicht, wie ihr fühlt, aber mir schmerzt das Herz in der Brust, wenn ich bedenke, wie Branbart, der König, der uns die gestohlene Snaiwamark zurückerobert hat, durch einen schändlichen Zauber fallen musste. Hörst du mich, mein König?«
    Sie ließ das Licht in der Kugel flackern. »Seht, ihr Trollkrieger! Branbart ist bei uns!« Skanga kniete nieder. Ihre alten Gelenke knackten, und sie hatte Sorge, dass sie trotz des Stabes vielleicht nicht ohne Hilfe wieder aufstehen könnte. »Bald gebe ich dich frei, mein Gebieter. Doch deine Kinder sollten dich noch ein letztes Mal sehen. Wisset, Krieger der Snaiwamark, drei Tage und drei Nächte kämpfte Branbart gegen die Schatten im Nichts, die heimtückischen Yingiz, die über uns herfielen, als der Albenzauber gebrochen ward. Selbst als längst jeder Krieger gefallen war, der mit uns in die heimtückische Falle geriet, mochte er nicht aufgeben. Doch die Zahl der Feinde war zu groß. Wo er einen überwand, standen sogleich zwei neue. Zuletzt bezwangen ihn die Seelenfresser, und sie zerstörten seinen Leib. Doch ich konnte retten, wonach sie sich am meisten verzehrten: die Seele des Kriegerhelden. So wird Branbart uns wiedergeboren werden.« Skanga beobachtete, wie mehr und mehr Krieger auf die Knie gingen. Sie kannte sie. Sie waren rau und in den Augen der meisten anderen Albenkinder blutdürstige Ungeheuer, aber sie verehrten tapfere Kämpfer. Selbst wenn es Feinde waren.
    »Seine letzten Worte, als er todwund in meinen Armen lag, galten euch, Krieger der Snaiwamark. Verschenkt das Land eurer Ahnen, um das wir so bitter gekämpft haben, nicht an eure Feinde. Seid eins und wartet, bis euch ein neuer König geboren wird. Lasst alle Fehden ruhen! Euer König ist tot. Doch er wird wiederkehren, denn Branbarts Liebe zu euch reicht über das Grab.«
    Irgendwo unten auf der Ebene schlug jemand eine Kriegskeule auf seinen Holzschild. Ein zweiter Krieger nahm den Rhythmus auf,

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