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Elfenlord

Elfenlord

Titel: Elfenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brennan
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zuckte mit den Schultern, als würde das irgendetwas erklären.
    »Luchti ist dein Stamm   – richtig?«
    »Mein Volk«, sagte Lorquin.
    »Wo sind sie?«, fragte Henry.
    Lorquin machte eine vage Geste zum fernen Horizont. Er sah aus, als hätte das Gespräch ihn ungeduldig gemacht. Oder möglicherweise nur verwirrt.
    Henry leckte seine Lippen. »Warum bist du allein in der Wüste? Du
bist
doch allein, oder?«
    Lorquin nickte. »Ja.«
    »Warum das?«, fragte Henry. »Ich meine, warum bist du nicht bei deinem Volk?«
    »Ich suche den Draugr«, sagte Lorquin. Zu Henrys Überraschung lächelte er plötzlich breit. »Und ich finde dich.«
    Henry fragte sich, was ein Draugr war, dachte aber, dass er in Kürze noch einmal darauf zurückkommen würde. Er hatte einen ziemlich cleveren Verdacht, was hier vielleicht los war. »Du bist dabei, ein Mann zu werden, oder?«
    Lorquin streckte seine schmale Brust stolz heraus. »Ja.«
    Bingo
, dachte Henry. Irgendwo hatte er über so etwas gelesen oder möglicherweise auch einen Dokumentarfilm im Fernsehen darüber gesehen. In vielen primitiven Stämmen gab es Initiationsriten für junge Männer. Sie markierten den Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter. Man wurde allein weggeschickt, um im Busch oder im Dschungel oder in der Wüste auf eigene Faust zu überleben, und wenn man diese Prüfung bestand, war man ein Mann. Manchmal war das richtig schwer. Junge Massai oder Zulus oder so mussten manchmal losziehen und einen Löwen töten, bevor sie wieder zum Stamm zurückdurften. Er hoffte, Lorquins Draugr war nicht so etwas, aber es gab durchaus die Möglichkeit, dass er genau das war. Er öffnete den Mund, um zu fragen, aber Lorquin war schneller.
    »Dich zu finden, war ein gutes Omen, EnRi«, sagte Lorquin.
    »Warum das?«, fragte Henry.
    »Wenn der Gefährte steht, wissen wir, dass der Vaettir lebt«, sagte Lorquin kryptisch.
    Aus irgendeinem Grund rüttelte dies Henry auf. »Lorquin«, sagte er. »Diese Draugr-Sache ist etwas, das du finden musst, damit du ein Mann werden kannst? Wie ein Schatz? Irgendeine seltene Pflanze? Etwas, das für deinen Stamm sehr wertvoll ist?« Noch während er die Frage stellte, wusste er schon, wie die Antwort lauten würde, aber er wollte wirklich, wirklich nicht, dass die Situation sich so entwickelte, wie er es vermutete.
    Lorquin grinste ihn an. »Der Draugr ist etwas, das wir töten müssen, EnRi.«
    Das Wort
wir
ließ ganze Neonlichter aufleuchten. »Wir?«, wiederholte Henry. »Du meinst, du und ich?«
    »Du bist der Gefährte, von dem in den Heiligen Sagen die Rede ist«, sagte Lorquin wohlwollend.
    »In Wirklichkeit bin ich nicht   –«
    »Und als Gefährte wirst du mir helfen, den Draugr zu finden, so wie die Lieder berichten.«
    »Lorquin, ich weiß überhaupt nichts von euren Liedern. Oder Draugrs. Ich weiß nicht, was sie sind. Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin. Ich weiß nicht, wie ich aus dieser Wüste herauskommen soll. Ich weiß nicht einmal, in welchem Land ich bin. Ich kann nicht   –«
    Lorquin hörte nicht zu. Er hatte den verträumten Gesichtsausdruck eines Predigers, wenn er versucht, einen zu bekehren. »Als Gefährte ist es dein Schicksal, dass du mir beistehst, den Draugr zu
töten

    Obwohl er es schon kommen sah, ließen diese Worte Henry frösteln. Er hatte wirklich die Wahrheit gesagt, als er erklärte, dass er nicht wisse, wo er war oder wie er hierhergekommen war, und nun wurde er mit einer grässlichen Unvermeidlichkeit in etwas Schreckliches hineingezogen, in etwas furchtbar Gefährliches wahrscheinlich, wenn eran seine früheren Besuche im Elfenreich dachte. Das Problem war, dass Lorquin ihm das Leben gerettet hatte.
    Er konnte nicht zulassen, dass der Junge ihn mit seiner Pflege ins Leben zurückholte, und dann einfach davongehen und ihn der wie auch immer schrecklichen Aufgabe überlassen, die aus ihm, wie sein Stamm beschlossen hatte, einen Mann machen würde.
    Henry holte tief Luft. »Dieser Draugr   …«, sagte er vorsichtig. »Das ist nicht zufällig ein anderer Name für einen Vaettir, oder?«
    »O nein«, sagte Lorquin. »Der Vaettir führt uns nur zu dem Draugr hin. Der Draugr ist der Vater des Vaettirs.«

SECHSUNDVIERZIG
    C halkhill beklagte sich schon wieder. Über den Staub, über die Hitze, über den mangelnden Komfort, über alles. Brimstone fragte sich allmählich, warum er sich die Mühe gemacht hatte, ihn mitzunehmen. Dann blickte er auf die

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