Elfennacht 01. Die siebte Tochter
ein kleines Licht auf.
»Willkommen, meine über alles geliebte Tochter.« Das war Oberons Stimme. »Tausendmal willkommen!«
Die Musik schwoll an und der Lichtschein wuchs, vergrößerte sich zu einem goldenen Leuchten, das sich schließlich bis in jede Ecke des riesigen Raums ausbreitete.
Anita bemerkte, dass sie sich in der Großen Halle befand, die sie zum ersten Mal gesehen hatte, als sie mit Gabriel im Palast gewesen war. Nur war sie diesmal durch die Türen unterhalb der Empore eingetreten.
In dem goldenen Licht sah man nun auch den König, der vor den beiden Thronen stand. Anita sah jetzt außerdem, dass eine Schar farbenprächtig gekleideter Leute den Saal füllte, die sie alle fröhlich anlächelten.
Anita durchfuhr ein aufgeregtes Prickeln, als ihr auffiel, dass der goldenen Schein die Wände emporstieg, die Kerzen in den Haltern entzündete und weiterkletterte bis zu den Kronleuchtern an der Decke, die dann ebenfalls zu brennen begannen.
Noch während Anita versuchte, das alles in sich aufzunehmen, ertöntem Jubelrufe und die Musik schwoll zu einem lauten Crescendo an.
Ergriffen traten ihr Tränen in die Augen. War das wirklich nur ein Traum? Es fühlte sich alles so wirklich an.
Oberon kam lächelnd auf sie zu.
Ihr Mund war ausgetrocknet und ihr Kopf wie Watte, als er liebevoll ihren Arm ergriff. Dann schritten sie unter neuerlichem Jubel gemeinsam durch die Menge.
»Möge der erste Tanz Greenwood sein!«, rief Oberon über den Tumult hinweg. »Ich werde ihn mit meiner Tochter tanzen.«
Wieder ertönte Applaus und das Orchester, das auf der Empore saß, spielte nun eine dynamische, muntere Melodie. Anita blickte den König erschrocken an. »Den Tanz kenne ich nicht«, sagte sie.
»Ah, keine Sorge«, versprach der König. »Komm, ich führe dich.«
Die Menge wich zurück, sodass sich in der Mitte eine freie Fläche zum Tanzen bildete. Mit Herzklopfen folgte Anita Oberon in den Kreis hinein. Der König trat einen Schritt zurück und machte eine tiefe Verbeugung.
Ehe Anita sichs versah, merkte sie, dass sie einen Knicks machte. Der König trat auf sie zu und sie legte instinktiv ihre Handflächen auf seine. Nun ging Oberon einen Schritt zurück und sie stand still, während er eine Drehung nach rechts machte und einmal um sie herum tanzte. Dann blieb er vor ihr stehen und sie setzte ihre Füße auf den Boden, als hätte sie diesen Tanz schon ihr Leben lang getanzt.
Die Zuschauer jubelten. Oberon lachte und fiel in das Klatschen ein.
»Seht ihr? Meine Tochter ist immer noch die graziöseste Tänzerin im ganzen Reich!«, rief er. »Tretet näher ihr Lords und Ladys! Reiht euch ein in den Tanz und lasst uns fröhlich sein!«
Plötzlich war Anita von lauter tanzenden Leuten umgeben und sie wirbelte ausgelassen über das Parkett, bis keine Anita Palmer mehr existierte, sondern nur noch Prinzessin Tania aus dem Elfenreich, die zu ihrem Vater Oberon und ihren königlichen Schwestern zurückgekehrt war.
Im weiteren Verlauf der Nacht tanzte und tanzte Anita, bis ihr schwindelig wurde.
Sie kannte die Schritte aller Tänze!
Da gab es die ruhige Sarabande , in der sich die Lords und Ladys in langen Reihen gegenüberstanden. Die Männer verbeugten sich, die Damen knicksten. Dann bewegten Anita und die anderen Frauen sich auf ihre Partner zu, verschränkten die Hände mit ihnen, gingen anmutig um sie herum, und schließlich hakten sich die Männer und Frauen unter, um sich zu anderen Paarformationen zusammenzufinden.
Dann gab es Tänze wie Rose is White and Rose is Red , wo die Tänzer kleine und größere Kreise bildete n – manchmal zu viert, manchmal zu acht, die sic h – einer im andere n – im und gegen den Uhrzeigersinn drehten, während die beschwingte Musik sie alle antrieb.
Anitas Füße schienen jeden Tanz zu kennen und sie machte keinen einzigen Fehler. Manchmal fand sie sich Gabriel gegenüber, andere Male war Oberon oder einer der anderen Elfenlords ihr Partner, aber sie hatte kaum Zeit, zu Atem zu kommen oder sich zu unterhalten.
Sie hatte keine Ahnung, wie viele Stunden vergangen waren, als sie zu guter Letzt die Tanzfläche verließ und sich in eine Ecke setzte, um zu verschnaufen. Die Adligen des Elfenreichs saßen oder standen in kleinen Grüppchen beisammen, redeten und lachten und sahen zu, wie die Tänzer über das Parkett wirbelten.
Sancha und Cordelia setzten sich zu Anita und gemeinsam beobachteten sie, wie Zara einen besonders komplizierten Tanz namens Voltaira
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