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Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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ihm. Überrascht sah sie sich um.
    Das Holzboot war mit komplizierten Schnitzereien übersät: stilisierte Abbildungen von ineinander verschlungenen Blättern, Ästen und Blumen. Den hinteren Teil des Boots bedeckte eine Markise aus schwerem schwarzem Stoff, in den Bilder von Menschen und Tieren gewebt waren. Anita konnte die Gebilde im flackernden Laternenlicht nicht sehr gut erkennen, aber sie glaubte, ein Einhorn und vielleicht sogar einen Löwen mit Flügeln erblickt zu haben.
    »Der König ist hier?«, flüsterte Anita.
    Gabriel nickte. Er zog einen dichten Stoffvorhang zur Seite. Dahinter brannten Kerzen, die jedoch nur wenig Licht spendeten..
    »Dann wollen wir mal.« Sie holte tief Luft und duckte sich unter die Markise.
    An der Spitze des Bootes saß ein Mann im Dunkeln. Anita hielt den Atem a n – die Luft flirrte in ihrer Lunge, als stünde diese unter Strom.
    Der Elfenkönig saß auf einem kunstvoll geschnitzten Sessel mit hoher geschwungener Lehne und gepolsterten Armlehnen. Er war ähnlich gekleidet wie Gabriel, nur dass sein Wams und seine Kniehose schwarz, pelzbesetzt und mit weißer Seide gesäumt waren. Sein Wams war außerdem weiß bestickt und mit Edelsteinen besetzt.
    Sein Kopf ruhte auf leicht abgewetzten Samtkissen. Das goldene Haar hing ihm ums hagere Gesicht.
    Dieses Gesicht hatte Anita schon einmal gesehen, und zwar erst vor ein paar Minuten, als sie auf der Empore über dem großen Saal gestanden hatte. Es war der Mann auf dem Thro n – mit dem gepflegten Bart, den markanten, schräg laufenden Wangenknochen und den leuchtend blauen Augen. Allerdings starrte er jetzt geistesabwesend vor sich hin und wirkte sehr niedergeschlagen.
    »Euer Gnaden.« Gabriels Stimme schreckte Anita auf. Sie war ganz in den Anblick des traurigen, edlen Gesichts versunken gewesen.
    Der König schaute auf.
    Als seine hellen Augen an ihrem Gesicht hängen blieben, durchfuhr Anita gleichermaßen ein Schauder der Besorgnis wie der Freude. Die Augen des Königs weiteten sich und ein Ausdruck der Überraschung breitete sich auf seinem Gesicht aus.
    »Hallo«, sagte Anita zögernd.
    Der König beugte sich jäh vor und krallte sich in die Armlehnen. »Das kann nicht sein!«, murmelte er. Er erhob sich langsam und starrte sie an. Sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen Ungläubigkeit und glückstrahlende Seligkeit.
    »Tania!«
    »Na ja, nicht gan z …«, begann Anita, aber weiter kam sie nicht. Denn schon war der König vom Thron aufgesprungen und umfing sie mit seinen Armen. Er drückte sie in einer heftigen Umarmung an sich, die ihr fast den Atem raubte.
    Anita erduldete seine Liebkosungen, obwohl ihr das Ganze ganz schön peinlich war. Doch da sie seinen Pelzkragen direkt im Gesicht hatte, presste sich ihr das Fell in Mund und Nase.
    »Äh, Entschuldigung«, keuchte sie. »Ich kriege keine Luft mehr!«
    Der Griff lockerte sich und der König legte ihr nun seine Hände auf die Wangen. Ihr wurde noch unbehaglicher zumute, als er sie so überglücklich ansah, dass sie nichts anderes tun konnte, als dazustehen und ihn unsicher anzulächeln.
    »Meine Tochter«, sagte er mit erstaunter Stimme. »Tania. Liebster Schatz. Bist du es wahrhaftig oder handelt es sich bloß um eine Sinnestäuschung?«
    »Doch, ich bin’s«, sagte Anita. »Also, irgendwie jedenfalls schon.«
    »Ich muss dich unbedingt genauer ansehen«, sagte der König. Anita ließ sich willig ins Freie führen. Wieder musterte er ihr Gesicht verzückt. »Du bist es, wirklich und wahrhaftig«, sagte er. »Und du bist noch genauso, wie ich dich in Erinnerung hab e – das Ebenbild deiner Mutter.«
    Darüber musste Anita schmunzeln. Ihr ganzes Leben lang war ihr immer wieder gesagt worden, dass sie ihren Eltern überhaupt nicht ähnlich sehe. Jetzt verstand sie, warum: Ihre echten Eltern waren Elfen! Wieso war sie nicht schon früher darauf gekommen?
    Weil du noch nie in so einem verrückten Traum gesteckt hast, deshalb!
    Oberon trat einen Schritt zurück. Er legte den Kopf in den Nacken und stieß einen Freudenschrei aus. Dann hob er die Arme zum Himmel und ließ seine Stimme wie Glockengeläut erklingen.
    Eine Lichtkugel erschien in seinen hohlen Händen. Verblüfft sah Anita zu, wie das Licht immer größer wurde und zwischen seinen Fingern hindurchstrahlte, hell und durchdringend, funkelnd wie ein Saphir, lodernd wie eine blaue Flamme.
    Während Oberons Stimme noch von den Mauern und Zinnen widerhallte, breitete er langsam die Arme aus und die Helligkeit

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