Elfenmeer: Roman (German Edition)
Diesem Piraten? War es die Hoffnung, dass er bald wieder auf sein Schiff zurückkehren und keine Gelegenheit haben würde, ihre Geschichte auszuplaudern? Irgendwie erschien ihr Arn wie ein Teil einer anderen Welt. Er gehörte nicht hierher, und so konnte bei ihm die Wahrheit auch keinen Schaden anrichten. Blieb nur zu hoffen, dass ihr Gefühl sie nicht trog.
»War es ein Unfall?«
Marinel blickte ihm starr in die Augen und erwog noch einmal, ob sie lügen sollte, doch es war ihr einfach nicht möglich. Regungslos erwiderte sie seinen Blick, und Arn nickte.
»Er hat versucht, Euch auszuschalten.« Ein Schnauben entfuhr ihm und er richtete sich auf. »Wieso befehligt er die Ritter?« Mit einer harschen Geste wies er zum Fest hinüber. »Wie kann es sein, dass er eine Silberrüstung trägt und Ihr keine?«
»Ich habe es niemandem verraten.«
»Ihr …« Seine Mandelaugen wurden riesig, doch Marinel ignorierte die Bestürzung des Halbelfen. Sie hatte ihre Gründe, und die musste er nicht verstehen.
»Wollt Ihr denn gar nichts unternehmen?«, fragte er und kam einen Schritt auf sie zu. »Gegen ihn?«
Marinel zuckte mit den Schultern. »Ich kann gegen ihn nichts ausrichten, aber ich werde etwas unternehmen.« Sie drückte sich vom Stamm weg und verteilte ihr Gewicht gleichmäßig auf beide Beine. »Ich werde mir meine Ritterwürde verdienen und mich von Valuar nicht aufhalten lassen.«
Einen Moment lang rührte Arn sich nicht und sah sie lediglich an, doch dann tat er plötzlich den letzten Schritt, der sie noch trennte, und legte beide Hände auf ihre Schultern. »Dieser Elf tanzt dort drüben fröhlich vor sich hin und genießt das Leben, während Ihr nie wieder tanzen werdet.« Er ließ seine rechte Hand von ihrer Schulter zurück über ihren Rücken gleiten und zog sie ein wenig näher an sich heran. »Das dürft Ihr Euch nicht bieten lassen.«
Marinel erschauderte. Die Intensität seiner Nähe benebelte ihren Kopf. Sie sollte von ihm fort, sie durfte ihm nicht vertrauen, und doch fühlte es sich so befreiend an. Er tat, wonach ihm der Sinn stand, sagte frei heraus, was er dachte, und damit ließ er die Mauern der oberflächlichen Höflichkeit lächerlich erscheinen.
Den Kopf in den Nacken gelegt sah sie zu ihm auf und atmete den salzigen Geruch seines Hemdes ein, der sich mit demseiner Haut vermischte. »Ich tanze nicht«, war das Einzige, was sie zu sagen in der Lage war, doch seine Antwort war lediglich ein Lächeln. Er sah an ihr hinab und nickte ihr zu.
»Stellt Euch auf meine Füße«, forderte er sie auf, und als Marinel zögerte, hob er sie plötzlich mit einem Arm hoch und zog sie zu sich heran. Marinel blieb nichts anderes übrig, als tatsächlich auf seine Stiefel zu treten. Als er jedoch ihre rechte Hand in die seinige nahm, wich sie zurück.
»Nicht …«, begann sie und verbarg die Hand hinter ihrem Rücken, doch Arn ergriff ihren Arm und zog ihn wieder nach vorn.
»Ihr seid wunderschön, Marinel«, sagte er, ohne jeden schmeichelnden Unterton, ganz so, als stelle er etwas völlig Offensichtliches fest. »Versteckt Euch nicht, nichts von Euch. Ihr seid wunderschön.« Ohne dass sie etwas dagegen unternehmen konnte, nahm er ihre drei Finger in seine Hand und hielt sie fest. Es graute ihm nicht, er zuckte nicht zusammen, sah sie lediglich mit warmen Augen an, und als er seine Linke an ihren Rücken presste, stellte Marinel sich erneut auf seine Füße. Sie legte ihre freie Hand auf seinen Arm, und dann tat Arn einen Schritt zur Seite.
»Seht Ihr?«, meinte er lächelnd und vollführte eine vorsichtige Drehung. »Das, was er kann, könnt Ihr schon lange.« Seine Augen funkelten, als er ihren Blick mit dem seinigen festhielt, und Marinel bedauerte plötzlich, dass er sich schon am folgenden Tag auf den Weg nordwärts, die Bucht hinauf, begeben würde, um Meerjungfrauen zu treffen. Sie fühlte sich, als würde sie schweben, endlich kein Humpeln, kein Schmerz. Er trug sie, als wäre sie eine Feder, und sein Arm bot ihr sicheren Halt. Ja, der bevorstehende Abschied stimmte sie traurig. Die Meerjungfrauen würden ihn zurück zu den Piraten bringen, denn Arn wurde in Riniel nicht länger gebraucht. Er hatteEsteraz verraten, wie er die Piraten schwächen konnte: Es war fast unmöglich, einen der Elfenkapitäne gefangen zu nehmen oder gar zu töten, denn ihre Magie war stark. Doch da gab es eine Menschenfrau, und wenn diese starb, würde der Feuerprinz mit ihr sterben. Arn hatte am Vortag beim
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