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Elfenlord

Elfenlord

Titel: Elfenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brennan
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Seine alten Feinde konnten nun ungestraft tun, was sie wollten   – oder glaubten es zumindest. Die Frage war nur, welche alten Feinde?
    Der Hauptmann der Wache öffnete eine Tür und schob ihn, eher unsanft, in einen hell erleuchteten Raum. Sofort bekam er auch schon seine Antwort. »Ah, Madame Cardui«, murmelte Hairstreak. »Wie liebenswert von Ihnen, mich einzuladen.«
    Die alte Hexe hatte es sich auf einer Hängewolke bequem gemacht. Irgendjemand hatte die Bemerkung fallen lassen, dass sie dieser Tage eine Menge solcher Hilfsmittel zu benötigen schien, ein mögliches Anzeichen dafür, dass ihre Knochen brüchig wurden. Aber ob brüchig oder nicht, es war nie klug, sie zu unterschätzen. Sie trug etwas Langes und Fließendes, mit eingewebten Hypnozaubern, die Anmut und Schönheit suggerierten. Und sie schien sehr entspannt zu sein, was ein schlechtes Zeichen war. Das Amtszimmer war bis auf eine Reihe von Glühkugeln, die Licht spendeten, und einen schweren, kastanienbraunen Samtvorhang, der einen Teil des Raumes im Hintergrund abtrennte, nicht möbliert.
    »Wie gütig von Ihnen, zu kommen«, sagte Madame Cardui. Sie gab den Männern der Wache ein Zeichen, worauf sie sich sofort zurückzogen und die Tür hinter sich schlossen. »Ich würde Sie ja gern bitten, sich zu setzen, Lord Hairstreak, aber anscheinend habe ich es versäumt, einen Stuhl herbeischaffen zu lassen.«
    »Das macht doch nichts«, sagte Lord Hairstreak. »Ich nehme an, dass unsere Angelegenheit nicht sehr lang dauern wird.«
    »Das wird sich zeigen«, sagte Madame Cardui und warf ihm einen harten Blick zu. »Oder sagen wir: es ist eine Frage der Kooperationsbereitschaft.«
    »Heutzutage ist Kooperation ja alles«, sagte Lord Hairstreak leichthin. »Das habe ich eben noch auf dem Weg hierher gedacht.« Jetzt gerade dachte er, dass er im Notfall vielleicht davonkam, wenn er sie umbrachte. Bei der Leibesvisitation, die er als erniedrigend empfunden hatte, hatte man das Stilett übersehen, das in seinem Oberschenkel implantiert war. Er konnte die Waffe durch eine Seitentasche herausziehen, ihr die Spitze hinters Ohr rammen und den Rest von der giftigen Beschichtung erledigen lassen. Mit etwas Glück würden die Wachen vielleicht glauben, dass sie schliefe, bis es ihm gelungen war, sich aus dem Staub zu machen, und das Gift war natürlich nicht nachweisbar. Es wäre schön, Madame Cardui aus dem Weg zu räumen. Aber vielleicht noch nicht sofort. Erst mal musste er wissen, warum sie ihn hierhergebracht hatte und was sie wollte.
    »Ich bin entzückt, das zu hören«, sagte Madame Cardui. »In diesem Fall wird sich unsere Angelegenheit sicher nicht lange hinziehen.«
    Er wartete. Sie hatte ihre scheußliche, durchsichtige Katze bei sich, die sich auf derselben Wolke zusammengerollt hatte   – wie unhygienisch: Diese räudige Kreatur musste beinahe so alt sein wie sie und weigerte sich noch immer zu sterben. Sie starrte ihn bösartig an, aber inzwischen war sie zumindest zu langsam geworden, um noch als ihr Leibwächter zu taugen. Vermutlich hielt sie sie nur noch aus Gewohnheit oder aus irgendeinem sentimentalen Gefühl der Dankbarkeit. Ein großer Fehler. Wenn etwas seine Nützlichkeit überlebt hatte, musste man es loswerden.
    »Lord Hairstreak«, sagte Madame Cardui sanft, »warum haben Sie beschlossen, das Zeitfieber zu entfesseln?«
    Also das war es. Er hatte sich schon gefragt, wie lange sie brauchen würde, um misstrauisch zu werden. Um zu testen, wie viel sie wirklich wusste, setzte er einen besonders verblüfften Gesichtsausdruck auf und runzelte die Stirn. »Das Zeitfieber, Madame Cardui? Ich verstehe nicht   …«
    »Natürlich verstehen Sie«, sagte Madame Cardui scharf. »Dies hier ist keine natürliche Krankheit   – das wissen wir beide. Mein Oberzauberarztheiler hat das heute noch einmal bestätigt. Sie breitet sich nicht auf normale Weise aus, sie reagiert auf keine normale Behandlungsmethode und sie attackiert ihre Opfer mit einer noch nie da gewesenen Bösartigkeit. Das ist keine Krankheit, Lord Hairstreak. Das ist eine Waffe. Und ich glaube, Sie sind derjenige, der sie schwingt.«
    Nicht schlecht, dachte Lord Hairstreak. Erheblich weniger als die ganze Wahrheit, aber logisch und ungefähr in die richtige Richtung gehend. Das Alter hatte ihre Denkfähigkeit noch nicht beeinträchtigt. Aber sie war offenkundig nicht mehr so sorgfältig bei der Wahl ihrer Worte.
Und ich glaube, Sie sind derjenige, der sie schwingt.
Glauben war

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