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Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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schwarz-weiße Fliesen mit spiralförmiger Musterung ausgelegt und auf mehreren Ebenen gab es kunstvolle Holzgalerien, zu denen hohe Wendeltreppen hinaufführten.
    Anita schaute sich verblüfft um: Die leicht gebogenen Wände auf jeder Ebene des Saals waren mit Regalen ausgekleidet, auf denen Tausende von Büchern standen. Außerdem herrschte eine Stille im Saal, die Anita an eine Kathedrale erinnerte. Sie schlich auf Zehenspitzen durch die Bibliothek.
    In der Mitte des Raums saß eine einzelne Gestalt mit dem Rücken zu ihnen an einem runden Tisch.
    Zara ging lautlos auf die Person zu, Anita folgte ihr.
    Es war eine junge Frau mit langen kastanienbraunen Haaren, die sie zu einem Zopf zusammengebunden hatte, sodass sie ihr auf das schlichte schwarze Kleid fielen. Sie schien vollkommen in die Lektüre eines großen Buches vertieft zu sein, das aufgeschlagen vor ihr auf dem Tisch lag.
    Zara pirschte sich von hinten an sie heran und beugte sich über sie.
    »Sancha!«
    Die junge Frau schrak hoch und fuhr sich mit der Hand an die Brust. »Oh! Sonne, Mond und Sterne!«, stieß sie hervor. Dann wandte sie sich stirnrunzelnd zu ihrer Schwester um und Anita sah, dass sie ein schmales Gesicht hatte und dunkelbraune, intelligente Augen. »Zara! Wie gemein von dir, du törichtes Kind!«
    Zara deutete auf Anita und Sancha folgte ihrem Blick.
    »Oh!« Sie stand auf und ging mit großen Augen und ausgestreckten Händen auf Anita zu. »Willkommen zu Hause, Tania. Es ist lange he r – zu lange.«
    »Danke«, sagte Anita und ergriff Sanchas Hände. »Du musst mir verzeihen, aber ich kann mich an nichts mehr erinnern.«
    »Das bezweifle ich nicht«, sagte Sancha. »Es ist überhaupt ein Wunder, dass du zu uns zurückgebracht wurdest. Das tiefe dunkle Wasser der Lethe liegt zwischen uns, aber die Zeit wird sicherlich einen Fährmann bringen, der dich übersetzt.«
    Anita blinzelte sie an. »Äh… j a … da bin ich mir ganz sicher.«
    »Sie redet oft solchen Unsinn«, sagte Zara lächelnd zu Anita. »Sie liest zu viel. Ich gebe es ganz offen zu, dass ich meistens nicht einmal die Hälfte von dem verstehe, was sie sagt.«
    »Das liegt daran, dass du ein geschwätziges, dummes Ding mit dem Gehirn einer Eintagsfliege bist«, entgegnete Sancha.
    »Und du bist ein kleiner grauer Maulwurf mit tintenbeklecksten Fingern und melancholischem Gemüt«, hielt Zara zärtlich dagegen.
    Anita grinste. Ja, die beiden waren eindeutig Schwestern. Kein Zweifel.
    »Ich gehe jetzt mit Tania zur Schneiderin«, sagte Zara. »Du musst auch mitkommen, sofern du es ertragen kannst, kurz von deinen Büchern getrennt zu sein. Vater hat einen großen Ball angesetzt und dazu brauchen wir alle neue Kleider.«
    »Ich werde mit euch kommen«, sagte Sancha. »Obgleich das Kleid, das ich trage, meinen Bedürfnissen vollauf genügt.«
    »Schwarz?«, sagte Zara spöttisch. »Wohl kaum! Komm, ich werde dir eine fröhlichere Farbe aussuchen. Hast du eine Lieblingsfarbe, Tania?« Als Anita kurz überlegte, plapperte Zara schon munter weiter: »Sei’s drum, Mistress Mirrlees wird schon etwas finden, was dir gefällt.« Und damit tänzelte sie zur Tür. »Auf, Schwestern! Wir haben nicht ewig Zeit!«
    Das Schneideratelier war ein lang gestreckter, sonnendurchfluteter Raum, in dem ein reges geschäftiges Treiben herrschte. An den Wänden standen Regale, in denen bunte Stoffballen lagen. Aus offenen Schubladen quoll Spitze wie schäumende Gischt, Seidenstoffe flossen wie schlängelnde Flüsse von Tischen herab und überall lagen Ballen mit Baumwollstoffen in allen Farben des Regenbogens. Der Großteil des Raumes war mit langen Tischen vollgestellt, an denen Frauen in schlichten blauen Kleidern Stoffe abmaßen und zuschnitten.
    »Seht! Das verlorene Lamm ist zurückgekehrt!«, rief Zara aus, als die drei in den Raum kamen.
    Schlagartig verstummte das Stimmengewirr, alle hielten mitten in der Bewegung inne und wandten sich ihnen zu. Wenig später war Anita von einer aufgeregten Schar Frauen umringt, die ehrfürchtig knicksten und sie anstarrten.
    Anita lachte, völlig verdutzt über die Wirkung, die sie auf diese Frauen auszuüben schien. Sie kam sich vor wie ein Filmstar auf einer Premiere.
    Dann kamen drei weitere Frauen auf sie zu. Die Menge der blau gekleideten Bediensteten teilte sich ehrerbietig, um sie durchzulassen, und Anita nahm an, dass es sich um drei weitere ihrer Schwestern handeln musste.
    »Cordelia«, flüsterte Zara ihr ins Ohr, als die erste sich ihr

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